
Der Auftrag ist heiß: die Aufklärung des Abgasskandals bei Volkswagen. Im Herbst hat der VW-Aufsichtsrat damit die US-Kanzlei Jones Day betraut.
In eigener Sache verkörpert die Großkanzlei mit 2400 Anwälten jedoch nicht gerade den Geist der Aufklärung und Transparenz. Das legen Ungereimtheiten nahe, die lange als „Billing-Affäre“ (Abrechnungsaffäre) durch die Kanzlei geisterten. Widersprüchliche Aussagen eines Jones-Day-Anwalts, interne Unterlagen und eidesstattliche Versicherungen zeichnen das Bild einer Kanzlei, die bei Mandanten offenbar eine Zeit lang zu viel kassierte, dies dann aber wohl mit Geld und Schweigen zu vertuschen suchte.





Ein Ermittlungsverfahren in dieser Sache hat die Staatsanwaltschaft München zwar eingestellt. Zivilrechtliche Ansprüche blieben davon unberührt, heißt es jedoch in dem Beschluss. Pech für die Betroffenen: Weil der Fall unter der Decke blieb, sind mögliche Ansprüche gegen Jones Day verjährt.
Die Affäre nahm ihren Ausgang, als die Kanzlei 2003 in München antrat, um im lukrativen Patentrecht Fuß zu fassen. Die Fälle erfordern viel Verwaltungsaufwand, wofür Kanzleien den Mandanten häufig üppige Pauschalen berechnen. Genau damit handelte sich Jones Day jedoch die „Billing-Affäre“ ein. Denn viele Mandanten hatten mit der Kanzlei keine Pauschalen, sondern nur die Abrechnung tatsächlich geleisteter Anwaltsstunden vereinbart.
Die Abgas-Tests in Deutschland und Europa
Neue Modelle werden in Deutschland und der EU nach dem Modifizierten Neuen Fahrzyklus (MNEFZ) getestet. Die Tests laufen unter Laborbedingungen, das heißt auf einem Prüfstand mit Rollen. Dies soll die Ergebnisse vergleichbar machen. Der Test dauert etwa 20 Minuten und simuliert verschiedene Fahrsituationen wie Kaltstart, Beschleunigung oder Autobahn-Geschwindigkeiten.
Getestet wird von Organisationen wie dem TÜV oder der DEKRA unter Beteiligung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA). Dieses untersteht wiederum dem Verkehrsministerium.
Die Prüfungen der neuen Modelle werden von ADAC und Umweltverbänden seit längerem als unrealistisch kritisiert. So kann etwa die Batterie beim Test entladen werden und muss nicht - mit entsprechendem Sprit-Verbrauch - wieder auf alten Stand gebracht werden. Der Reifendruck kann erhöht und die Spureinstellungen der Räder verändert werden. Vermutet wird, dass etwa der Spritverbrauch im Alltag so häufig um rund ein Fünftel höher ist als im Test.
Neben den Tests für neue Modelle gibt es laut ADAC zwei weitere Prüfvorgänge, die allerdings weitgehend in der Hand der Unternehmen selbst sind. So werde nach einigen Jahren der Test bei den Modellen wiederholt, um zu sehen, ob die Fahrzeuge noch so montiert werden, dass sie den bisherigen Angaben entsprechen, sagte ADAC-Experte Axel Knöfel. Zudem machten die Unternehmen auch Prüfungen von Gebrauchtwagen, sogenannte In-Use-Compliance. Die Tests liefen wieder unter den genannten Laborbedingungen. Die Ergebnisse würdem dann dem KBA mitgeteilt. Zur Kontrolle hatte dies der ADAC bei Autos bis 2012 auch selbst noch im Auftrag des Umweltbundesamtes gemacht, bis das Projekt eingestellt wurde. In Europa würden lediglich in Schweden von staatlicher Seite noch Gebrauchtwagen geprüft, sagte Knöfel.
Die EU hat auf die Kritik am bisherigen Verfahren reagiert und will ab 2017 ein neues, realistischeres Prüfszenario etablieren. Damit sollen auch wirklicher Verbrauch und Schadstoffausstoß gemessen werden ("Real Driving Emissions" - RDE). Strittig ist, inwiefern dafür die bisherigen Abgas-Höchstwerte angehoben werden, die sich noch auf den Rollen-Prüfstand beziehen.
Um dennoch auf die mitunter lukrativen Pauschalen zu kommen, soll der ehemalige Leiter der Jones-Day-Patentabteilung die üblichen Pauschalen in fiktive Arbeitsstunden umgerechnet und den Mandanten als tatsächlich geleistete Arbeitszeit in Rechnung gestellt haben. Das berichteten mehrere Jones-Day-Mitarbeiter gegenüber der WirtschaftsWoche.
Als der geschäftsführende Gesellschafter der Kanzlei in Washington davon erfuhr, schickte er einen Partner nach München, um die Vorfälle zu untersuchen. Danach erstattete Jones Day mehreren Mandanten einen Teil des gezahlten Honorars. In einem Schreiben, das der WirtschaftsWoche vorliegt, begründeten die Anwälte die Maßnahme mit vereinheitlichten Abrechnungsmethoden infolge des Wachstums der Kanzlei. Tatsächlich aber könnte es sich um Entschädigungen für zu hohe Rechnungen gehandelt haben.