Vorstandsumbau VW-Markenchef Diess soll Müller ablösen

Matthias Müller (r) und Herbert Diess 2016 in Detroit. Quelle: dpa

Volkswagen hat überraschend einen Umbau des Vorstands angekündigt. VW-Chef Müller soll betroffen sein und von Markenchef Diess abgelöst werden. Müller hatte den Vorstand kürzlich als „riesiges Problem“ bezeichnet.

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VW kommt nicht zur Ruhe: Wie der Autobauer am Dienstag per Ad-hoc-Mitteilung bekanntgab, arbeitet der Aufsichtsrat an einem Umbau des Vorstands. Davon könnte auch VW-Chef Matthias Müller betroffen sein. Die Aktiengesellschaft erwäge eine Weiterentwicklung der Führungsstruktur für den Konzern, „die auch mit personellen Veränderungen im Vorstand und mit Änderungen bei den Ressortzuständigkeiten im Vorstand verbunden wäre“, heißt es in der Mitteilung. Dazu könnte auch eine Veränderung im Amt des Vorstandsvorsitzenden gehören.

Wie wahrscheinlich ist es, dass Matthias Müller als VW-Chef abgelöst wird?

Die Anzeichen verdichten sich zunehmend. Wie das „Handelsblatt“ unter Berufung auf Konzernkreise berichtet, soll der Abschied von Müller bereits beschlossen sein. Nachfolger soll demnach VW-Markenchef Herbert Diess werden. Das bestätigten auch zwei Personen mit Kenntnis der Beratungen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Bereits auf einer Sitzung des Aufsichtsrats an diesem Freitag könnte die Personalie entscheiden werden, hieß es. Der 59-jährige frühere BMW-Manager Diess sei als Nachfolger vorgesehen.

Warum muss Müller gehen?

Einen konkreten Vorwurf oder ein Fehlverhalten gibt es offenbar nicht. Die Deutsche-Presse-Agentur berichtet in Berufung auf Kreise des Kontrollgremiums, Müller werde intern Entscheidungsschwäche vorgeworfen. Der geplante Konzernumbau bei Volkswagen soll nach Darstellung aus Aufsichtsrats-Kreisen einen neuen „Aufbruch“ bei Europas größtem Autokonzern ermöglichen. Der notwendige Umbau gehe unter Müller nicht schnell genug, hieß es mit Blick auf den grundlegenden Wandel der Automobilindustrie. „Das war keine einfache Zeit, mit einem hohen Druck von außen“, sagte Branchenexperte Stefan Bratzel der dpa. Müller habe aber beim Umbau positive Akzente gesetzt.
Im Aufsichtsrat sei in den vergangenen Wochen die Erkenntnis gereift, dass es nach der Aufarbeitung der Dieselkrise einen personellen Neuanfang brauche, schreibt das „Handelsblatt“. In den Gesprächen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch habe Müller „seine grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, an den Veränderungen mitzuwirken“, heißt es in der VW-Mitteilung. Bereits in der Vergangenheit hatte Müller angedeutet, dass er seinen Vertrag als Vorstandsvorsitzender nicht verlängern will. Müller war im Herbst 2015 von den Eigentümerfamilien Porsche und Piëch von seinem Posten als Porsche-Chef abberufen und nach Wolfsburg geholt worden, nachdem VW-Chef Martin Winterkorn im Abgasskandal seinen Hut nehmen musste.

Der VW-Konzernvorstand

Warum ist die Wahl so schnell auf Diess gefallen?

Weil er die logische Wahl ist. Diess wurde Ende 2014 als VW-Markenchef verpflichtet und trat seinen Posten 2015 an. Bereits damals galt er als möglicher Kronprinz für Martin Winterkorn. Nach dem gewonnenen Machtkampf gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piëch im Frühjahr 2015 wollte Winterkorn den Konzern bis Ende 2018 führen und dann in den Aufsichtsrat wechseln. In dieser Zeit sollte Diess die margenschwache VW-Kernmarke sanieren, sich den nötigen Stallgeruch erarbeiten und dann von Winterkorn übernehmen. Matthias Müller wurden damals nur Außenseiterchancen auf den VW-Chefposten eingeräumt, falls Volkswagen den Chefwechsel unerwartet vorziehen müsste – wie es dann wegen des Abgasskandals kam.

Wofür steht Diess?

Die Aufgabe, für die er geholt wurde, hat Diess erfüllt: Die operative Rendite der Kernmarke ist mit 4,1 Prozent doppelt so hoch wie vor seinem Antritt, das Ergebnis der Marke VW stieg allein 2017 von 1,9 auf 3,3 Milliarden Euro. Mit dem „Zukunftspakt“ hat Diess den Gewerkschaften Milliarden-Einsparungen und einen Stellenabbau abgerungen. Die Verhandlungen liefen zwar nicht immer lautlos, für die Anteilseigner aber am Ende wohl zufriedenstellend. Dazu kommt, dass Diess sich in der Krise als ruhiger und besonnener Kommunikator nach innen und außen erwiesen hat – im Gegensatz zu VW-Chef Müller, der sich den ein oder anderen verbalen Fehltritt geleistet hat.

Welche Rolle spielt Diess im Dieselskandal?

Er hat erst 2015 bei Volkswagen angefangen, an der Entwicklung und Verbreitung der Manipulations-Software hat er also nicht mitgewirkt. Noch offen ist aber seine Rolle bei der Geheimhaltung des Skandals. Wie mehrere Dokumente nahelegen, waren Diess und Winterkorn bereits im Juli 2015 über die Abgasmanipulationen informiert worden, hatten aber nicht die Aktionäre darüber informiert. Deshalb ermittelt die Staatsanwaltschaft Braunschweig unter anderem gegen Diess wegen des Verdachts der Marktmanipulation. Das Ergebnis steht noch aus.

Wie sieht Müller selbst die Lage?

Zu der aktuellen Mitteilung hat sich der Vorstandsvorsitzende noch nicht geäußert. Zuletzt hatte Müller aber die Zusammensetzung des Konzern-Spitzenmanagements scharf kritisiert. Das Führungsteam müsse „weiblicher, jünger und internationaler“ werden. „Das ist ein riesiges Problem des Konzerns“, sagte er dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ im März. Dabei scheint der 64-Jährige auch nicht vor sich selbst haltzumachen.

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