VW ID.Buzz Wiedergeburt einer Legende

Der ID.Buzz in der überarbeiteten US-Version Quelle: PR

Volkswagen will auf dem amerikanischen Markt stärker punkten. Die nun präsentierte US-Version seines Elektrobusses VW.ID Buzz ist auf den amerikanischen Geschmack zugeschnitten und soll an alten Glanz erinnern.

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Pablo Di Si hat sich eine Menge wohlklingende Begriffe für die emotionalste Fahrzeugpräsentation seines Unternehmens des Jahres zurechtgelegt. Bedeutungsschwangere wie „spirituelle Reinkarnation“. Oder einfacher: Praktisch, spaßig, klassisch und unverwechselbar. Der Chef von Volkswagen Amerika ist für die Enthüllung der US-Variante des so gepriesenen VW ID.Buzz von seinem Hauptquartier an der Ostküste nach Huntington Beach gereist. Das kalifornische Küstenstädtchen mit seinen 15 Kilometern Sandstrand, rund dreißig Autominuten von Disneyland entfernt und als „Surf City“ bekannt, ist die ideale Kulisse dafür: Sonne, Sand und Surfer.

Genauer gesagt, seiner amerikanischen Variante, die zugleich das Debüt in Nordamerika ist. Die europäische Version des Elektrobusses wird bereits seit vergangenem Jahr auf dem alten Kontinent verkauft. Die Wartezeit in Deutschland beträgt derzeit sieben Monate.

Sein „amerikanischer Bruder“, der ebenfalls in Hannover gefertigt wird, soll ab nächstem Jahr in den USA verfügbar sein. Die nun in Kalifornien vorgestellte Variante wird dann auch in Europa angeboten werden.

Hält der elektrische Bully-Enkel, was VW versprochen hat?
Auf dem vollelektrischen Erbe des legendären T1-Busses liegen so viele Erwartungen, dass sich eigentlich schon im Stand die Achsen des ID. Buzz durchbiegen müssten. Schließlich war der T1 ein Volksheld. Er fuhr Deutschland ab 1950 durchs Wirtschaftswunder, zeigte Familien die große weite Welt und baute als Transporter die Bundesrepublik mit auf. In der Flower-Power-Zeit wurde der Bully endgültig Kult und selbst bei vielen Post-Millennials regt sich was, wenn ein Bully ihren Weg kreuzt. Eine echte Herausforderung für das Team um VW Chefdesigner Jozef Kaban. Aber die sagen: Kein Problem, ein Auto wie den T1 kann schließlich jedes Kind mit ein paar Linien zeichnen. Quelle: Volkswagen
Nun ja. Für den ersten E-Bus brauchte es etwas mehr als Unbekümmertheit und einen angespitzten Bleistift. Vor allem mehr Zeit. Genau genommen über 20 Jahre. Denn bereits 2001 stellte VW mit dem Microbus in den USA ihre Idee eines Retro-Bullys vor. Der Microbus ging nie in Serie. Im Gegensatz zum ID. Buzz. Der folgt nun ab November den Spuren seines Großvaters. Und die Fan-Gemeinde betet ihn schon jetzt an. Über 10.000 Bestellungen liegen bereits vor, gut 45 Prozent davon für die Cargo-Version. Diese Wette auf die elektrische Zukunft scheint also zu klappen, zumal alles Blindbestellungen sind. Noch kein Kunde hat je im ID. Buzz gesessen, geschweige denn ihn gefahren. Quelle: Volkswagen
Wir machen heute den Anfang und sind schockverliebt. Genau so musste er aussehen. „An Icon reloaded“ nennt es VW. Das grinsende Gesicht des ID. Buzz übersetzt den Charme des alten Bullis perfekt ins Heute. Viel macht die klassische Zweifarbenlackierung aus. Klar, eine Motorhaube gibt es nicht, nur eine Serviceklappe. Der Elektromotor sitzt auf der Hinterachse, also Hinterradantrieb, so wie damals. Zum Heck hin verliert der ID. Buzz optisch etwas an Spannung. Bullige Klappe, durchgehendes Lichtband. Eher modern als retro. Viel ist dem Cw-Wert von 0,285 geschuldet. Für so einen Kasten ein super Wert. Quelle: Volkswagen
Mit kompakten 4,70 Meter liegt der ID. Buzz zwischen Golf und Passat Variant. Inklusive Außenspiegeln ist er aber fast so breit wie ein VW Crafter. Im Innenraum merkt man das sofort. Auch weil das bislang größte Modell auf VWs Modularen-Elektro-Baukasten (MEB) einen Riesen-Radstand von fast drei Metern hat und seine Akkus im Unterboden verstecken kann. Platz gibt es hier also reichlich. Quelle: Volkswagen
Aktuelle Crashnormen lassen ein flaches Front-Layout wie beim T1 kaum zu. Und wohin auch mit all den Sensoren? Also sitzt man nicht wie früher direkt auf der Achse, sondern knapp dahinter. Heißt auch: reichlich luftiger Raum bis zur Scheibe, der aber optisch geschickt kaschiert ist. Beim Fahren geht das so weit, dass man tatsächlich fast denkt, auf den Rädern zu sitzen. Das Lenkrad etwas flacher gestellt, dazu ein Wendekreis im Golf-Format, der sich im ID. Buzz so mini anfühlt wie bei einem Scooter auf dem Jahrmarkt. Perfekte Illusion. Quelle: Volkswagen
Wir sitzen vorne – erhöht und bequem – hinter einem Cockpit, das uns zumindest in Teilen bekannt vorkommt. Die Displays, 5,3 und 10 Zoll groß (optional 12 Zoll), kennen wir aus der ID-Familie. Eine Sim-Karte ist immer integriert, das Multimedia-System auf neuestem Stand und verbunden mit allerlei Online-Diensten. Eine große Box zwischen den Sitzen schluckt reichlich Kleinkram, wer sie nicht braucht, hakt sie mit einem Handgriff einfach aus. Quelle: Volkswagen
Vieles sieht hier eher klassisch aus und doch gibt es kleine Details, die das Vorbild zitieren. Wie zum Beispiel in Wagenfarbe abgestimmte Kunststoffteile. Tomasz Bachorski war für den Innenraum verantwortlich und nennt den ID. Buzz sein bislang „emotionalstes Projekt”. Der ID. Buzz fährt komplett vegan, also lederfrei. Inklusive Lenkrad, das einen Kranz aus synthetischem Material hat. Zunächst fährt der Bus nur als Fünfsitzer mit zwei seitlichen Schiebetüren vor, ganz konventionell mit zwei Sitzen vorne sowie einer geteilt umlegbaren und verschiebbaren Rücksitzbank. Ab Ende 2023 kommt der E-Bus dann mit längerem Radstand, nimmt sieben Passagiere mit, oder in der Business-Version dreimal zwei hintereinander. Quelle: Volkswagen

