Volkswagen Neuer Tiefpunkt in der NS-Debatte um Volkswagen

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Audi Ignoriert seine Geschichte

Audi hat erst seine Vergangenheit und die Verstrickung von Managern, die nach dem Krieg Audi in Ingolstadt gründeten, verdrängt und ignoriert. Wegen des öffentlichen Drucks gab der Autobauer schließlich eine Studie in Auftrag, die sich im Nachhinein als geschichtsklitternd herausstellte. Die nach den Enthüllungen versprochene Zusammenarbeit mit der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg lief so zäh, dass sich der Leiter der Gedenkstätte öffentlich über Audi empörte und dem Autobauer vorwarf, seine Gedenkstätte als moralisches Feigenblatt zu missbrauchen.

Audi sucht keinen Kontakt zu Opfern

Was aber vielleicht am schlimmsten ist: Audi befand es nicht für nötig, Überlebende der Auto-Union-Konzentrationslager, die die WirtschaftsWoche und die Gedenkstätte Flossenbürg seit 2010 ausfindig machten, zu kontaktieren. Die Überlebenden des NS-Terrors wollen kein Geld – ein freundliches Wort würde ihnen reichen. Einer von Ihnen, Bohumil Kos aus Tschechien, hat vergeblich gewartet. Er ist inzwischen verstorben. Audi sei es „nicht gelungen“ die Überlebenden zu erreichen, ließ ein Sprecher die WirtschaftsWoche kürzlich wissen.

Unser Tipp: Warten Sie einfach noch ein paar Jahre, dann wird es in der Tat nicht mehr gelingen.

Audi hat im Umgang mit seiner NS-Vergangenheit so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann und das rund 70 Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft und nach Jahrzehnten der teils vorbildlichen Aufarbeitung bei vielen deutschen Unternehmen, nicht zuletzt bei VW in Wolfsburg. Unfassbar.

Hätte Manfred Grieger von dort aus all die Fehler in Ingolstadt verhindern können? Wohl kaum, denn die Marken im VW-Konzern haben große Freiheiten, vor allem bei Markenführung und Kommunikation. Grieger schwieg aber nicht zu dem Trauerspiel, das ist ihm hoch anzurechnen. Nun hat sich der Konzern im firmeninternen Historikerstreit positioniert: Nicht die müssen gehen, die das Versagen in Ingolstadt zu verantworten haben, sondern der, der das Versagen thematisierte. Wissenschaftler und Unternehmenshistoriker in ganz Deutschland sind empört.

Die skandalöse Entscheidung in Wolfsburg ist ein neuer Tiefpunkt in der NS-Debatte um Volkswagen. Der Schlusspunkt ist sie sicher nicht.

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