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Vor der Hauptversammlung Gegenwind für BMW-Pläne

Bei BMW formiert sich Widerstand gegen den direkten Wechsel von Norbert Reithofer in den Aufsichtsrat. Dem neuen Chef Harald Krüger dürfte das egal sein – er hat trotz der guten Zahlen mit anderen Problemen zu kämpfen.

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Die nächste Bilanzpressekonferenz wird Harald Krüger und nicht mehr Norbert Reithofer leiten Quelle: AP

Es war noch einmal eine Demonstration seines Erfolgs: Mit einem Gewinnsprung von satten 21 Prozent präsentierte Norbert Reithofer vergangene Woche zum letzten Mal die Quartalszahlen von BMW. Bereits im März konnte er das fünfte Rekordjahr in Folge verbuchen. Auch die Prognose für 2015 bekräftigte er, wonach das Konzernergebnis vor Steuern solide wachsen soll, gemeint sind damit fünf bis knapp zehn Prozent.

Wenn Reithofer an diesem Mittwoch auf der Hauptversammlung das Zepter an seinen Nachfolger Harald Krüger übergibt, scheint bei BMW alles in Butter. Wie gesagt: scheint.

Ein erfolgreicher Konzernlenker tritt ab, ein junger, als aktueller Produktionsvorstand aber auch erfahrerner Automanager rückt nach. Im Gegensatz zur Wolfsburger Konkurrenz haben die Münchner ohne öffentlichen Machtkampf einen neuen Vorstandsvorsitzenden gefunden. Dennoch gibt es vor der Hauptversammlung Widerstand. Nicht gegen den Ex-Chef Reithofer, nicht gegen den Bald-Chef Krüger. Sondern gegen den künftigen Chef-Kontrolleur.

Der heißt nämlich ebenfalls Norbert Reithofer.

Laut einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" lehnen einige institutionelle Investoren den direkten Wechsel Reithofers ab. So hätten sich die einflussreichen Aktionärsberater ISS, deren Votum viele internationale Großanleger folgen, bereits festgelegt: "Tagesordnungspunkt 6.3.", die Wahl Reithofers in den Aufsichtsrat, ist abzulehnen, zitiert das Blatt aus dem ihm vorliegenden Report. Der sofortige Wechsel, ohne Abkühlungsphase, widerspreche der üblichen Praxis und den Corporate-Governance-Empfehlungen, heiße es dort zur Begründung. Auch die deutsche Fondsgesellschaft Union Investment versagt BMW in dem Punkt die Unterstützung. "Wir werden gegen Herrn Reithofer stimmen", kündigte Fondsmanager Ingo Speich laut der "FAS" an.

Sturm im Wasserglas

Ein direkter Wechsel vom Chefsessel zum Vorsitz des Aufsichtsrats ist in Zeiten von Corporate Governance ungewöhnlich, aber nicht unmöglich. Laut Deutschem Corporate Governance Kodex soll eigentlich zwischen Posten im Vorstand und im Aufsichtsrat eine Pause von zwei Jahren liegen – es sei denn, der Wechsel erfolgt auf Wunsch eines Großaktionärs. Und das ist bei BMW gegeben: Bei dem Autobauer zieht die Familie Quandt/Klatten die Fäden. Johanna Quandt, ihrem Sohn Stefan und ihrer Tochter Susanne Klatten gehören zusammen 46,7 Prozent an dem Autobauer. "Diese Kandidatur wird von den Aktionären der Familie Quandt nachdrücklich unterstützt", sagte ein Sprecher. Und gegen die Stimmmehrheit der Quandts ist der Widerstand nur ein Sturm im Wasserglas.

Mit dem vorgezogenen Stabwechsel will der Aufsichtsrat samt Eigentümerfamilie Quandt ohne lange Personalspekulationen und für eine längere Zeit die Weichen stellen, um den Konzern weiter an der Spitze des Premiumsegments zu halten. Krüger, einer der jüngsten Autobosse in der ganzen Branche, galt bei BMW schon seit Jahren als Kronprinz.

Die wichtigsten Kennzahlen des BMW-Geschäftsjahres 2014

Der studierte Maschinenbau-Ingenieur arbeitet seit 1992 bei dem Münchner Autobauer und stieg 2008 als Personalchef in den Vorstand auf, wo er seither das jüngste Mitglied ist. 2012 übernahm er die Zuständigkeit für die Marken Mini und Rolls-Royce und das Motorradgeschäft, ehe er 2013 zum Produktionsvorstand bestellt wurde. Seither hat BMW die Abhängigkeit vom dauerkriselnden Heimatmarkt Europa verringert und Werke in boomenden Märkten wie China und den USA auf- und ausgebaut. Und mit 49 Jahren hat er noch Zeit, bis er die BMW-interne Altersgrenze für Vorstandsmitlgieder erreicht. Die liegt bei 60 Jahren.