Angeblich stapeln sich bei den Volkswagen-Händlern in den USA schon seit Jahren die Bestellungen dafür. Noch bevor die US-Zentrale ihnen überhaupt erlaubte, den ID.Buzz zu ordern.

Es geht nicht nur um einen praktischen Kleinbus, sondern auch um ein Lebensgefühl. Einen Ausflug in die Kindheit oder vielmehr die der Eltern, als der VW-Bus mit Surfbrett auf dem Dach durch Kalifornien und die sonnigen Weiten des Westens kurvte. Noch heute zieren liebevoll restaurierte Exemplare mit dem übergroßen VW-Logo Straßenfeste und Automessen. Beetle und Bus – das ist VW-Nostalgie pur.

Für Volkswagen geht es mehr als nur ums Geschäft. Sicher, der Konzern will oder vielmehr muss stärker in den USA punkten, wo Volkswagen nur 2,3 Prozent Marktanteil hat. Dort ist 2021 der Turnaround vor allem mit Hilfe der in den USA begehrten SUV gelungen. Volkswagen verdient dort endlich ordentlich Geld und muss nicht mehr wie früher von der Zentrale in Wolfsburg bezuschusst werden. Mehr noch: Künftig will man nicht nur lokaler werden, näher am amerikanischen Kunden, durch eigene Werke in den USA und Mexiko, sondern auch die Kosten dafür selbst schultern und so mehr Autonomie erlangen.

Es geht auch um Imagepflege. Nicht nur wegen des Dieselskandals, der mittlerweile in den USA allerdings fast vergessen ist. Sondern auch, um den „Spaß wieder in die Marke“ zu bringen, wie es Pablo Di Si formuliert.

Quelle: PR

Was eignete sich da mehr als die elektrifizierte Wiedergeburt einer Ikone, die für eine bessere Zeit steht – zumindest in der Erinnerung. „Der Bus wird zu unserem Markenhelden in Amerika“, verspricht Di Si, gebürtiger Argentinier. Seine US-Version ist genau das, was man erwartet: Größer, kraftvoller, mit stärkerem Akku und einer dritten Sitzreihe, Allradantrieb mit 330 PS auf Wunsch. Klischee? Vielleicht. Es ist das, von dem VWs Entwickler glauben, dass es die amerikanische Kundschaft von ihnen erwartet.

