Vivien Hantusch „Ich wünschte, es gäbe mehr Konkurrenz“

Vivien Hantuschsagt, sie sei kein Auto-Fan. In Tesla sehe sie jedoch keinen Autobauer, sondern ein Tech-Unternehmen, das sich einer größeren Mission verschrieben hat. Quelle: Brian King

Studentin Vivien Hantusch twittert wie viele Fans über Tesla und nahm gar einen Podcast mit Elon Musk auf. Warum das keine Werbung ist und Tesla dem Klimaschutz mehr hilft, als Demonstrationen, erklärt sie im Interview.

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Kurz vor der Pleite von der Konkurrenz gerettet, Vorwürfe wegen mutmaßlicher Kursmanipulationen, ein vor laufenden Kameras kiffender CEO – bemerkenswerte Ereignisse gibt es bei US-Autobauer Tesla stets reichlich. Zuletzt sorgte das Unternehmen für Schlagzeilen, als sein Börsenwert den des weltgrößten Autoherstellers Volkswagen überstieg. Eine erstaunliche Bewertung, erwirtschaftet VW doch mit rund sechs Jahresgewinnen den eigenen Börsenwert, während Tesla noch nicht profitabel ist. Zudem verkauften die Wolfsburger vergangenes Jahr rund 30 Mal so viele Autos wie der US-Konzern. Doch die Aktionäre glauben an Teslas Zukunft, beflügelt durch eine Fangemeinde, die den Autohersteller in einem unablässigen Strom an Social-Media-Posts, Youtube-Videos und Podcasts als Pionier des Wandels an der Schnittstelle von Technologie und Umwelt darstellt. Elon Musk füttert seine Unterstützer mit täglichen Tweets und persönlichen Treffen, während sie seine Ansichten online verbreiten und gegen Kritiker zu Felde ziehen. Auch Vivien Hantusch versorgt täglich über 11.000 Follower auf Twitter mit Neuigkeiten zu Musk und Tesla.

WirtschaftsWoche: Fan-Posts auf Twitter, Podcasts, Werksbesuche: Fahren Sie auch Tesla?
Vivien Hantusch: Nein, aber ich habe den Cybertruck schon vorbestellt. Das war direkt auf der Veranstaltung in Los Angeles: Zuerst dachte man: „Was ist da eigentlich gerade auf die Bühne gefahren?“ Aber nach der Vorführung hat sich fast jeder einen bestellt.

Sie waren kurz darauf nochmal für die Aktionärsversammlung von Tesla in den USA. Sie wirken nicht wie eine klassische Anlegerin – wie sind Sie zu dem Wertpapier gekommen?
Ein Freund hat einen Youtube-Kanal, in dem er jungen Leuten das Investieren beibringt. Es macht ja auch Spaß, in etwas zu investieren, an das man glaubt. Viele Short-Seller versuchen, die Aktie und damit das Unternehmen zu manipulieren – da wollte ich gegenwirken und unterstützen. Es gibt so viele Troll-Netzwerke, die versuchen, Tesla runterzuziehen oder Verschwörungstheorien zu verbreiten. Mit diesen Leuten zu diskutieren ist schwierig. Deshalb habe ich angefangen, auf meinem Twitter-Account wahre Informationen zu posten. Ich habe immer noch Bekannte, die denken, dass man E-Autos nirgends laden kann und dass sie nur 50 km/h schnell fahren. Solche Vorurteile will ich beseitigen, weil saubere Mobilität in unser aller Interesse liegt.

Ist daraus auch die Idee für den Podcast entstanden?
Ja, im Prinzip schon. Ich mache das aber nicht alleine, sondern in einem Team, das sich auf der Aktionärsversammlung kennengelernt hat. Eigentlich sind wir total verschieden, aber wir haben eben diesen gemeinsamen Nenner, die Begeisterung für E-Mobilität. Da wir alle in der dritten Reihe saßen, haben wir den Podcast „Third Row“ genannt. Das Konzept ist, mit verschiedenen Leuten um Themen rund um Tesla und Elektromobilität zu diskutieren.

Ihre ersten Folgen hatten nur ein paar tausend Aufrufe. Wie haben Sie es geschafft, Elon Musk in ihren Podcast zu holen?
Elon hat sich auf Twitter beschwert, dass so viel Falsches über ihn auf Wikipedia steht. Ich habe dann einfach geschrieben: „Hey, komm doch zu unserem Podcast“. Er hat geantwortet und ungefähr einen Monat später haben wir die Folge dann bei ihm zu Hause in L.A. aufgezeichnet. Das war für uns natürlich eine riesige Überraschung. Als er mir geantwortet hat, habe ich erstmal einen Screenshot davon in unsere Gruppe geschickt. Wir haben davor immer Witze gemacht, dass wir irgendwann, wenn der Podcast groß ist, mal Elon einladen und dann ist das plötzlich einfach passiert.

