VW-Chef Matthias Müller "Mehr Demut steht uns gut"

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"Bescheiden, aber selbstbewusst auftreten"

Trotzdem haben Sie erklärt, dem Volkswagenkonzern einen Kulturwandel zu verordnen. Wie müssen wir uns das vorstellen?
So etwas zu ‚verordnen‘, geht gar nicht. Ich stelle mich ja nicht mit dem Megafon ans Werkstor und rufe ein neues Denken aus. Ich versuche es schlicht und ergreifend vorzuleben. Das nehmen unsere Leute wahr und erzählen es weiter.

Was sollen sie denn sehen und weitererzählen?
Zum Beispiel, dass wir weniger Geld ausgeben und bescheidener auftreten - und trotzdem selbstbewusst.

Was noch?
Wenn ich mittags in der Kantine esse, ist das für die Mitarbeiter ein Signal, dass ich nahbar und ansprechbar bin. Damit erreicht man mehr als mit Appellen.

Sie haben auch eine Gehaltskürzung für den Vorstand angeregt...
Dabei geht es um den Bonus für 2015. Es ist doch klar, dass wir den Gürtel enger schnallen müssen, und zwar auf allen Ebenen vom Vorstand bis zum Tarif-Mitarbeiter. Auch hier muss die Unternehmensspitze Vorbild sein.

Gilt das für Ihre Konzerntöchter Audi und Porsche, die dicke Gewinne einfahren?
Ja, natürlich. Wir sind eine Familie. Das gilt in guten wie in schlechten Zeiten.

Auf wie viel verzichten Sie persönlich?
Das kann ich Ihnen noch nicht sagen. Die ersten sechs Wochen habe ich ganz ohne Vertrag gearbeitet. Ich weiß bis heute nicht, was ich in Summe verdienen werde. Das ist auch nicht mein Antrieb.

Diese Zulieferer sind besonders abhängig von Volkswagen
ThyssenKrupp Quelle: dpa
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Elring-Klinger Quelle: dpa

Respekt, Verantwortung, Nachhaltigkeit, Werte schaffen: Nach diesen Prinzipien hatte schon Ihr Vorvorgänger Bernd Pischetsrieder 2003 vergeblich versucht, bei VW eine neue Kultur schaffen. Warum soll es Ihnen jetzt gelingen?
Warum es damals nicht geklappt hat, kann ich nicht sagen. Mit dem Begriff „neue Kultur“ bin ich vorsichtig – das impliziert, VW hätte keine Kultur. VW hat ja eine gute Unternehmenskultur, eine starke Identität. Darauf lässt sich aufbauen. Aber klar: Es gibt auch Veränderungsbedarf.

Manche sagen, es ging in den vergangenen Jahren doch sehr selbstgefällig zu.
Das sagen Sie. Ich persönlich habe das so nicht erlebt.

Na ja, jemand sagte uns kürzlich, einige VW-Manager hätten bis zur Abgasaffäre das Gefühl gehabt, über Wasser gehen zu können.
Bei einem Konzern, der über Jahre so erfolgreich ist, steigt natürlich das Selbstbewusstsein. Die Grenze zwischen Selbstbewusstsein und Selbstgefälligkeit ist dann fließend. Vielleicht haben tatsächlich einige geglaubt, sie seien unantastbar und unschlagbar. Damit meine ich übrigens nicht meinen Vorgänger.

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