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Verbrauchswerte Autoindustrie fürchtet strengere CO2-Vorgaben

Ab 2017 gilt in der EU ein neues Messverfahren für den Normverbrauch von Autos. Die Hersteller befürchten, dass damit eine Verschärfung der CO2-Auflagen einhergeht – und wollen deshalb die Ziele aufweichen.

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Das neue WLTP-Verfahren sorgt wegen der CO2-Werte in der Industrie für Widerstand Quelle: dpa

Das Ziel ist fix, nur der Weg dahin ist noch unklar: 95 Gramm CO2 pro Kilometer soll ein durchschnittlicher Neuwagen im Jahr 2021 noch ausstoßen dürfen. Das hat die EU-Kommission so festgesetzt. Wie diese 95 Gramm gemessen werden – nach dem heute gültigen Fahrzyklus NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) oder dem WLTP (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure), der ab 2017 schrittweise den NEFZ ablösen soll - ist noch nicht geklärt.

Klingt banal, hat aber große Auswirkungen. Denn den Autobauern droht damit ein fundamentales Problem: Der WLTP sorgt für einen realistischeren Normverbrauch, da sein Profil deutlich dynamischer ist und mehr Beschleunigungsphasen enthält als der NEFZ. Zudem sollen im NEFZ erlaubte Schlupflöcher, mit denen die Messung beeinflusst werden konnte, ausgeschlossen werden.

Die mit dem neuen Verfahren ermittelten durchschnittlichen Verbrauchswerte der Fahrzeuge könnten bis zu 25 Prozent höher als beim bisherigen NEFZ-Messzyklus liegen. Sprich: Der WLTP wird für höhere, realitätsnähere Verbrauchswerte und damit auch für höhere CO2-Emissionen sorgen – und kommt damit de facto einer Verschärfung der Grenzwerte gleich.

Wie der neue Messzyklus realistischere Werte liefert

Dagegen wehrt sich die Industrie. „Als die CO2-Zielwerte für 2021 definiert wurden, hatten wir das klare Verständnis, dass eine mögliche Veränderung des Testzyklus nicht zu einer Verschärfung dieser Ziele führen darf. Das ist im Moment nicht ganz so eindeutig“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche dem Fachmagazin „Automobilwoche“. Auch Audi-Chef Rupert Stadler betonte gegenüber dem Blatt: „Wir respektieren die 95 Gramm und arbeiten uns an dieses Ziel heran, unter den damals besprochenen Rahmenbedingungen. Es ist nicht zielführend, diese Bedingungen jetzt wieder ändern zu wollen.“

Bis zu 16 Prozent Mehrverbrauch im WLTP

Das Interesse der Industrie ist klar: Ab 2021 drohen den Herstellern Strafzahlungen von 95 Euro pro Auto für jedes Gramm CO2 über dem Zielwert. Eine Schlüsselrolle kommt auch den derzeit gepushten Plug-In-Hybriden zu: Im NEFZ sind Verbräuche von 2,5 Litern oder 50 Gramm CO2 selbst bei einem großen SUV machbar. Die Grenze von 50 Gramm ist dabei besonders wichtig – sie ist maßgebend für die sogenannten Supercredits. Mit diesen können besonders sparsame Autos mehrfach auf den Flottenverbrauch angerechnet werden. Fallen diese bei einigen Modellen weg, dürften zahlreiche Hersteller das CO2-Ziel bis 2021 nicht erreichen.

Laut einer Studie des britischen Ingenieur-Dienstleisters Ricardo werden Plug-In-Hybride im WLTP je nach Größe des Fahrzeugs zwischen elf und 16 Prozent mehr verbrauchen als im NEFZ – und die gerade erreichte Marke von 50 Gramm wieder überschreiten. „Der alte Zyklus hat dem Plug-In-Hybrid massiv Vorteile verschafft, die er bei einem realsistischen Fahrprofil so nicht hat“, sagt Greg Archer von der europäischen Nichtregierungsorganisation Transport & Environment.

Sieben Spritspartipps

Im NEFZ durchlaufen Plug-In-Hybride derzeit den Testzyklus zweimal. Einmal mit randvoller, einmal mit leerer Batterie. Der Normverbrauch wird am Ende aus beiden Werten gemittelt. Da die Prüfstandsfahrt aber keine 20 Minuten dauert und übermäßiges Beschleunigen sowie Geschwindigkeiten von über 120 km/h ausschließt, schaffen einige Modelle den Durchgang mit voller Batterie fast ohne CO2-Ausstoß – was den angegebenen Normwert deutlich verringert.

Die Branche pocht deshalb auf eine Umrechnung der festgelegten Grenzwerte. So fordert VDA-Präsident Matthias Wissmann, dass der neue Zyklus eben nicht zu einer Verschärfung der CO2-Obergrenzen führen dürfe.

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