VW und Prevent Bafin und Politik erhöhen Druck auf VW

In den Verhandlungen zwischen Volkswagen und den beiden Zulieferern ist keine schnelle Einigung in Sicht. Jetzt bekommt der Konzern Gegenwind aus der Politik – wegen des Antrags auf Kurzarbeitergeld.

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VW Golf Quelle: dpa

Bei den Verhandlungen zwischen Volkswagen und zwei Lieferanten deutet sich auch nach mehr als 19 Stunden kein Durchbruch an. Man arbeite weiter an einer Lösung, erklärten Sprecher beider Seiten in den frühen Morgenstunden am Dienstag. Wie die Deutsche Presse-Agentur von mehreren Personen aus Verhandlungskreisen erfahren hat, laufen die Gespräche auch am Dienstagmorgen noch. Eine der Personen sprach von einer positiven Entwicklung der Gespräche.

„Es gibt noch ein paar Detailpunkte, an denen es hakt“, sagte der Sprecher der Prevent-Gruppe am Dienstagmorgen. Er bezeichnete die Chancen für eine Einigung mit 50:50. Ein VW-Sprecher sagte, die Verhandlungen dauern an.

Die Gespräche in Wolfsburg zwischen VW sowie Car Trim, ES Automobilguss und der Prevent Group über eine gütliche Lösung im Streit über ausgesetzte Teile-Lieferungen waren am Montagnachmittag aufgenommen worden. Fast 30.000 VW-Beschäftigte müssen in den kommenden Tagen zuhause bleiben, weil ihnen wegen fehlender Bauteile die Arbeit ausgeht.

Diese VW-Werke waren von dem Lieferstopp betroffen

Während in einigen Werken die Mitarbeiter in den Zwangsurlaub verabschiedet wurden, hat Volkswagen im Werk Emden Kurzarbeit beantragt – und zieht damit den Unmut einiger Politiker auf sich. Kurzarbeit sei „keine Streikkasse für Unternehmen, die sich im Wirtschaftskampf befinden“, sagte CDU-Politiker Karl Schiewerling als arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag der „Süddeutschen Zeitung“. „Zwei streiten sich, und die Folgen tragen Dritte.“

Unterstützung für VW aus der SPD

VW beantragte zum Beispiel bereits für 7500 Beschäftigte im Werk Emden konjunkturelles Kurzarbeitergeld: Die Arbeitszeit kann demnach „infolge wirtschaftlicher Ursachen oder eines unabwendbaren Ereignisses“ vorübergehend verkürzt werden, den Angestellten wird entgangener Lohn teilweise von der Bundesagentur für Arbeit ersetzt.

Der Mittelstandsbeauftragte der Grünen-Bundestagsfraktion, Thomas Gambke, sagte der „Rheinischen Post“: „Es ist nicht in Ordnung, dass der Beitragszahler belastet wird, weil ein Konzern mit seinen Zuliefererfirmen einen kaufmännischen Konflikt ausficht“, sagte er. „Das geht gar nicht.“

Die SPD (über Niedersachsen als Großaktionär mit Ministerpräsident Stephan Weil und Wirtschaftsminister Olaf Lies im Aufsichtsrat vertreten) äußerte laut „Süddeutscher Zeitung“ Verständnis für die Entscheidung des Konzerns. Die Situation gehe vor allem zu Lasten der Beschäftigten, sagte die SPD-Arbeitsmarktpolitikerin Katja Mast dem Blatt. Dies lasse sich durch das Kurzarbeitergeld zum Teil auffangen.

Ähnlich äußerte sich der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD, Bernd Westphal. Das Kurzarbeitergeld werde aus einem Topf bezahlt, in den Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzahlten, sagte Westphal dem Deutschlandfunk. Im speziellen Fall könnten die Arbeitnehmer am wenigsten für das Problem. Würde es hingegen zu Entlassungen kommen, wären die Kosten für das Gemeinwesen weitaus größer. Daher sei die Überbrückung durch das Kurzarbeitergeld angemessen.

