
Nach dem Abgas-Skandal bei VW werden auch die Dieselautos anderer deutscher Hersteller in den USA zu Ladenhütern. Bei Mercedes-Benz sank im Januar die Zahl der verkauften Dieselautos in den USA um rund 65 Prozent im Jahresvergleich, bei BMW ging der Wert um 62 Prozent zurück, wie Anfragen der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX bei den Konzernen ergaben. Der Dieselanteil an den US-Verkäufen war bei beiden Herstellern allerdings schon vorher sehr gering.
Mercedes verkaufte im Januar in den USA noch 334 Wagen mit Dieselmotoren, bei BMW waren es 205. Das Land, in dem die Abgas-Manipulationen von VW aufgedeckt wurden, ist aber nach Angaben eines BMW-Sprechers der einzige Markt, in dem die Dieselverkäufe der Bayern seitdem deutlich gelitten haben. Eine Daimler-Sprecherin betonte, dass der Absatz von Dieselautos in den USA von Monat zu Monat variiere. Er habe in den letzten Jahren weniger als fünf Prozent der Gesamtverkäufe in den USA ausgemacht. Inklusive Benzinern legten die US-Verkäufe bei Mercedes im Januar minimal zu. Mercedes-Benz verkauft derzeit die Modelle GLS, GLE und E-Klasse in den USA als Diesel. BMW ist mit 3er, 5er, X3 und X5 am Markt. VW und Audi bieten in dem Land inzwischen gar keine Dieselautos mehr an.
Die Abgas-Tests in Deutschland und Europa
Neue Modelle werden in Deutschland und der EU nach dem Modifizierten Neuen Fahrzyklus (MNEFZ) getestet. Die Tests laufen unter Laborbedingungen, das heißt auf einem Prüfstand mit Rollen. Dies soll die Ergebnisse vergleichbar machen. Der Test dauert etwa 20 Minuten und simuliert verschiedene Fahrsituationen wie Kaltstart, Beschleunigung oder Autobahn-Geschwindigkeiten.
Getestet wird von Organisationen wie dem TÜV oder der DEKRA unter Beteiligung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA). Dieses untersteht wiederum dem Verkehrsministerium.
Die Prüfungen der neuen Modelle werden von ADAC und Umweltverbänden seit längerem als unrealistisch kritisiert. So kann etwa die Batterie beim Test entladen werden und muss nicht - mit entsprechendem Sprit-Verbrauch - wieder auf alten Stand gebracht werden. Der Reifendruck kann erhöht und die Spureinstellungen der Räder verändert werden. Vermutet wird, dass etwa der Spritverbrauch im Alltag so häufig um rund ein Fünftel höher ist als im Test.
Neben den Tests für neue Modelle gibt es laut ADAC zwei weitere Prüfvorgänge, die allerdings weitgehend in der Hand der Unternehmen selbst sind. So werde nach einigen Jahren der Test bei den Modellen wiederholt, um zu sehen, ob die Fahrzeuge noch so montiert werden, dass sie den bisherigen Angaben entsprechen, sagte ADAC-Experte Axel Knöfel. Zudem machten die Unternehmen auch Prüfungen von Gebrauchtwagen, sogenannte In-Use-Compliance. Die Tests liefen wieder unter den genannten Laborbedingungen. Die Ergebnisse würdem dann dem KBA mitgeteilt. Zur Kontrolle hatte dies der ADAC bei Autos bis 2012 auch selbst noch im Auftrag des Umweltbundesamtes gemacht, bis das Projekt eingestellt wurde. In Europa würden lediglich in Schweden von staatlicher Seite noch Gebrauchtwagen geprüft, sagte Knöfel.
Die EU hat auf die Kritik am bisherigen Verfahren reagiert und will ab 2017 ein neues, realistischeres Prüfszenario etablieren. Damit sollen auch wirklicher Verbrauch und Schadstoffausstoß gemessen werden ("Real Driving Emissions" - RDE). Strittig ist, inwiefern dafür die bisherigen Abgas-Höchstwerte angehoben werden, die sich noch auf den Rollen-Prüfstand beziehen.
„Die Diesel-Strategie, die die deutsche Automobilindustrie seit vielen Jahren insbesondere auf dem wichtigen US-Markt verfolgt, wurde durch die Vorgänge in einem großen Unternehmen erheblich beschädigt“, hatte der Präsident des Branchenverbandes VDA, Matthias Wissmann, zu Jahresbeginn mit Blick auf VW gesagt. Die deutschen Autobauer waren bis zuletzt führend auf dem Dieselmarkt, vor allem VW. Die meisten US-Hersteller haben überhaupt keine Dieselautos im Programm.
In Deutschland ist der Diesel dagegen deutlich beliebter. Bei BMW sind fast drei von vier in Deutschland verkauften Autos Diesel. Nach Berechnungen des CAR-Instituts der Universität Duisburg-Essen lag der Dieselanteil bei Mercedes in den ersten acht Monaten 2015 in Deutschland bei 59 Prozent, bei der Marke VW waren es 55 Prozent. Ein wichtiges Argument für den Diesel schwächt sich allerdings derzeit ab: Der Ölpreis - und damit auch der Preis für Kraftstoff - liegt auf einem extrem niedrigen Niveau. Der Preis für die Nordseesorte Brent ist seit Mitte 2014 um fast drei Viertel abgestürzt.