Verlagerung Was wird aus dem Autostandort Deutschland?

Seite 3/4

Was spricht noch für Deutschland?

Deutsche lieben VW und verschmähen Daihatsu
Land Rover (+66,5 Prozent)Ihr Marktanteil ist in Deutschland klein, aber sie verzeichneten hier zu Lande das größte Wachstum: Bei Neuwagen von Land Rover griffen die Deutschen 11.113 Mal zu. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) beziffert ihren Anteil an allen Neuzulassungen damit auf 0,4 Prozent. Das Zahl der Neuzulassungen wuchs damit 2012 um zwei Drittel – so viel, wie bei keiner anderen Marke. Die Briten profitieren von der Lust der Deutschen auf SUVs. Quelle: dapd
Porsche (+ 9,8 %)Porsche ist der Gewinner unter den deutschen Autobauern. 20.561 Neuwagen der Stuttgarter Luxusschmiede meldeten die Deutschen 2012 an. Mit 0,7 Prozent ist der Porsche-Anteil an den Neuzulassungen zwar gering, doch verzeichnet das Unternehmen laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) damit ein Plus von 9,8 Prozent. Die größte Nachfrage verzeichnete der Hersteller laut eigenen Angaben zwischen Januar und November 2012 in Asien: Dort lieferte er 46.432 Neuwagen aus, ein Wachstum von 22,8 Prozent. Quelle: dpa
Volkswagen (- 2 %)Er ist der Platzhirsch in Deutschland: VW kann bei den Neuzulassungen auch kein Rückgang von zwei Prozent etwas anhaben. 672.921 neue Volkswagen meldeten die Deutschen 2012 an, das entspricht ein Marktanteil von 21,8 Prozent. Quelle: dpa
BMW, Mini (- 4,4 Prozent)BMW und Mini haben zwar den zweithöchsten Marktanteil in Deutschland – dem Erstplatzierten VW sind sie jedoch alles andere als auf den Fersen. Mit 284.494 Neuzulassungen beträgt bei den beiden bayrischen Automarken der deutsche Marktanteil 9,2 Prozent. Damit stehen BMW und Mini 2012 auf der Seite der Verlierer: Das KBA zählte bei ihnen 4,4 Prozent weniger Neuzulassungen. In diesem Jahr will BMW mit dem neuen 4er und dem BMW i3 bei den Käufern punkten. Quelle: REUTERS
Mercedes-Benz (- 0,9 Prozent)Hauptkonkurrent Mercedes-Benz liegt nur wenige hundert Neuwagen hinter BMW: Mit seinen 283.006 Neuzulassungen kommt die Daimler-Hauptmarke immer noch auf einen Marktanteil 9,2 Prozent – wie BMW. Im Gegensatz zum bayrischen Wettbewerber verzeichnen die Stuttgarter auch ein geringeres Minus: Die Neuzulassungen gingen um 0,9 Prozent zurück. 2013 will Mercedes unter anderem mit den neuen E-Klasse wieder mehr Kunden für sich begeistern. Quelle: dpa
Audi (+ 6,3 Prozent)Gut dabei ist Audi: Die Ingolstädter steigerten ihre Neuzulassungen 2012 um 6,3 Prozent auf 266.582 Stück. Damit spielt Audi in Deutschland ganz vorne mit und hat einen Marktanteil von 8,6 Prozent. In diesem Jahr könnte den Ingolstädtern ihre Neuauflagen im SUV-Segment nochmals einen Schub verpassen. So rollen der neue RS Q3, der SQ 5 und ein rundum verjüngter Q7 in diesem Jahr zum Händler. Quelle: obs
Opel (-16,1 Prozent)Die kriselnde Autobauer Opel gehört immer noch zu den am meisten verbreiteten Automarken in Deutschland: 213.627 Neuwagen ließ das KBA 2012 zu (Marktanteil 6,9 Prozent). Allerdings ist Opel auf dem Rückmarsch: Die Neuzulassungen verzeichneten ein Minus von 16,1 Prozent. Besonders stark zeigt sich die Kaufzurückhaltung im Dezember 2012. Hier betrug das Minus im Vergleich zum Vorjahresmonat 42,6 Prozent. 2013 will die General Motors-Tochter mit dem Stadtflitzer Adam auftrumpfen und Freiluft-Fans mit dem Cabrio Cascada für sich gewinnen. Ob es gelingt ? Man darf gespannt sein. Quelle: dpa

