
Der schwedische Lastwagenbauer Volvo bekommt einen neuen Chef - und der kommt ausgerechnet von der Spitze des Konkurrenten Scania. Der 47-jährige Martin Lundstedt werde sein Amt im Oktober antreten, teilte der Nutzfahrzeughersteller am Mittwoch bei der Vorstellung seiner Quartalszahlen in Göteborg mit. Er war seit 2012 Vorstandschef bei der Volkswagen-Tochter Scania gewesen. Lundstedt ersetzt Olof Persson, der Volvo mit sofortiger Wirkung verlässt. Bis zu Lundstedts Amtsantritt im Oktober soll Finanzchef Jan Gurander als Vorstandschef agieren.
Volkswagen verliert damit mitten in der Integration der Lkw-Töchter MAN und Scania einen Top-Manager. Der Anfang Februar von Daimler nach Wolfsburg gewechselte Lkw-Boss Andreas Renschler soll aus MAN und Scania eine schlagkräftige Allianz schmieden, die es mit den führenden Anbietern Daimler und Volvo aufnehmen kann. Zugleich schwelt der Machtkampf zwischen VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech und Konzernchef Martin Winterkorn weiter.
Lundstedt hatte das flexible Produktionssystem in den vergangenen Jahren perfektioniert und so dazu beigetragen, dass Scania Volvo bei der Ertragskraft überholt hat. Persson stand deshalb unter dem Druck einiger Volvo-Aktionäre. Ihm wurde angelastet, dass der Sparkurs erst spät die gewünschten Erfolge aufweist.
Mittlerweile zahlen sich die Kürzungen jedoch aus. Im ersten Quartal stieg der operative Gewinn vor Sonderkosten um 78 Prozent auf umgerechnet 493 Millionen Euro. Dies lag über den Erwartungen von Analysten. Persson führte Volvo seit fast vier Jahren.
Die Marktanteile der fünf größten Lkw-Marken
Daimler-Freightliner: 29 Prozent
Navistar International: 16 Prozent
Ford: 15 Prozent
Paccar Kenworth: 11 Prozent
Paccar Peterbilt: 8 Prozent
Sonstige: 21 Prozent
Werte gerundet und inklusive erwarteter Marktanteile für 2014
Quelle: IHS Automotive
Volkswagen: 20 Prozent
Mercedes-Benz: 20 Prozent
Volvo: 12 Prozent
Ford: 12 Prozent
VW-Scania: 10 Prozent
Sonstige: 26 Prozent
Werte gerundet und inklusive erwarteter Marktanteile für 2014
Quelle: IHS Automotive
Mercedes-Benz: 23 Prozent
VW MAN: 17 Prozent
Paccar DAF: 15 Prozent
Volvo: 11 Prozent
Iveco: 11 Prozent
Sonstige: 23 Prozent
Werte gerundet und inklusive erwarteter Marktanteile für 2014
Quelle: IHS Automotive
Mercedes-Benz: 15 Prozent
Kamaz: 15 Prozent
VW MAN: 9 Prozent
Volvo: 9 Prozent
VW-Scania: 8 Prozent
Sonstige: 44 Prozent
Werte gerundet und inklusive erwarteter Marktanteile für 2014
Quelle: IHS Automotive
Dongfeng: 16 Prozent
FAW Jiefang: 11 Prozent
CNHTC: 10 Prozent
Foton-Daimler: 9 Prozent
Tata: 8 Prozent
Sonstige: 46 Prozent
Werte gerundet und inklusive erwarteter Marktanteile für 2014
Quelle: IHS Automotive
VW und Scania wollten sich zu Lundstedts Weggang zunächst nicht äußern. Aus VW-Kreisen hieß es, ein Konflikt mit Renschler stehe nicht dahinter. "Der Posten bei Volvo ist eine Riesenchance für ihn", sagte eine Person mit Kenntnis der Vorgänge. Scania-Produktionschef Per Hallberg solle den Chefposten übernehmen, bis ein Nachfolger für Lundtstedt gefunden sei.
Die Volvo-Aktie legte an der Stockholmer Börse zeitweise um mehr als zwölf Prozent zu.