
Ferdinand Piëch hat seinen Willen bekommen. Ehefrau Ursula ist heute von den Aktionären zum Mitglied des Aufsichtsrats gewählt worden – und damit offizieller Teil des Imperiums, das Gatte Ferdinand geschaffen hat. Mit der Nominierung seiner Ehefrau wollte Piëch für Kontinuität sorgen, hieß es Konzernkreisen. Ursula Piëch nimmt im Kontrollgremium auf der Kapitalseite den Platz von Tui-Chef Michael Frenzel ein, der nicht wieder kandidierte.
Sie sei „aufgeregt“ wegen der großen Aufgabe, aber guter Dinge - mehr ist der Neu-Aufseherin nach der Wahl vorerst nicht zu entlocken. „Gönnen Sie mir wie jedem anderen die ersten 100 Tage“, bittet Ursula Piëch die Journalisten um Verständnis. Ihr Mann glaubt an das Geschick seiner Vertrauten, wenn es darum geht, den mittlerweile umsatzstärksten Autohersteller der Welt mit zu beaufsichtigen: „Sie macht das mit Sicherheit noch besser als ich.“ Ein Ehepaar als Kontroll-Duo - das schmeckt jedoch nicht jedem.
Einige Investoren hatten Widerstand gegen Ursula Piechs Kandidatur angemeldet. Ingo Speich, Fondsmanager bei der Gesellschaft Union Investment sagte dem Handelsblatt: „Wir wollen gegen die Nominierung Piechs und seiner Frau stimmen, da das unserer Meinung nach gegen die Grundsätze guter Unternehmensführung verstößt“. Der Vorwurf lautete, Piech sorge als Aufsichtsratsvorsitzender nicht für eine hinreichende Zahl von unabhängigen Vertretern in dem Gremium. Mit der Wahl von Ursula Piëch stellen die Mitglieder der Familien Piëch und Porsche jetzt fünf von zehn Plätzen der Kapitalseite im Aufsichtsrat.
Einige hinterfragten auch die Eignung der Chef-Gattin, die auf der Tagesordnung der Hauptversammlung unter dem Punkt 5 „Wahl von Mitgliedern des Aufsichtsrats“ als „Kindergärtnerin, Horterzieherin mit zusätzlichen Prüfungsfach Wirtschaft und Recht (derzeit kein ausgeübter Beruf) vorgestellt worden war. Ein Kleinanleger schimpfte auf der Hauptversammlung: „Ich frage mich, was für eine Qualifikation eine gelernte Kindergärtnerin für einen Sitz im Aufsichtsrat eines technischen Weltkonzerns hat.“ Wer so denkt, tut der 55-Jährigen unrecht.
Das "neue Mädchen"
Der Aufstieg von Ursula Plasser aus Braunau in Oberösterreich beginnt in den Weihnachtsferien 1982 auf einer Steilstrecke in der Nähe der Berghütte von Ferdinand Piëch. Der 45-jährige Automanager ist damals Technikvorstand bei Audi, er hat neun Kinder mit drei Frauen, fünf aus einer "Jugend-Ehe", wie er es nennt, zwei mit Marlene Porsche, mit der er so gerade noch zusammenlebt und auf einen "unvermeidlichen Showdown" zusteuert, zwei weitere, "die aus einer anderen Connection entstammen".
Ferdinand Piëch, soeben genesen von einer Nierenkolik, unterweist die neue "Gouvernante", die sich einem Inserat gemäß durch ihre "Selbständigkeit" und "Mobilität" auszeichnen soll, im Allradfahren: "Ich ließ die Probandin an der steilsten Stelle, immerhin 17 Prozent, anhalten und wieder anfahren", schreibt Piëch in seiner "Auto.Biographie" und: "Zweimal würgte sie den Motor ab, und ich schmunzelte. Da hatte ich schon so irgendein Gefühl."
Das Gefühl hat ihn offenbar nicht getrogen. Das "neue Mädchen" erweist sich im Alltag als "fröhlich", sie hat "eine wunderbare Art, mit Kindern umzugehen", zeichnet sich durch "heitere Natürlichkeit" aus. Im September 1984 ist Hochzeit, die "neunzehn Jahre Altersunterschied und die drei Kinder unserer Ehe" halten Piëch auf Trab, das Familienleben macht ihn "ausgeglichener und lockerer".