VW-Abgas-Affäre Was Volkswagen in den Werkstätten tun muss

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VW muss langfristig umdenken

Klar ist, zunächst muss dafür gesorgt werden, dass der Motor von sich aus schon wenige Stickoxide produziert – und zwar dauerhaft und nicht nur über einen gewissen Zeitraum. Abgesehen von der Betrüger-Software laufen die Motoren einwandfrei. Nur eben nicht regelkonform. Möchte Volkswagen das bewerkstelligen (sowohl bei den Schadstoff- als auch den CO2-Emissionen) und gleichzeitig den Kunden nicht deutlich verbrauchsstärkere und leistungsärmere Autos zurückgeben, dürfte das somit einige Versuche und Test bedeutet und damit viel Zeit und auch einiges an Geld. Vor allem weil mit mehr Verbrauch auch höhere CO2-Emissionen einhergehen (die in Europa ja strenger geahndet werden), könnte dies sonst auch rechtlich schwierig werden.

Für die Zukunft muss VW in jedem Fall umdenken. Das hat sich auch sein Nachfolger Matthias Müller auf die Fahne geschrieben: „Meine vordringlichste Aufgabe wird es sein, Vertrauen für den Volkswagen Konzern zurückzugewinnen – durch schonungslose Aufklärung und maximale Transparenz, aber auch, indem wir die richtigen Lehren aus der aktuellen Situation ziehen.“ Unter seiner Führung werde der Wolfsburger Autobauer versuchen „die strengsten Compliance- und Governance-Standards der gesamten Branche zu entwickeln und umzusetzen“, versprach er.

Zwei Technologien können helfen

Um ohne Schummeleien die Grenzen generell einhalten zu können und trotzdem „spritzige“ Autos vom Band laufen zu lassen, bietet die Forschung den Autobauern heute bereits verschiedene Möglichkeiten. Die kommen zwar schon zum Einsatz - effektiv aber nicht. Das könnte laut Mutmaßungen wohl das Hauptmotiv VWs für die Abgas-Manipulationen sein.

Was VW 2014 in den USA verkauft hat

Derzeit gibt es zwei Technologien: Harnstoff-Einspritzung (AdBlue ist hier der umschreibende Begriff für Harnstoff) und Speicherkatalysatoren. Bei den Ottomotoren hat sich der Speicherkatalysator durchgesetzt, der kein zusätzliches Reduktionsmittel nötig macht und für den Pkw eine günstige Methode ist. Bei den Dieselmotoren werden beide Systeme angewandt.

„Die Speicherkatalysatoren sind einfacher“, erklärt Dinkelacker von der Leibniz-Universität. Deshalb seien sie bei modernen kleineren Dieselmotoren üblich. Sie seien allerdings weniger wirksam. Wirkungsvoller ist aber das AdBlue-System, bei dem durch das Einspritzen von Harnstoff Stickoxide gebunden und somit reduziert werden. Dieses System hat aber höhere Anforderungen – sowohl an die Bauart des Autos als auch an den Fahrer. „Der technische Aufwand und damit sowohl der Preis als auch der notwendige Bauraum sind groß“, sagt Dinkelacker. Denn für den Harnstoff ist ein zweiter Tank notwendig und es muss nachgefüllt werden: „Da der Harnstoff im Betrieb verbraucht wird, muss man ihn etwa bei jeder zehnten bis 20. Betankung des Fahrzeugs auch den Harnstoff nachfüllen“, erklärt RUB-Professor Eifler. Für den Fahrer bedeutet das dann Mehraufwand und setzt erhöhte Fachkenntnis voraus.

Neu und unerprobt sind die Technologien also ganz sicher beide nicht. In Pkw werden sie schließlich durchaus auch schon verbaut und „bei neueren Nutzfahrzeugen ist die Technologie heute absolut eingeführt“, sagt Dinkelacker. „Man setzt sie allerdings aus Kostengründen nur dort ein, wo die gültige Abgasvorschrift dies erfordert“, so Eifel.

In der Forschung und Weiterentwicklung dieser Systeme und letztlich dann auch der Nutzung sollte die Zukunft liegen, wenn die Autobauer sich den in Deutschland heiß geliebten Diesel erhalten wollen. In den eh schon kritischen USA dürften Diesel-Autos jetzt definitiv auf der Abschussrampe stehen.

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