Volkswagen in China Streit mit Arbeitern eskaliert

Seit Monaten demonstrieren chinesische Leiharbeiter bei Volkswagen in China für faire Löhne. Nun sind mehrere Arbeiter verhaftet worden.

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Proteste gibt es anderswo: Mitarbeiter in einem Werk der Volkswagen AG in Anting bei Shanghai. Quelle: dpa

„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, das ist bei Volkswagen ein Märchen“: Das sind die ersten Zeilen eines Arbeiterliedes, das gerade im chinesischen Internet kursiert. In dem vierminütigen Video sind Leiharbeiter von Volkswagen in der chinesischen Stadt Changchun zu sehen, die mit großen, roten Schildern vor der Zentrale des Unternehmens demonstrieren.

Der Streit zwischen den Leiharbeitern des Joint Ventures des staatlichen Autobauers FAW und Volkswagen zieht sich bereits seit Monaten hin. Jetzt ist er eskaliert. Diese Woche hat die Polizei drei Mitarbeiter festgenommen, die die Proteste organisiert haben. Zwei sind inzwischen wieder freigelassen worden. Der dritte Mann befindet sich weiterhin in Polizeigewahrsam.

Allen dreien drohen Gerichtsverfahren und lange Haftstrafen, sollten sie verurteilt werden. Ihnen wird „Störung der öffentlichen Sicherheit“ vorgeworfen. Die drei Mitarbeiter sollen in dem Werk im Nordosten Chinas arbeiten, in dem VW die Modelle Golf und Jetta baut.

Die Arbeiter sind über eine externe Zeitarbeitsagentur angestellt und bekommen zwar den gleichen Lohn, aber nicht die gleichen Zusatzleistungen von Normalangestellten. Damit verdienen sie teilweise nur rund halb so viel wie ihre Kollegen. Der Fall soll rund 3.000 Mitarbeiter betreffen. Die Arbeiter fordern Nachzahlungen und eine Anpassung ihrer Löhne. Einige arbeiten nach eigenen Angaben seit über zehn Jahren für das Joint Venture.

Der Konflikt zieht sich bereits über Monate. Immer wieder zogen die Arbeiter mit Transparenten vor die Unternehmenszentrale. Es kam zwar schon zu Gesprächen zwischen den Arbeitern und der Firma, bisher konnten sich die Parteien aber auf keinen Ausgleich einigen.

Keegan Elmer von der Nichtregierungsorganisation China Labour Bulletin in Hongkong kritisiert Volkswagen heftig. Wolfsburg erklärt zwar seit Anfang des Jahres, dass man die Proteste sehr ernst nehme. „Wir setzen alles daran eine einvernehmliche Lösung zu finden“, so ein Unternehmenssprecher. Man sei zudem „in engem Kontakt mit den Leiharbeitern“.

Passiert ist aber bisher nichts. „Es gäbe viele Möglichkeiten für Volkswagen sich einzumischen“, sagt Elmer. Das Unternehmen schiebe aber die Verantwortung auf seinen Joint Venture Partner. Damit toleriere Wolfsburg die Bedrohung und Verhaftungen seiner Leiharbeiter. 2012 hat sich Volkswagen in einer Absichtserklärung (Charter on Temporary Work) verpflichtet, sich offen und kooperativ mit Vertretern der Arbeiterschaft zusammenzusetzen, kommt es bei Zeitarbeitsfirmen zu Problemen.

Die Unterdrückung von Protesten ist kein Einzelfall in China. Allein 2.700 Demonstrationen dokumentierte die NGO China Labour Bulletin im vergangenen Jahr. Mehr als doppelt so viel wie noch vor zwei Jahren. Die Dunkelzahl könnte noch weit höher liegen. Viele Proteste brechen in der Provinz aus und werden erstickt, bevor sie überregional bekannt werden.

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