Das ist insofern ein entscheidender Satz, als dass Lies unter den Zitierten der Einzige ist, der in dieser Sache etwas bewegen könnte. Er sitzt, wie sein Regierungschef Stephan Weil, als Vertreter Niedersachsens im VW-Aufsichtsrat. Über den 20-prozentigen Anteil des Landes an den Stammaktien hat er entscheidenden Einfluss auf das Dieselgate-Management des Konzerns.
Allein: Weder er noch Weil tun in dieser Sache öffentlich Wahrnehmbares. Wer in den vergangenen Tagen versuchte, aus der Landesregierung auch nur ein Wort leisester Kritik am Konzern zu hören, scheiterte. Und so wird in der Frage der Kundenentschädigung deutlich, in welch symbiotische Beziehung sich die niedersächsische Politik begeben hat. Das Land ist mit dem Konzern eine unselige Allianz eingegangen. Es befindet sich in einem fortwährenden Interessenkonflikt.
Als Bundesland müsste Niedersachsen für Recht und Ordnung einstehen, für VW-Kunden und saubere Luft. Ministerpräsident Weil und sein Wirtschaftsminister hätten auf der Hauptversammlung Ende Juni gegen die Entlastung des zur Zeit des Skandals verantwortlichen Vorstands stimmen müssen, statt sich zu enthalten.
Denn die Finanzaufsicht BaFin hat den Vorstand angezeigt. Die dem Land unterstehende Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt gegen Ex-VW-Chef Martin Winterkorn und den amtierenden VW-Marken-Chef Herbert Diess.
Filz von Land, Gewerkschaften und Management
Doch was das Land als Vertreter der Öffentlichkeit tun müsste, tritt hinter die andere Rolle Niedersachsens zurück, der des Großaktionärs. Als solcher taktiert und relativiert das Land. Als solcher stimmt man der Beförderung des zu Manipulationszeiten amtierenden Finanzvorstands Hans Dieter Pötsch zum Aufsichtsratsvorsitzenden zu. Und als solcher arbeitet man dafür, dass der örtliche Filz von Land, Gewerkschaften und Management unangetastet bleibt. Denn es geht um Dividenden und Steuereinnahmen des Landes und um VW-Arbeitsplätze.
Wie VW im ersten Quartal abgeschnitten hat
Im Auftaktquartal 2016 hat Volkswagen 2,577 Millionen Fahrzeuge abgesetzt – zum ersten Quartal 2015 ein Rückgang von 1,2 Prozent (2,607 Millionen Fahrzeuge).
Zum Stichtag 31. März 2016 haben 613.075 Menschen für VW gearbeitet. Gegenüber dem Jahr 2015 sind das 0,5 Prozent mehr – damals waren es 610.076 Menschen.
In Deutschland sinkt jedoch die Zahl der VW-Mitarbeiter, zuletzt um 800 auf rund 277.900 Stellen. Der Zuwachs kommt aus dem Ausland, wo VW um fast 4.000 Stellen auf 335.200 Jobs zulegte.
Beim Umsatz musste VW im Vergleich zum Vorjahresquartal ein Minus von 3,4 Prozent hinnehmen. Die Umsatzerlöse sanken von 52,735 Milliarden Euro auf aktuell 50,964 Milliarden Euro.
Das operative Ergebnis (Ebit) stieg um 3,4 Prozent auf 3,44 Milliarden Euro – zum Jahresauftakt 2015 waren es noch 3,328 Milliarden Euro. Die operative Rendite stieg von 6,3 auf 6,8 Prozent.
Das Ergebnis nach Steuern ging deutlich zurück – von 2,932 Milliarden Euro im Q1 2015 auf aktuell 2,365 Milliarden Euro. Das entspricht einem Rückgang von 19,3 Prozent.
Die Marke Volkswagen Pkw verzeichnete in den ersten drei Monaten gegenüber dem Vorjahreszeitraum einen Volumen- und Umsatzrückgang. Der Umsatz von VW-Pkw sank von 26,3 Milliarden Euro auf 25,1 Milliarden Euro, der Absatz fiel von knapp 1,12 Millionen auf 1,07 Millionen Fahrzeuge. Infolge dessen ging das Operative Ergebnis vor Sondereinflüssen auf 73 (514) Millionen Euro zurück, die operative Marge erreichte im ersten Quartal 0,3 Prozent.
Mit 1,3 Milliarden Euro erreichte Audi annähernd wieder das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen des Vorjahres. Bei einem nahezu stabilen Umsatz sank die operative Marge leicht von 9,7 auf 9,0 Prozent.
Bei Skoda stieg das operative Ergebnis aufgrund positiver Mixeffekte und geringerer Materialkosten um gut 30 Prozent auf 315 (242) Millionen Euro. Die operative Marge legte bei deutlich gestiegenem Umsatz auf 9,3 (7,6) Prozent zu.
Seat verbesserte sein Operatives Ergebnis aufgrund von Kostenoptimierungen auf 54 (33) Millionen Euro. Dies entspricht einer Steigerung der Operativen Rendite auf 2,6 (1,5) Prozent.
Gemessen am operativen Ergebnis ist Bentley im ersten Quartal in die roten Zahlen gerutscht. Statt einem Gewinn von 49 Millionen Euro im Vorjahresquartal steht 2016 ein Minus von 54 Millionen Euro zu Buche. Volkswagen begründet das mit gesunkenen Auslieferungen.
Porsche blieb auch zum Auftakt des laufenden Geschäftsjahres in der Erfolgsspur. Das Operative Ergebnis stieg weiter auf 895 (765) Millionen Euro und damit deutlich überproportional zum Umsatz, der aufgrund eines signifikant höheren Absatzes spürbar zulegte. Die operative Marge kletterte auf 16,6 (15,1) Prozent.
Das operative Ergebnis von Volkswagen Nutzfahrzeuge sank volumenbedingt auf 142 (165) Millionen Euro, die operative Marge ging auf 5,2 (6,1) Prozent zurück. Scania verbuchte einen leichten Anstieg des operativen Ergebnisses auf 244 (237) Millionen Euro und eine stabile operative Marge von 9,6 Prozent. Trotz des anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Umfelds in Südamerika verbesserte MAN Nutzfahrzeuge das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen unter anderem aufgrund des höheren Absatzes in Europa auf 65 (minus 13) Millionen Euro. Bei MAN Power Engineering belief sich das operative Ergebnis auf 48 (52) Millionen Euro.
Die Volkswagen Finanzdienstleistungen konnten ihr operatives Ergebnis deutlich auf 492 (403) Millionen Euro steigern. Insbesondere Volumeneffekte wirkten sich positiv aus.
Dem britischen Hedgefonds TCI, der VW-Vorzugsaktien im Wert von rund 1,2 Milliarden Euro hält, sind die Interessenkonflikte des Landes nun zu viel. Das Land befinde sich in einem permanenten Interessenkonflikt, sagt TCI-Chef Chris Hohn und prüft eine Klage.
Auch andere Aktionärsvertreter schimpfen über die seltsame Melange vom Mittellandkanal. Und der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Dietmar Janecek, sagt: „Starke Verflechtung von Politik und Konzernen geht zulasten von Transparenz und echter Aufklärung, wie man beim VW-Abgasskandal beobachten kann.“