Volkswagen streitet mit Lieferanten Zwangsurlaub und harte Gangart gegen Zulieferer

Der Versorgungsstopp zweier wichtiger Zulieferer sorgt bei VW mitten in der Abgas-Krise für die nächste Großbaustelle. Die Lage scheint verfahren. Volkswagen will juristisch schwere Geschütze auffahren. Doch reicht das, um endlich an die fehlenden Bauteile zu kommen?

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Mitarbeiter in der Wolfsburger Golf-Produktion Quelle: dpa

Im Streit mit zwei Zulieferern will Volkswagen alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um ein Ende des Lieferstopps bei seinen externen Partnern durchzudrücken. Am Ende könnte also der Gerichtsvollzieher zur Not mit der Polizei im Schlepptau die dringend benötigten Teile vom Lieferanten holen. Der Autobauer sei gezwungen, „die zwangsweise Durchsetzung der Belieferung vorzubereiten, und zwar mit den uns zur Verfügung stehenden gesetzlich vorgesehenen Mitteln. Dazu gehören Ordnungsgeld, Ordnungshaft, Beschlagnahme, die über das Gericht beantragt werden“, sagte ein VW-Sprecher am Freitag und bestätigte entsprechende Informationen der „Süddeutschen Zeitung“.
Die Ankündigung des Autobauers verwundert nicht. Allein schon zum Wohle seiner Aktionäre muss VW alle möglichen Hebel in Bewegung setzen, um die verfahrene Lage zu entschärfen. Bei dem Autobauer ruhen die Fließbänder teilweise schon, für 7500 Mitarbeiter steht bereits Kurzarbeit an, mehr als 20 000 könnten es noch werden. Die genauen Hintergründe des Streits und der Auslöser sind weiter unklar.

Die Komponentenwerke in Deutschland

Allerdings betonte der VW-Sprecher auch, dass der Autobauer die Lage keinesfalls einseitig weiter verschärfen mag. „Parallel versuchen wir weiterhin eine gütliche Einigung mit dem Lieferanten herbeizuführen.“
VW liegt im rechtlichen Clinch mit zwei Zulieferern. Einerseits ist das der Getriebeteilespezialist ES Automobilguss, andererseits die Car Trim, ein Experte für Sitzbezüge. Beide sind eigenen Angaben der Prevent-Gruppe zuzurechnen. Zumindest deren deutscher Teil, die Prevent DEV GmbH aus Wolfsburg, reklamiert, „nicht juristisch“ mit den Gesellschaften verbunden zu sein. „Wir haben auch keinen Durchgriff auf die betroffenen Gesellschaften. Gleichwohl bedauern wir die Eskalation des aktuellen Konflikts sehr“, schreibt die Firma.


Die Hintergründe des Streits liegen weitgehend im Dunkeln. Die Absage eines Zukunftsprojektes mit Car Trim soll zumindest eine Wurzel der Querelen sein. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur war VW dabei prinzipiell zu einem finanziellen Ausgleich bereit. Aber die aufgemachten Forderungen des Zulieferers sollen unrealistisch gewesen sein. Das lässt sich nicht nachprüfen. Beide Parteien wollen sich nicht äußern. Warum die Lage derart eskalierte, ist unklar.

Reserven mobilisieren


Der VW-Konzern ist in der Branche bekannt für seine Verhandlungsmacht - nur noch Toyota und General Motors bauen ähnlich viele Fahrzeuge. Der Beschaffungsvorstand Francisco Javier Garcia Sanz gilt als einer der erfahrensten Einkäufer der Branche. Er schrieb den Zulieferern Ende Juni, der Autobauer müsse auch bei den „Beschaffungskosten deutlich effizienter werden“. Er wolle die Reserven mobilisieren. „Das wollen wir kooperativ erreichen, aber auch mit der notwendigen Konsequenz, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, kündigte er die Marschrichtung an.
Der neuerliche Sparzwang, befeuert durch die Milliardenkosten des Diesel-Skandals, erhöht den Druck auf das schon länger laufende Effizienzprogramm bei der renditeschwachen VW-Kernmarke rund um Golf und Passat. Dabei erntet Volkswagen inzwischen erste Früchte aus seinem Kampf gegen die überbordende Teilevielfalt beim Autobau:

Die Komponentenwerke in Europa

Mit dem gelichteten Varianten-Dschungel etwa bei Lenkrädern, Farben oder Tasten habe die Kernmarke VW-Pkw schon heute gut 700 Millionen Euro Sparvolumen pro Jahr freigelegt, schreibt VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh in dem am Freitag erschienenen Haus-Blatt „Mitbestimmen“.

Das Thema Teilevielfalt beschäftigt VW nun auch an anderer Front: Die Lieferstopps lähmen den Autobauer. Am Freitag könnte die Weichenstellung für Kurzarbeit auch in Wolfsburg fallen. Dort wird die Golf-Produktion bis zum 29. August ruhen. Die lokale Arbeitsagentur will wegen des Datenschutzes nichts sagen, aber nach dpa-Informationen gibt es ein Treffen in der Behörde. Auch den Werken in Kassel, Braunschweig und Zwickau drohen Engpässe

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