VW-Hauptversammlung Große Demut in Hannover

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Die Kernmarke soll stärker werden

Doch mit dem Verzicht auf aufwändige und entsprechend teure Konstruktionen wie die Luxuslimousine Phaeton oder das nie zur Serienreife entwickelte Doppelkupplungsgetriebe mit zehn Gängen ist es nicht getan. Wie die gesamte Branche steht Volkswagen vor kostspieligen Entwicklungen bei den Megatrends Elektroantriebe, autonomem Fahren und Digitalisierung – zuzüglich der Entwicklungskosten für Brot-und-Butter-Modelle wie Polo, Golf und Passat oder die Weiterentwicklung von Benzin- und Dieselmotoren. All das geht ins Geld – das man besser in Reserve haben sollte.

Aktionärsverteilung der Volkswagen AG

Das wissen natürlich auch die Manager in Wolfsburg und arbeiten an mehreren Fronten dagegen an. Mit dem viel zitierten „Zukunftspakt“ soll die notorisch renditeschwache Kernmarke VW Pkw wieder auf Kurs gebracht werden. Nach dem zwischenzeitlich in der Öffentlichkeit geführten Streit zwischen VW-Markenchef Herbert Diess und Betriebsratsboss Bernd Osterloh scheint sich der Konflikt zu entschärfen. In einem am Dienstag verbreiteten Schreiben von Diess und Osterloh an die Belegschaft heißt es, dass der Pakt immer mehr Wirkung entfalte und so langfristig die Arbeitsplätze sichere.

Die Entwicklung spricht in der Tat für den Plan des Markenchefs. Nach einer schwachen Marge von 1,8 Prozent im Gesamtjahr 2016 steigerte sich VW Pkw im Auftaktquartal immerhin auf 4,6 Prozent. „Jetzt gilt es, den eingeschlagenen Kurs konsequent zu halten“, schrieben Osterloh und Diess.

Wie VW im ersten Quartal abgeschnitten hat

Für VW Pkw mag das reichen, im Gesamtkonzern sind auch radikalere Schritte denkbar, um die Cash-Reserven zu steigern: der Verkauf einzelner Marken. Im Falle der Audi-Tochter Ducati, einst auf Wunsch des VW-Übervaters Ferdinand Piëch in das Markenportfolio aufgenommen, hat der Konzern eine Investmentbank mit der Käufersuche beauftragt. Andere Randbereiche ohne große Synergien zum Autobau könnten folgen – etwa die Maschinenbau-Sparte von MAN. Aber auch ein teilweiser Börsengang der ausgelagerten Lkw-Holding gilt als denkbar.

Während ihren Reden auf der Hauptversammlung äußerten sich weder Pötsch noch Müller zu diesen Gerüchten. Doch das Bild, das Müller von der Zukunft zeichnet, lässt Rückschlüsse zu. 2025 will VW weiterhin einer der größten Autohersteller der Welt sein. Und Nummer eins in der Elektromobilität. Und ein Vorbild bei Umwelt sowie Sicherheit. Keine Attribute, die auf eine Motorradmarke zutreffen.

Für einen Autokonzern ist es aber eine anspruchsvolle Vision. Die große Aufgabe für Müller und den Vorstand wird es sein, diese Vision im Alltag zu etablieren. Einem Alltag, in dem die Dieselkrise, wie man neuerdings in Wolfsburg sagt, immer noch eine große Rolle spielen wird. Denn bald zieht Larry Thompson in der Konzernzentrale ein. Also jener US-Aufseher, der ein weiteres Dieselgate verhindern soll. Allein seine Anwesenheit wird tagtäglich eine Erinnerung an den Abgasskandal sein.

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