2013 liefen in China bereits knapp 3,5 Millionen Autos deutscher Hersteller vom Band – seit 2005 wuchs die Zahl jährlich um 30 Prozent. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Autos, die aus Deutschland ins Reich der Mitte verschifft werden ab. Die Werke in China nähren den eigenen Markt.

Auf einen großen Nachfrageschub aus den westeuropäischen Märkten darf kein Automanager mehr hoffen. Eine Erholung nach der Krise, leichtes Wachstum im einstelligen Prozentbereich, mehr ist nicht drin.

Was also soll die deutschen Fabriken in zehn, 15, 20 Jahren am Laufen halten? Was spricht noch für Deutschland? Bei aller Liebe zum Standort: Nirgends sind Arbeitskosten so hoch wie hier. In der Slowakei oder Tschechien liegen sie bei einem Viertel bis einem Fünftel des deutschen Niveaus, selbst in den USA bei nur gut 50 Prozent.

Doch im Vergleich zu China etwa wachsen die Löhne in Deutschland nur moderat und die Branche ist findig, was Arbeitszeitmodelle und Flexibilisierung angeht. Der Standort ist hochproduktiv, betont Eric Heymann, Autor der Studie „Zukunft des Automobilstandorts Deutschland“ von Deutsche Bank Research und wirft ein: „Man darf nicht allein den Output vergleichen. Das qualitative Wachstum der deutschen Autobranche sei nämlich deutlich höher als im Ausland. Die hier gebauten Autos sind als viel schneller viel besser geworden als etwa in Frankreich oder Italien. Neue Sicherheitssysteme, mehr Komfort und höhere Motorisierung hat Klein-, Mittel- und Oberklasse-Wagen noch hochwertiger gemacht. Beim reinen Stückzahlenvergleich gehe das unter. Am Grundproblem der geringen Wachstumsaussichten ändert es aber nichts.

Grafik

Welche Perspektive bleibt für Deutschland?

CAM-Leiter Bratzel: „Das Positivste was passieren könnte, ist dass die Produktionshöhe in Deutschland durch die Internationalisierung stabil gehalten wird, und dass die Hersteller die Innovations-Wertschöpfung in Deutschland erhalten.“ Dann hätte auch der Mittelstand langfristig Sicherheit.

Ohne weitere Automatisierung in den Fabriken werden die Hersteller die Produktivität aber kaum erhöhen können. Die Rechnung ist einfach: mehr Maschinen – weniger Angestellte. Eric Heymann hat in seiner Studie drei mögliche Szenarien für die Autobranche 2025 entworfen. Nummer eins speist sich aus der Idee, dass neue Technologien im Bereich Prozessautomation Bahn brechen. Stichwort: Industrie 4.0. Sie könnten für einen ungeahnten Produktivitätsschub in deutschen Fabriken sorgen. Wie realistisch dieses Szenario ist?

Heymann selbst misst ihm nur eine geringe Wahrscheinlichkeit bei.  Industrie 4.0 das ist nicht mehr als eine Vision. Konkrete Beispiele sind rar, das Internet der Dinge existiert bisher nur in den Köpfen der Programmierer und Ingenieure.

Szenario Nummer zwei könnte schon eher Realität werden: Die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland nimmt demnach bis 2025 weiter ab. Etwa weil erfolgreiche Reformen zur Flexibilisierung des Arbeitsmarkts oder zur Verbesserung der Erwerbstätigkeit älterer Menschen wieder rückgängig gemacht oder eingeschränkt wurden.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%