
Bei der Aufklärung des Abgasskandals bei Volkswagen auf politischer Ebene ist kein Ende in Sicht. „Ein Zeitpunkt für den Abschluss der Arbeiten der Untersuchungskommission ist nicht festgelegt“, teilte die Bundesregierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage mehrerer Grünen-Abgeordneter mit, die WirtschaftsWoche Online vorliegt. Insgesamt ist die Untersuchungskommission laut dem Dokument seit September 2015 zu 23 Sitzungen zusammengekommen.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte die Kommission am 22. September eingesetzt – also bereits wenige Tage nach Bekanntwerden des Skandals. Das Expertengremium soll klären, wie es bei Volkswagen zu dem Betrug kommen konnte und ob andere Autobauer ebenfalls bei den Abgastests in unlauterer Weise tricksen.
Die Abgas-Tests in Deutschland und Europa
Neue Modelle werden in Deutschland und der EU nach dem Modifizierten Neuen Fahrzyklus (MNEFZ) getestet. Die Tests laufen unter Laborbedingungen, das heißt auf einem Prüfstand mit Rollen. Dies soll die Ergebnisse vergleichbar machen. Der Test dauert etwa 20 Minuten und simuliert verschiedene Fahrsituationen wie Kaltstart, Beschleunigung oder Autobahn-Geschwindigkeiten.
Getestet wird von Organisationen wie dem TÜV oder der DEKRA unter Beteiligung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA). Dieses untersteht wiederum dem Verkehrsministerium.
Die Prüfungen der neuen Modelle werden von ADAC und Umweltverbänden seit längerem als unrealistisch kritisiert. So kann etwa die Batterie beim Test entladen werden und muss nicht - mit entsprechendem Sprit-Verbrauch - wieder auf alten Stand gebracht werden. Der Reifendruck kann erhöht und die Spureinstellungen der Räder verändert werden. Vermutet wird, dass etwa der Spritverbrauch im Alltag so häufig um rund ein Fünftel höher ist als im Test.
Neben den Tests für neue Modelle gibt es laut ADAC zwei weitere Prüfvorgänge, die allerdings weitgehend in der Hand der Unternehmen selbst sind. So werde nach einigen Jahren der Test bei den Modellen wiederholt, um zu sehen, ob die Fahrzeuge noch so montiert werden, dass sie den bisherigen Angaben entsprechen, sagte ADAC-Experte Axel Knöfel. Zudem machten die Unternehmen auch Prüfungen von Gebrauchtwagen, sogenannte In-Use-Compliance. Die Tests liefen wieder unter den genannten Laborbedingungen. Die Ergebnisse würdem dann dem KBA mitgeteilt. Zur Kontrolle hatte dies der ADAC bei Autos bis 2012 auch selbst noch im Auftrag des Umweltbundesamtes gemacht, bis das Projekt eingestellt wurde. In Europa würden lediglich in Schweden von staatlicher Seite noch Gebrauchtwagen geprüft, sagte Knöfel.
Die EU hat auf die Kritik am bisherigen Verfahren reagiert und will ab 2017 ein neues, realistischeres Prüfszenario etablieren. Damit sollen auch wirklicher Verbrauch und Schadstoffausstoß gemessen werden ("Real Driving Emissions" - RDE). Strittig ist, inwiefern dafür die bisherigen Abgas-Höchstwerte angehoben werden, die sich noch auf den Rollen-Prüfstand beziehen.
Mit der Einsetzung der Untersuchungskommission war Dobrindt schnell – VW-Chef Martin Winterkorn war noch nicht einmal zurückgetreten. Deutlich mehr Zeit ließ er sich jedoch mit der Auskünften über Namen der Experten.
Auf die in der auf Anfang Februar datierten Kleinen Anfrage formulierte Frage, weshalb die Bundesregierung „trotz wiederholter Nachfrage“ nicht die Namen und Organisationen der Mitglieder nennen wolle, teilt die Regierung lediglich mit, man habe „den Deutschen Bundestag bezüglich der Einsetzung der Untersuchungskommission ordnungsgemäß informiert“.
Unabhängigkeit der Kommission steht infrage
Nach Informationen des Magazins „Spiegel“ stammen vier Mitglieder aus dem Bundesverkehrsministerium, darunter auch Verkehrs-Staatssekretär Michael Odenwald, der das Gremium leitet. Drei Vertreter stammen laut dem Bericht aus dem Kraftfahrtbundesamt, das für die Typgenehmigung zuständig ist – und den Betrug bei VW über Jahre nicht erkannt hat. Lediglich ein Mitglied sei ein Professor von der Technischen Universität München, der aber früher für die Autoindustrie gearbeitet habe.
Wie der „Spiegel“ weiter berichtet, habe Dobrindt die Namen der Mitglieder selbst dann nicht veröffentlicht, als die Grünen sich Mitte Januar bei Bundestagspräsident Norbert Lammert beschwert haben. Im Ministerium begründet man die Geheimhaltung demnach damit, dass man die Mitglieder „in Ruhe arbeiten“ lassen wolle.
In Ruhe arbeitet wohl auch die Regierung selbst: Die Kleine Anfrage der Grünen-Abgeordneten um Oliver Krischer ist auf den 13. Januar 2016 datiert. Die Antwort der Bundesregierung kam erst am 2. Februar – obwohl einige Antworten nur einen Satz lang sind.