
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat den wegen des Abgasskandals notwendigen Rückruf des VW Passat noch nicht freigegeben. "Die Nachmessungen des Kraftfahrt-Bundesamtes zum Passat laufen derzeit noch", teilte Volkswagen mit. Der Konzern rechnet deshalb mit einem Start Mitte März.
Ursprünglich war der Start des Passat-Rückrufs mit 2.0-TDI-Motor für die Kalenderwoche neun (ab dem 29. Februar) vorgesehen – es wäre die erste große Rückrufwelle des Abgasskandals. Bislang wurde nur das Pick-up-Modell Amarok mit dem Software-Update umgerüstet, davon waren allerdings nur 8500 Fahrzeuge betroffen.
Der Amarok-Rückruf ist der Grund für die Verzögerung: Mitte Februar hatte eine Messung der Fachzeitschrift "Auto Motor und Sport" das KBA auf den Plan gerufen. Das Blatt hatte berichtet, dass bei ersten Tests mit zwei Amarok, die von VW ein Update aufgespielt bekamen, zwar die Motorleistung gleich geblieben, der Verbrauch aber gestiegen sei. Volkswagen hatte aber versichert, dass die Eigenschaften des Fahrzeugs sich mit dem Update nicht ändern würden. Daher hatte die Behörde die Nachmessungen angeordnet.
Die Abgas-Tests in Deutschland und Europa
Neue Modelle werden in Deutschland und der EU nach dem Modifizierten Neuen Fahrzyklus (MNEFZ) getestet. Die Tests laufen unter Laborbedingungen, das heißt auf einem Prüfstand mit Rollen. Dies soll die Ergebnisse vergleichbar machen. Der Test dauert etwa 20 Minuten und simuliert verschiedene Fahrsituationen wie Kaltstart, Beschleunigung oder Autobahn-Geschwindigkeiten.
Getestet wird von Organisationen wie dem TÜV oder der DEKRA unter Beteiligung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA). Dieses untersteht wiederum dem Verkehrsministerium.
Die Prüfungen der neuen Modelle werden von ADAC und Umweltverbänden seit längerem als unrealistisch kritisiert. So kann etwa die Batterie beim Test entladen werden und muss nicht - mit entsprechendem Sprit-Verbrauch - wieder auf alten Stand gebracht werden. Der Reifendruck kann erhöht und die Spureinstellungen der Räder verändert werden. Vermutet wird, dass etwa der Spritverbrauch im Alltag so häufig um rund ein Fünftel höher ist als im Test.
Neben den Tests für neue Modelle gibt es laut ADAC zwei weitere Prüfvorgänge, die allerdings weitgehend in der Hand der Unternehmen selbst sind. So werde nach einigen Jahren der Test bei den Modellen wiederholt, um zu sehen, ob die Fahrzeuge noch so montiert werden, dass sie den bisherigen Angaben entsprechen, sagte ADAC-Experte Axel Knöfel. Zudem machten die Unternehmen auch Prüfungen von Gebrauchtwagen, sogenannte In-Use-Compliance. Die Tests liefen wieder unter den genannten Laborbedingungen. Die Ergebnisse würdem dann dem KBA mitgeteilt. Zur Kontrolle hatte dies der ADAC bei Autos bis 2012 auch selbst noch im Auftrag des Umweltbundesamtes gemacht, bis das Projekt eingestellt wurde. In Europa würden lediglich in Schweden von staatlicher Seite noch Gebrauchtwagen geprüft, sagte Knöfel.
Die EU hat auf die Kritik am bisherigen Verfahren reagiert und will ab 2017 ein neues, realistischeres Prüfszenario etablieren. Damit sollen auch wirklicher Verbrauch und Schadstoffausstoß gemessen werden ("Real Driving Emissions" - RDE). Strittig ist, inwiefern dafür die bisherigen Abgas-Höchstwerte angehoben werden, die sich noch auf den Rollen-Prüfstand beziehen.
Volkswagen rechnet mit der Freigabe noch in dieser Woche. Erst dann kann der Autobauer wie vorgeschrieben seine Kunden anschreiben – weil das grüne Licht der Flensburger Behörde bislang gefehlt hat, ist das noch nicht geschehen. Die Aktion selbst könnte dann in der elften oder zwölften Kalenderwoche beginnen.
VW-Werkstätten vor großer Herausforderung
Nach dem Amarok und dem Passat sollen dann die weiteren Baureihen mit den 2,0-Liter-Varianten des "Schummelmotors" EA189 in die Werkstätten beordert werden. Voraussichtlich zum Ende des zweiten Quartals will VW mit den Umrüstungen bei den 1,2 Liter-Motoren beginnen. Zum Abschluss der Rückrufaktion ab dem dritten Quartal des Jahres erfolgt die Umsetzung bei den Fahrzeugen mit 1,6 Liter-Motor.
Bei den Versionen mit 1,2 Litern und 2,0 Litern Hubraum ist ein reines Software-Update vorgesehen. Die reine Arbeitszeit soll weniger als eine halbe Stunde in Anspruch nehmen, was sich laut VW bei der Nachrüstung des Amarok bestätigt habe. Bei dem 1,6-Liter-Motor wird zusätzlich ein Strömungsgleichrichter im Ansaugtrakt eingesetzt, VW rechnet hier mit einer Arbeitszeit von 45 Minuten – inklusive Software-Update.
Nach dem Mini-Rückruf des Amarok stellen die deutlich höheren Stückzahlen des Passats die bundesweit 2173 VW-Partner vor größere Herausforderungen. Bei insgesamt 2,4 Millionen betroffenen Diesel-Autos ergeben sich so 1100 Fahrzeuge pro Werkstatt.