VW-Abgas-Skandal VW einigt sich mit US-Behörden – im Grundsatz

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VW kann jetzt die Kosten abschätzen

Die Einigung ist nicht nur wegen des damit aller Wahrscheinlichkeit nach vermiedenen Prozesses wichtig. Sie gilt auch als Grundlage für die Jahresbilanz 2015, die Volkswagen immer noch nicht vorgelegt hat. Ohne Einigung waren die Kosten und Rückstellungen nicht absehbar. Ob sie es mit der erzielten Grundsatz-Vereinbarung ohne genauen Details sind, war zunächst nicht klar. Am Freitag soll der Aufsichtsrat die Bilanz absegnen, als Veröffentlichungstermin ist der 28. April geplant.

Ob VW für 2015 einen Verlust ausweisen wird, hängt entscheidend von den Rückstellungen ab. Volkswagen hatte kurz nach Bekanntwerden des Skandals im September 2015 rund 6,7 Milliarden Euro für die Reparatur der weltweit rund elf Millionen manipulierten Dieselautos zurückgestellt. Die genauen Kosten für den Skandal, inklusive Rückkäufe, Entschädigungen und mögliche Strafzahlungen, stehen aber noch nicht fest.

Volkswagen selbst geht einem Insiderbericht zufolge in den USA derzeit offenbar von Rückstellungen in einer Größenordnung von zehn bis 20 Milliarden Euro aus. „Es gibt keine Indikation, die sehr deutlich oberhalb von 20 Milliarden Euro liegt“, sagte eine Person mit Kenntnis der Beratungen der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag. „Aus dem, was wir bis jetzt wissen, sind es auf jeden Fall mehr als zehn Milliarden“, fügte der Insider hinzu. Eine weitere mit den Zahlen vertraute Person sagte, dies sei eine realistische Größenordnung.

Der Insider sagte weiter, die für die USA geschätzte Summe umfasse eine Entschädigung der Kunden, die Reparatur der manipulierten Fahrzeuge sowie eine mögliche Strafe durch das US-Justizministerium und eine Kompensation für den jahrelangen überhöhten Stickstoffausstoß. Darin seien die wegen der Reparatur der weltweit rund elf Millionen von Manipulation der Dieselabgaswerte betroffenen Fahrzeuge bereits zurückgestellten 6,7 Milliarden Euro enthalten. Denkbar wäre, dass die Gesamtsumme buchhalterisch auf zwei Jahre aufgeteilt werde, sagte die Person.

Wie VW die „Dieselgate“-Drahtzieher finden will

Sieben Monate nach Ausbruch des Dieselskandals bei Volkswagen sind mehr Fragen offen als beantwortet. Die in den vergangenen Wochen viel diskutierte Höhe der Boni-Zahlungen für die Manager ist noch genauso unklar wie die Anerkennugnsprämie für die Tarif-Arbeiter. Die größere Sorge der Beschäftigten ist, inwiefern sie die finanziellen Folgen des Skandals auszubaden haben. Betriebsratschef Bernd Osterloh befürchtet, dass es zu personellen Einschnitten bei der Hauptmarke VW kommen wird. Rund 3000 Stellen sollen bereits in der Konzernverwaltung abgebaut werden. Verträge von Leiharbeitern werden nicht verlängert.

Über allem steht auch noch die Schuldfrage: Die US-Kanzlei Jones Day soll bald einen Bericht über die Hintergründe und Verantwortlichen für „Dieselgate“ präsentieren. War es nur eine begrenzte Zahl von Ingenieuren, die auf eigene Faust die Software von Bosch oder Continental zur Abschalteinrichtung auf dem Prüfstand manipulierten? Oder gaben Vorstände bis hin zum früheren VW-Chef Martin Winterkorn dafür grünes Licht? Müssen einige von den beurlaubten oder noch aktiven Vorständen deshalb gehen? Der Bericht sollte noch vor der Bilanzpressekonferenz am 28. April veröffentlicht werden. Aber auch das steht noch infrage.

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