VW-Abgasskandal Die Mär vom Umwelt-Killer Diesel

Anlässlich des VW-Abgas-Skandals fordern Umweltverbände mal wieder das Aus für den Dieselmotor. Doch sind Benziner, Gas- oder E-Autos wirklich so viel besser? Vieles ist Augenwischerei. Was Sie wissen müssen.

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VW-Motoren und Abgaswerte Quelle: Pressebild, Montage

VW steckt im Strudel seines Abgasskandals, der in den USA begann. Auf den ersten Blick scheint es eine Verteufelung des Diesels. Bei der ganzen Diskussion wird aber deutlich: Kaum ein Verbraucher weiß, was Autos eigentlich an Abgasen produzieren oder produzieren dürfen – egal ob Diesel, Benziner, Gas oder Elektro.
Die wichtigsten Antworten:

Warum sind die Grenzwerte von Stickoxiden (NOx) in den USA so viel strenger als in Europa?

In den USA wird die Gefährlichkeit der verschiedenen Abgase anders gewichtet als in der Europäischen Union. In den Vereinigten Staaten sieht man die Folgen von Stickoxiden als schlimmer an. Wie es beispielsweise auch in dem Schreiben der US-Umweltbehörde EPA an VW zu lesen ist, warnen die US-Behörden beispielsweise vor Herzkrankheiten, Asthma und anderen Atembeschwerden durch Stickoxide.

In Europa werden die Gefahren durch CO2 schwerer gewichtet. Denn Kohlenstoffdioxid alias CO2 gilt als „Klimagift“. Für Menschen ist es zunächst in geringer Konzentration nicht giftig, aber es kann die Sauerstoffzufuhr erschweren und etwa zu Kopfschmerzen oder bei hoher Konzentration zur Bewusstlosigkeit führen. Sehr hohe Konzentrationen (von über acht Prozent) können hingegen binnen einer Stunde zum Tod führen.

Was bei der Rückruf-Aktion auf VW-Besitzer zukommen könnte

Wegen der unterschiedlichen Gewichtung kreuzen sich die EU- und US-Gesetze zu Grenzwerten von Emissionen. Die USA fokussieren sich auf die Stickoxide. Dort liegt der Grenzwert mit etwa 43 Milligramm pro Kilometer (70 Milligramm pro Meile) deutlich unter dem europäischen Grenzwert, der bei 80 Milligramm pro Kilometer liegt. Andersherum ist es bei den CO2-Emmissionen: Der Grenzwert liegt in Europa derzeit bei 130 g/km und soll ab 2020 auf 95 g/km begrenzt werden. In den USA liegt er aktuell bei rund 165 g/km und damit deutlich höher.

Was ist denn schlimmer: NOx oder CO2?

Das lässt sich abschließend gar nicht sagen, denn weder Wissenschaft noch Politik sind sich darüber einig – was sich auch in den unterschiedlichen Bewertungen in Europa und den USA zeigt. Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des ökologischen Verkehrsclubs VCD beantwortet die Frage beispielhaft so: „Global gesehen und historisch betrachtet CO2. Wer an einer Straßenschlucht lebt, für den ist NOx das größere und aktuellere Problem.“

So könnte VW die "Dieselgate"-Kosten schultern

„Es besteht hier noch kein akzeptierter Konsens, der aber dringend nötig ist, um daraus folgend die ‚vernünftigste‘ Technologie weiter zu entwickeln“, sagt Friedrich Dinkelacker, Lehrstuhlinhaber am Institut für Verbrennungstechnik an der Leibniz-Universität Hannover. Eine wichtige Anforderung an Gesellschaft, Umweltorganisationen und insbesondere die Forschung sei deshalb, dass es eine klare Aussage darüber geben muss, wie die Schädlichkeit der CO2-Emission im Vergleich zur Schädlichkeit der Stickoxid- und Rußemission bewertet werden sollte. Die gibt es bislang aber nicht.

Wie können CO2-Emissionen verringert werden?

Da Autos (egal ob Benziner oder Diesel) mehr CO2 durch mehr Verbrauch erzeugen, muss letzterer verringert werden, um auch die CO2-Emissionen zu verringern. Dies lässt sich im Grunde nur durch eines erreichen: „Durch ambitionierte CO2- und Verbrauchsgrenzwerte. Kurz: Energieeffizienz“, sagt Lottsiepen. Das bedeutet „die drei Vs“: Vermeidung, Verlagerung, Verbesserung.

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