Volkswagen VW-Chef Diess ist gekommen, um zu bleiben

VW-Chef Herbert Diess gibt sich vor der Aufsichtsratssitzung siegessicher Quelle: dpa

Am Freitag muss VW-Chef Herbert Diess dem Aufsichtsrat eine Lösung für die kriselnde Konzerntochter Cariad präsentieren. Muss er gehen, wenn sein Konzept durchfällt? Einige Widersacher können es gar nicht erwarten. 

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Wenn der Volkswagen-Aufsichtsrat am Freitag zusammenkommt, dann gehe es, so hieß es vielfach im Vorfeld, auch um die Zukunft von Konzernchef Herbert Diess. Die Probleme im Konzern seien so schwerwiegend und vielfältig und Diess dabei so konfliktfreudig, dass ihm der Rausschmiss drohe. So oft wurden in den vergangenen Jahren vom VW-Betriebsrat Machtkämpfe mit dem Vorstandschef zu dessen Schicksalsfrage hochstilisiert, dass man fast glauben könnte, dass er spätestens jetzt fällig sei. 

Tatsächlich aber ist das Gegenteil richtig: Eigene Fehler wurden Diess in der Vergangenheit – mal mehr, mal weniger – gefährlich. Diesmal aber muss er sich um seinen Job keine Sorgen machen. Vorausgesetzt natürlich, er hat aus früheren Ausrutschern gelernt und liefert sich nicht durch irgendeinen unverzeihlichen Lapsus selbst ans Messer.

Für Diess‘ komfortablen Sitz im Sattel gibt es zunächst einen formalen Grund: Selbst wenn die Kapitalseite im Aufsichtsrat ihn nicht mehr haben wollte, würde sie jetzt die Füße stillhalten, denn für einen Rausschmiss ist es schlicht zu spät. Diess‘ Vertrag läuft bis 2025. Eine Verlängerung will er wohl selbst nicht, und sie wäre mit dem Betriebsrat, der sich auf ihn eingeschossen hat, auch nicht zu machen.

Herbert Diess geht also 2025. Das bedeutet, dass 2024 der Nachfolger intern feststehen dürfte. Was wiederum bedeutet, dass nächstes Jahr die Suche nach der neuen Nummer Eins anläuft. Wenn der Aufsichtsrat in dieser Phase eines nicht brauchen kann, dann ist es ein spontaner Chefwechsel, der entweder einen schwachen Übergangschef nötig machen oder die als Dauerlösung vorgesehenen Wunschkandidaten auf dem falschen Fuß erwischen würde. 

Die Zeit ist auch in anderer Hinsicht auf Diess‘ Seite: Die VW-Software-Tochter Cariad, eine der großen Baustellen im Konzern, liefert nicht so ab wie geplant. Der Aufbau des neuen Software-Riesen dauert länger, die Strukturen sind ineffizient, die Programmierer leiden unter dem lähmenden Riesenkonzern. Das führte zu einem Aufstand der Konzernmarken Audi und Porsche, die für neue Modelle dringend die Zulieferungen der Cariad brauchen. 

Diess' neue Strategie für VW

Doch Diess scheint eine Lösung gefunden zu haben, die die Lage erst mal befrieden dürfte: Mit mehr Geld, mehr Leuten und mehr Freiheiten für die Marken Audi und Porsche sollen die Ziele doch noch mehr oder weniger rechtzeitig erreicht werden. Diese Lösung wird er am Freitag dem Aufsichtsrat vorstellen. 

Wird die neue Strategie funktionieren? Wer weiß. Aber wenn es in zwei Jahren eine Antwort gibt, ist Diess sowieso schon mit einem Fuß bei Volkswagen raus. Außerdem versteht der Aufsichtsrat auch immer besser, dass das stolze Cariad-Projekt – Motto: Volkswagen wird zum globalen Champion bei Auto-Software – eher eine Frage von Dekaden als von Jahren ist.

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Es gibt Probleme bei Volkswagen, und das nicht zu knapp. Doch ist es überhaupt denkbar, dass es im größten deutschen Unternehmen, das sich stärker transformieren muss als die meisten anderen Unternehmen, keine schwerwiegenden Probleme gibt? In einem Unternehmen, das mit Familienclans, einem Bundesland und einem sogar mit Firmenanteilen ausgestatteten Betriebsrat die denkbar komplizierteste Eigentümerstruktur hat? 

Schon eher wahrscheinlich wäre, dass sich ein Manager, der ein solches Unternehmen von Verbrenner auf Elektro und vom Autoverkauf auf Mobilitätsservices drehen will, nicht ansatzweise durchsetzen kann. Oder dass Manager deshalb den Top-Job in Wolfsburg gar nicht erst antreten. Oder sich nach den ersten Monaten aus dem Staub machen. Das alles wäre wahrscheinlich.

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Diess aber hat die unwahrscheinliche Kurskorrektur geschafft – er ist noch an Bord und wird dort wohl auch bis 2025 bleiben. 

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