Wie lief die Aufzeichnung?
Total super. Man hat uns ursprünglich gesagt, dass wir eine Stunde Zeit haben. Aber wir haben immer weiter geredet. Dann hat Elon etwas zu essen bestellt und wir haben direkt noch eine zweite Runde gemacht. Letztendlich waren wir den ganzen Tag bei ihm. Natürlich bin ich dankbar, dass er sich so viel Zeit genommen hat, aber bei ihm hat mich das gar nicht so sehr gewundert – er ist, verglichen mit anderen CEOs und Executives, im Allgemeinen schon offener und auf dem Boden geblieben. Ich meine, welcher CEO setzt sich einfach mit irgendwelchen Unterstützern zusammen, um einen Podcast aufzunehmen? Es gab auch keine professionelle Distanz, sondern hat sich eher angefühlt, als würde man sich mit Freunden treffen. Ich glaube, die Leute mögen an ihm auch, dass er einfach er selbst und so eng mit der Community vernetzt ist.

von Matthias Hohensee, Annina Reimann, Martin Seiwert, Jan-Lukas Schmitt

Andere Konzernchefs twittern auch. Wodurch hebt sich Musk von Ihnen ab?
Klar, ich mag zum Beispiel auch Tim Cook, aber der ist ganz anders. Elon ist sehr authentisch und ihm ist egal, wer du bist – er antwortet auch Leuten mit fünf Followern, wenn sie etwas Kluges schreiben. Zum Beispiel hat ein User auf Twitter gesagt, dass er gerne seinen Hund im Auto lassen würde und Tesla doch einen Modus entwickeln solle, der sicherstellt, dass es ihm währenddessen gut geht. Kurze Zeit später wurde der Dog-Mode veröffentlicht. Da läuft ruhige Musik, die Klimaanlage passt sich an und außerdem steht auf der Mittelkonsole, dass sich Passanten keine Sorgen machen müssen, weil es dem Hund gut geht. Oder der Pickup-Truck: Elon fragt auf Twitter, was die Leute von so einem Fahrzeug erwarten und jetzt sind fast alle vorgeschlagenen Features drin. Diese kurze Feedback-Schleife macht einen großen Unterschied.

Warum setzten Sie sich für Tesla ein und nicht für andere E-Auto-Hersteller oder Unternehmen, die etwa im Bereich erneuerbare Energien aktiv sind?
Weil Tesla alles anders macht. Sie sind unkonventionell, nicht in bürokratischen Abläufen gefangen und konzentrieren sich auf das Wesentliche. Ich bin kein Autofan, das ist halt ein Fortbewegungsmittel. Aber Tesla ist mehr ein Technologiekonzern als ein Autohersteller. Zum Beispiel saß ich neulich im neuen BMW meines Vaters, ein schönes Auto mit einem Display, das man per Knopf bedient. Aber wenn ich jeden Tag mit meinem Smartphone unterwegs bin, fühlt sich das irgendwie aus der Zeit gefallen an – genau wie die Verbrennungsmotoren. Tesla geht es dagegen nicht um Profite in bestimmten Quartalen, sondern die langfristige Mission, Mobilität elektrisch zu machen.

Auch damit ist Tesla nicht alleine. Könnten Sie sich dafür nicht auch politisch engagieren, zum Beispiel bei Fridays for Future?
Ich glaube, dass ein Unternehmen, das die Elektro-Komplettlösung bietet, mehr erreichen kann, als zum Beispiel Demonstrationen. Das zeigt sich auch am Druck auf die anderen Autohersteller, die nun Elektroautos bauen müssen, um nicht abgehängt zu werden. Nur durch Regulationen und Demos gibt es so einen Push nicht. Das ist zwar auch wichtig, aber Wirtschaft und Markt werden bei dieser Thematik oft unterschätzt. Wenn gute Elektroautos auf dem Markt sind, werden die Leute sie auch kaufen. Sollten die deutschen Autohersteller nicht nachziehen, könnte einigen ein Schicksal wie Nokia oder Motorola durch das iPhone bevorstehen.

Apple ist bekannt für geniales Marketing. Der US-Autobauer hat hingegen die wohl präsenteste Community. Ist ihr Podcast streng genommen Tesla-Werbung?
Nein, ich sage ja nicht: „Kauft einen Tesla“. Ich habe keine finanziellen Interessen. Ich sehe das eher im künstlerischen Bereich. Wenn jemand ein Musikvideo zu einem Song schneidet und online stellt, ist das ja nichts anderes. Wir machen den Podcast zum Spaß und um Vorurteile gegenüber der Elektromobilität abzubauen. Natürlich lieben wir alle Tesla, aber es geht nicht nur um diese Marke – wenn sich jemand einen E-Tron kauft, ist das genau so gut. Allerdings müssen die anderen Hersteller bessere Autos liefern, um ihre Kunden zu überzeugen. Elon hilft ihnen sogar dabei, indem er seine Patente veröffentlicht. Ich wünschte es gäbe mehr Konkurrenz, denn es geht nicht nur um die Marke: Das wichtigste ist, dass E-Mobilität genutzt wird.

Sie haben eine weitere Einladung zu einer Veranstaltung für Softwareentwickler bei Elon Musk. Sind Sie bald Programmiererin im Silicon Valley?
Nein, ich kann gar nicht programmieren. Aber als ich gesehen habe, dass Tesla Softwareentwickler sucht, dachte ich mir: „Warum nicht helfen?“ Das wird spannend und ich schneide gerne Videos. Dann habe ich Elon auf Twitter geschrieben, ob ich vorbeikommen kann, um ein Video zu machen und er hat mich eingeladen. Andere fahren zum Fußball oder durch Europa, um Städte zu sehen – ich fliege eben dort hin, um mich für meine Überzeugung einzusetzen.

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