VW-Tochter in der Krise Audi steht am Scheideweg

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Der Bestseller A4 verkauft sich schlechter als gedacht

Dazu kommen die zahlreichen Wechsel an der Spitze der Entwicklungsabteilung. 2012 ging Michael Dick, bereits ein Jahr später wurde (mangels vorzeigbarer Erfolge) Wolfgang Dürheimer abgezogen und durch den Winterkorn-Getreuen Ulrich Hackenberg ersetzt. Hackenberg war bereits von 2002 bis 2007 Entwicklungschef in Ingolstadt und brachte in dieser Zeit mit dem Modularen Längsbaukasten den Grundstein für den zwischenzeitlichen Audi-Erfolg. Wegen einer möglichen Verwicklung in den Abgasskandal musste er 2015 gehen. Sein Nachfolger Stefan Knirsch musste 2016 gehen, ebenfalls wegen der Dieselaffäre. Andere leitende Entwickler wurden beurlaubt oder gekündigt. Nicht nur ein Verlust an Wissen, sondern auch eine Quell der Unruhe: Jeder neue Vorgesetzte drückt der Abteilung seinen Stempel auf. Passiert das ständig, verunsichert das die Belegschaft – und sorgt in der Entwicklung für halbgare und potenziell fehlerhafte Lösungen.

2. Modelle unter Plan

Die Probleme mit Zulieferern gehen über mangelnde Qualität bei früheren Jahrgängen hinaus. Beim neuen A8 etwa, der im vergangenen Sommer als Technik-Flaggschiff der Ingolstädter vorgestellt wurde, kommt es zu Lieferverzögerungen. Randak sieht hier nicht gelöste Probleme mit Zulieferern als Ursache. Vor allem bei den Sitzen soll es Verzögerungen geben. „Der neue A8 ist bis heute nicht mit allen Features bestellbar, weil einige Teile nicht verfügbar oder schlicht nicht zu Ende entwickelt sind“, sagt Randak. „Das kennen wir von anderen Herstellern in dieser Form nicht.“

Diese Dienstwagen kommen 2018
Audi A6 Quelle: Audi
Audi A7 Quelle: Audi
BMW 3er Quelle: BMW
Ford Focus Quelle: Ford
Hyundai i40 Quelle: Hyundai
Peugeot 508Im Segment der Mittelklasse-Limousinen und vor allem -Kombis hat der Peugeot 508 bislang kaum eine Rolle gespielt – zumindest in Deutschland. Das soll die Neuauflage 2018 ändern. Bei der Limousine geht das Design eher in Richtung viertüriges Coupé, der Kombi soll ein halbes Jahr später kommen. In beiden Fällen stammt die Technik von der EMP2-Plattform des PSA-Konzerns, auf der unter anderem auch der Citroën C4 Picasso aufbaut. Der neue Konzernbruder Opel Insignia basiert hingegen noch auf einer Plattform von GM. Quelle: Peugeot
Mercedes A-Klasse Quelle: Daimler

Beim A8 sind derartige Verzögerungen in erster Linie peinlich. Zum einen, weil es das Aushängeschild der Marke ist. Zum anderen, weil die A8-Käufer meist treue Audi-Fahrer sind, die besonders viel Geld für ihre neue Luxuslimousine in Ingolstadt lassen. Für das Unternehmen bedrohlicher wäre es aber, wenn sich solche Probleme durch den ganzen Baukasten ziehen: Der neue A7 Sportback kommt demnächst in den Handel, die Business-Limousine A6 wird im März auf dem Genfer Autosalon vorgestellt. Beide Modelle greifen ebenfalls auf den Modularen Längsbaukasten (MLB) zurück. Sind einige der mit dem A8 als Innovation hinzugekommenen Baukasten-Features nicht verfügbar oder fehlerhaft, sorgt das bei A6 und A7 alleine schon wegen der höheren Stückzahlen für „gravierende Probleme“, wie Randak es ausdrückt.

Weitere gravierende Probleme kann Audi nicht brauchen, denn bereits der Bestseller A4 liegt beim Absatz unter den Plänen der Unternehmenszentrale. Erst Ende 2015 kam das von Grund auf neu entwickelte Modell in den Handel. 2017, also erst im zweiten vollen Produktionsjahr, soll der Absatz drei Prozent unter Plan sein – und auch das schon nur dank hoher Rabatte, wie es heißt. Die Zeiten, in denen sich ein neuer A4 von allein verkaufte, sie scheinen vorbei.

Das verärgert nicht nur die Belegschaft im Stammwerk Ingolstadt, wo die Auslastung nach der Verlagerung des Q5 in das neue Werk in Mexiko ohnehin gesunken ist. Der Betriebsrat erhöht vorsorglich den Druck. „Der gesamte Vorstand ist gefordert, die Untersuchungen weiter gründlich und zügig zum Abschluss zu bringen“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Peter Mosch der WirtschaftsWoche. „Das ist verdammt wichtig für unsere Kunden und unsere Belegschaft. Vor allem aber auch, weil wir endlich wieder gegenüber unseren Wettbewerbern richtig Vollgas geben müssen.“ Auch die Händler begehren auf, weil von Audi versprochene Verkäufe nicht eingehalten werden konnten.

Mit zwei großen Modellpflege-Aktionen will Audi gegensteuern und so den Absatz retten. Ein neues, mutigeres Design soll den Wandel auch nach außen zeigen. Doch Änderungen im Blech sind teuer, da auch die Produktionsmaschinen umgebaut werden müssen. Auf bis zu 700 Millionen Euro schätzt das „Handelsblatt“ die Kosten für die A4-Runderneuerung. Audi wollte die Zahlen nicht kommentieren.

Wie ein Facelift eigentlich abläuft, zeigt derzeit Mercedes: Die C-Klasse, seit März 2014 auf dem Markt, wird in diesem Jahr erneuert. Der Innenraum wird überarbeitet (wenn auch nicht auf den aktuellsten Stand), das Design außen wird nur moderat angepasst: Front- und Heckleuchten bekommen eine neue Lichtgrafik, zudem werden die Kunststoff-Stoßstangen leicht umgestaltet. Das Blechkleid bleibt aber unberührt.

Der A4 ist zwar das größte, aber nicht das einzige Sorgenkind. Auch der Q5 soll sich schlechter verkaufen als erwartet. Im Kern ist der Vorwurf der Kundschaft der gleiche: Das Design unterscheidet sich kaum vom Vorgänger und ist viel zu brav.

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