Bei Audi wird der halbe Vorstand umgekrempelt, bei den VW-Nutzfahrzeug-Töchtern bleibt kein Stein auf dem anderen. Vergleichsweise ruhig, wie im Auge des Orkans, geht es dagegen bei Porsche zu.
Das spricht für Matthias Müller, 59, der seit eineinhalb Jahren in Stuttgart am Steuer sitzt. Der frisch verheiratete Bayer – seine Ehefrau Ulrike arbeitet im Audi-Design – hat es in kürzester Zeit geschafft, den Sportwagenhersteller wieder auf Trab zu bringen und auf Wachstum zu trimmen.
Als Generalbevollmächtigter des Volkswagen-Konzerns brütete der Informatiker (Spezialgebiet Systemanalyse) jahrelang über Strategieplänen, über Komponentenbaukästen und Modellzyklen. Nun kann der Winterkorn-Vertraute seine Pläne und Strategien erstmals selbst umsetzen.
Das tut er mit aller Kraft, viel Elan und großer Entschlossenheit. Die Produktion des kleinen Geländewagens Macan ist auf den Weg gebracht, die Erweiterung des Leipziger Werks in Angriff genommen; der neue Elfer ist in den Verkaufsräumen und der neue Supersportwagens 918 Spyder in Arbeit. Porsche ist wieder mit hoher Geschwindigkeit unterwegs.
Müller hat beim Eisstockschießen auf den gefrorenen Seen seiner Heimat gelernt, gegnerische Stöcke mit präzisen Würfen aus dem Feld zu schlagen.
Er wäre insofern der ideale Kandidat für die Winterkorn-Nachfolge – wenn er ein paar Jahre jünger wäre. Am Wochenende feierte er seinen 59. Geburtstag. „Wenn Winterkorn nicht noch einmal verlängert hätte, wäre er sicher der Kronprinz“, sagt ein Insider. Eine kleine Chance hat er dennoch: Wenn Winterkorn aus irgendwelchen noch nicht erkennbaren Gründen früher als geplant den Chefposten bei VW aufgeben müsste.
Fazit: Müller bringt alles mit, was ein Konzernchef braucht, strategische Denke und Führungskraft – hat aber nur eine Chance, wenn der Wechsel an der Konzernspitze vorgezogen werden müsste.