Für Krüger dürfte der Widerstand einiger Aktionäre das kleinste Problem sein. Die aktuellen Zahlen sind zwar gut, aber frei von Baustellen ist auch BMW nicht. Die Lage auf dem russischen Automarkt, einst ein großer Hoffnungsträger, bleibt schwierig. Auch in China, lange Zeit die Boomregion schlechthin, kühlt sich das Wachstum ab.

BMWs Super-Hybrid-Sportler i8 im Detail
Im September 2013 stellte BMW den i8 auf der IAA vor. BMW-Chef Norbert Reithofer präsentierte dort das grüne Vorzeigemodell, mit dem Smog und Großstadtlärm der Vergangenheit angehören sollen. Im April hat BMW mit der Serienproduktion begonnen und im Juni 2014 rollen die neuen Elektroautos zum Händler. Vorbestellungen nimmt der Autobauer bereits seit Herbst 2013 entgegen. Schon jetzt sei absehbar, dass die Nachfrage in der Anlaufphase die Produktion deutlich übersteigen wird. Ein guter Grund, einmal zu schauen, was der Neue aus München so drauf hat. Quelle: Presse
Das Plug-in-Hybrid-System des i8 setzt sich aus einem Dreizylinder-Ottomotor mit einer Höchstleistung von 170 Kilowatt (231 PS) und einem maximalen Drehmoment von 320 Newtonmetern sowie einem Hybrid-Synchron-Elektromotor mit einer Höchstleistung von 96 Kilowatt (131 PS) und einem maximalen Drehmoment von 250 Newtonmetern zusammen. Quelle: Presse
Zur eDrive-Technologie gehört außerdem ein Lithium-Ionen-Hochvoltspeicher mit 5,2 Kilowattstunden und ein intelligentes Energiemanagement mit einer Gesamtleistung von 266 Kilowatt (362 PS). Quelle: Presse
Der Aufladevorgang der Batterie dauert zwischen zwei und drei Stunden. Die Lithium-Ionen-Batterie kann sowohl an einer ganz gewöhnlichen Steckdose als auch an speziellen Ladestationen für Elektroautos aufgeladen werden. Dazu gehört neben der öffentlichen Ladestation an Tankstellen auch die BMW i Wallbox. Quelle: Presse
Der i8 beschleunigt dank seines Antriebskonzeptes "eDrive" in 4,4 Sekunden von null auf 100 Stundenkilometer. Dabei verbraucht er im Durchschnitt nur 2,1 Liter Super pro 100 Kilometer. Im Berufsverkehr verbraucht der Wagen bei vollständig geladener Batterie weniger als fünf Liter Sprit. Quelle: Presse
Wer nicht nur innerhalb der Stadt, sondern auch auf Landstraßen und Autobahnen unterwegs ist, verbraucht immer noch weniger als sieben Liter Sprit auf 100 Kilometern. Und auch auf längeren Strecken mit höherer Geschwindigkeit sind immer noch weniger als acht Liter Verbrauch drin. Damit fallen die Verbrauchswerte des Plug-in-Hybrid-Modells insgesamt um rund 50 Prozent niedriger aus als bei herkömmlich angetriebenen Sportfahrzeugen. Quelle: Presse
Darüber hinaus verbraucht der i8 auf 100 Kilometern durchschnittlich 11,9 Kilowattstunden Strom und kommt auf eine CO2-Emission von 49 Gramm pro Kilometer. Quelle: Presse

Zudem rechnet BMW im laufenden Jahr mit weiter steigenden Personalkosten. Die Ausgaben für neue Modelle, Werke und Antriebstechnologien blieben hoch. Der Konzern sieht sich als Innovationsführer bei der Elektromobilität und hat viel Geld in die Modelle i3 und i8 gesteckt, verkauft aber davon vergleichsweise wenig Fahrzeuge.

Rückenwind für das geplante sechste Rekordjahr in Folge erhofft sich der Hersteller von 15 neuen und überarbeiteten Modellen, die im Jahresverlauf an den Start gehen sollen. Beim Absatz wird ebenfalls ein solider Zuwachs angepeilt. 2014 verkauften die Münchner 2,1 Millionen Fahrzeuge ihrer drei Marken BMW, Mini und Rolls-Royce. Auch 2015 wolle man der weltweit führende Hersteller von Premiumfahrzeugen bleiben, betonte der Konzern. Die beiden Konkurrenten Audi und Mercedes haben sich auf die Fahnen geschrieben, den Platzhirsch bis 2020 zu verdrängen.

Bei der zentralen Größe in der Autosparte, der Rendite, strebt BMW 2015 nach wie vor einen Wert zwischen acht und zehn Prozent an. Im Startquartal stagnierte die Marge vor Zinsen und Steuern bei 9,5 Prozent; Analysten hatten hier einen Rückgang erwartet. Die Münchner lagen bei der Rendite hinter Audi mit 9,7 Prozent, aber vor Mercedes-Benz mit 9,4 Prozent. BMW steigerte in der Autosparte das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) um 13,5 Prozent auf 1,794 Milliarden Euro. Auch das Geschäft mit Motorrädern und Finanzdienstleistungen warf mehr operativen Gewinn ab.

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