VW-Marken-Chef Herbert Diess Martin Winterkorns Mann fürs Grobe

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Schwierige Suche nach Mitstreitern

Diess verkörpert für Winterkorn den ersten Schritt hin zu einer neuen Firmenkultur: dezentraler, weniger hierarchisch und – so die große Hoffnung – direkter und schneller. Der gebürtige Münchner soll, da sind sich Ex-Kollegen und Geschäftspartner einig, die Projektkultur seines bisherigen Arbeitgebers bei VW etablieren.

Wie schwierig es ist, bei VW neue Verbündete zu finden, merkte zuletzt etwa Wolfgang Dürheimer. Dabei kam der, anders als Diess, aus dem Konzern, von einer anderen Tochter: Einst Porsche-Manager, war Dürheimer 2012 als Entwicklungsvorstand zu Audi gewechselt. Der Manager, der bei Porsche die Erfolgmodelle Cayenne, Panamera und 918 Spyder entwickelt hatte, stieß in Ingolstadt auf Ablehnung. Sein straffes Regime stieß bei den Audianern auf Ablehnung, nach zehn Monaten löste VW-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg Dürheimer ab. Hackenberg kannte die verflochtenen Entscheidungslinien in Ingolstadt aus seiner Zeit als Chef der Konzeptentwicklung und Elektronik bei Audi.

Die Baustellen des VW-Konzerns
VW in den USA Quelle: dpa
Winterkorn mit dem Chinesischen Vize-Premier Ma Kai Quelle: obs
VW Quelle: dpa
MAN Quelle: dapd
Hauptwerk in Wolfsburg Quelle: dpa

Diess, sagen Kenner, wird dennoch wenig kompromissbereit zu Werke gehen: „Er wird die Probleme bei VW ohne Rücksicht auf Verluste anpacken, auch auf das Risiko hin, dass er selbst nach ein paar Monaten wieder rausgeworfen wird“, sagt ein ehemaliger BMW-Manager. In München war Diess als „harter Hund“ verschrien. „Er hat stark polarisiert“, sagt ein Weggefährte. Viele würden ihm „nicht nachtrauern“.

Mittelmäßigkeit akzeptiert Diess nicht

Dass eisiges Klima Diess wenig stört, ist vielfach überliefert. Gegenüber Zulieferern trat er mit einer solchen Härte auf, dass einige von ihnen die Zusammenarbeit beenden wollten. „Mancher hat mit Lieferstopp gedroht. Diess musste zurückrudern“, erinnert sich ein Kfz-Ausstatter. Die miese Stimmung bei den Lieferanten soll dazu beigetragen haben, dass der damalige BMW-Chef Reithofer Diess 2012 vom Einkaufsressort abzog.

Ex-Kollegen beschreiben Diess als Mann der Extreme. Bloßes Bemühen und Mittelmäßigkeit akzeptiere er nicht. Wer Leistung bringe, den fördere er. Diess sei ein Teamplayer, aber keiner mit ausgewiesener „sozialer Komponente“. Er sehe das Team als Ort des Wettbewerbs. Respekt verschaffen sich Mitarbeiter bei Diess offenbar, wenn sie ihre Meinung standhaft vertreten – selbst wenn sie nicht mit ihm übereinstimmen. „Klare Kante akzeptiert er. Gerät einer ins Wanken, nutzt er diese Schwäche und beginnt zu bohren“, sagt ein Ex-Mitarbeiter.

Rigorosität und Unnachgiebigkeit in der Sache sind, selbst wenn Diess den VW-Aufsichtsrat überzeugen sollte, kein Garant für den Erfolg. Er wird viel Zeit brauchen, um die VW-Unternehmenskultur zu ändern.

Trotzdem kann Diess hoffen, dass ihm das Schicksal seines Vorgängers Wolfgang Bernhard erspart bleibt. Der war 2005 von Daimler in Stuttgart nach Wolfsburg gewechselt. Ähnlich wie Diess sollte er die Verantwortung unter anderem für die Marken Volkswagen und Skoda übernehmen. Bernhard eckte mit seiner harten, aber geradlinigen Art im intrigengeplagten VW-Konzern extrem an. Trotz des Streits mit der IG Metall schaffte er es aber, Mitarbeiter und Manager hinter sich zu bringen. Dass es nach zwei Jahren zum Bruch kam und Bernhard heute wieder für Daimler arbeitet, lag daran, dass Bernhard Aufsichtsratschef Piëch zu mächtig geworden sein soll.

Inzwischen hat der Patriarch das Feld geräumt – und Diess einen machtbewussten und gefährlichen Aufpasser weniger.

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