Und was auch in Europa ziehen wird. Denn die in Deutschland produzierte „US-Variante“ wird auch dort im nächsten Jahr offeriert werden – mit nur minimalen Unterschieden. Die optionalen belüfteten Sitze etwa wird es in Europa nicht geben. Die Beleuchtung des großen VW-Logos auf der Front ist in Deutschland nicht gestattet.

Umgekehrt wird es die kürzere europäische Variante mit den zwei Sitzreihen allerdings nicht in den USA geben.

Genau wie der ursprüngliche Bus ist auch die dreireihige Variante mit einem Heckmotor ausgestattet. Er leistet 282 PS, 81 PS mehr als die derzeit in Europa offerierte Version. Der Akku hat eine Kapazität von 91 kWh versus 82 kWh beim Zweireiher. Was das Mehr an Reichweite bedeutet, dazu macht VW noch keine Angabe. Bei den 82kWh wird sie mit 420 Kilometer angegeben, 460 Kilometer nach WLTP könnten also drin sein.

Elektrischer Minicamper für zwei
Auf der Stuttgarter Freizeitmesse CMT (Caravaning, Motor, Touristik) feiert ein erster Camper-Ausbau für den ID.Buzz Premiere Quelle: SPX Michael Lennartz
Der Bankunterbau wird für drei Schubladen genutzt. Eine davon beherbergt eine 20-Liter-Kompressor-Kühlbox, die anderen beiden dienen als Stauraum Quelle: SPX Michael Lennartz
Mit einem Tarif deutlich jenseits der 80.000 Euro ist zu rechnen Quelle: SPX Michael Lennartz
 pinecamper, ein kleiner Hersteller und Spezialist für Mini-Camper verwandelt den E-Bulli in ein hippes Fahrzeug für das boomende „Vanlife“ Quelle: SPX Michael Lennartz

Ein neuer Elektromotor erhöht die Höchstgeschwindigkeit auf 159 Stundenkilometer gegenüber 145 Stundenkilometern.

Bei der Größe wurden durch den längeren Radstand knapp zehn Zentimeter aufgeschlagen auf nun 192,5 Zentimeter Länge. Mit knapp zwei Metern ist er ungefähr so breit wie VWs SUV Atlas, aber zwölf Zentimeter höher, also 1,90 Meter Höhe. Wie die Menschen ist also auch der ID.Buzz voluminöser geworden, das Original aus den 1950er-Jahren war kleiner und schmaler. Auch der Komfort ist dem neuen Jahrtausend angepasst, mit zwölffach elektrisch verstellbaren Fahrer- und Beifahrersitzen mit Doppelarmlehnen, zusätzlich mit Massagefunktion. Und einem serienmäßigen Fahrassistenzsystem auf dem sogenannten Level-2-Niveau mit Verkehrsschilderkennung. Ein automatisches Einparksystem gibt es optional.

Serienmäßig sind sieben Sitzplätze an Bord. Die zweite und dritte Sitzreihe lässt sich flach zusammenklappen. Die dritte Sitzreihe kann auch ganz herausgenommen werden. Das macht den Bus zu einem idealen Campervan, gerade mit seiner großen Batterie, die auch Heizung und Kühlschrank versorgen kann. Theoretisch zumindest, denn einen Camping-Modus wie ihn etwa Tesla offeriert, bietet Volkswagen nicht an. Das hätte gut zum Flower-Power-Gefühl gepasst, soll jedoch später auch angeboten werden.

Über den Preis des dreireihigen ID.Buzz schweigt sich Volkswagen noch aus. Die derzeit in Europa offerierte Variante mit zwei Reihen kostet mindestens 64.500 Euro. Der Preis für die Version mit mehr Platz und höherer Reichweite dürfte wahrscheinlich 10.000 Euro darüber liegen, abhängig davon, wie sich die Kosten für Akkus entwickeln.

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Di Si ist überzeugt, dass der ID.Buzz in den USA ein Verkaufsschlager wird. Die Herausforderung wird eher sein, die Wagen auf die rund 600 Vertragshändler gerecht zu verteilen. Und dafür zu sorgen, dass diese nicht unerhörte Aufschläge dafür verlangen. Man werde, so gelobt Di Si, „für Fairness sorgen.“

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