Auch die Bafin ermittelt wegen des Produktionsstopps

Westphal forderte Fairness im Umgang zwischen Automobilbauer und -zulieferern ein. „Das ist hier in diesem Fall wahrscheinlich nicht passiert“, sagte er. Er äußerte die Hoffnung, dass noch in dieser Woche eine Einigung zwischen den Streitenden gelingt. Wenn es gewollt wäre, könnte auch die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen als Vermittler auftreten. Doch er sehe derzeit nicht, dass das nötig sei.

Auch an anderer Stelle rückt der Produktionsstopp bei VW in den Fokus: Die Finanzaufsichtsbehörde Bafin prüft, ob der Konzern die Öffentlichkeit früher über die Probleme hätte informieren müssen. „Wir werden uns das Ganze anschauen“, sagte eine Behördensprecherin. Die Bafin werde prüfen, ob es sich bei dem Streit mit Zulieferern und dem folgenden Produktionsstopp um eine Insiderinformation gehandelt habe, die Volkswagen hätte veröffentlichen müssen.

Diese Zulieferer sind besonders abhängig von VW
Platz 15: Thyssen-KruppIm Geschäftsjahr 2014 erwirtschaftete Thyssen-Krupp durch Geschäfte mit Volkswagen einen Umsatz von rund 2 Milliarden Euro. Die Summe macht allerdings lediglich 5 Prozent am Gesamtumsatz aus. Angaben beruhen auf Geschäftsberichte, Unternehmenspräsentationen, Berechnungen und Schätzungen. Quelle: Bloomberg, HRI Stand: 28. September 2015 Quelle: dpa
Platz 14: LeoniDie Leoni AG aus Nürnberg ist als Hersteller von Kabeln und Drähten auf Bordnetz-Systeme spezialisiert. Als Zulieferer für Volkswagen machte das Unternehmen 2014 einen Umsatz von 243 Millionen Euro, das waren 6 Prozent des Gesamtumsatzes. Quelle: dpa
Platz 13: RheinmetallAuch Rheinmetall erzielt 6 Prozent seines Gesamtumsatzes mit VW, 294 Millionen Euro waren es im Geschäftsjahr 2014. Quelle: dpa
Platz 12: ZF FriedrichshafenRund 1,5 Milliarden Euro erlöste der Konzern mit den Wolfsburgern, 9 Prozent des Gesamtumsatzes im Geschäftsjahr 2014. Quelle: dpa
Platz 11: ContinentalDer Dax-Konzern erwirtschaftete durch VW-Aufträge im Geschäftsjahr 2014 einen Umsatz von rund 3 Milliarden Euro, die immerhin 9 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachten. Quelle: dpa
Platz 10: DelphiDer US-Zulieferer Delphi Automotive setzte bei Geschäften mit VW 2014 rund 1,2 Milliarden Euro um – 10 Prozent des Gesamtumsatzes. Quelle: dpa
Platz 9: Elring-KlingerDer unter anderem auf Zylinderkopf und Spezialdichtungen spezialisierte Konzern machte durch Geschäfte mit VW absolut den geringsten Umsatz in der Rangliste: lediglich 142 Millionen Euro. Die Summe machte trotzdem 10 Prozent des Gesamtumsatzes im Geschäftsjahr 2014 aus. Quelle: dpa

Einem VW-Sprecher zufolge weiß der Konzern nichts von der Bafin-Untersuchung. „Wir sind der Auffassung, unsere kapitalmarktrechtlichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt zu haben“, teilte er schriftlich mit.

Im Verlauf der vergangenen Woche hatte es unbestätigte Informationen gegeben, dass VW wegen der Lieferprobleme Kurzarbeit in größerem Umfang drohen. Freitagmorgen hatte der Konzern dann per Pressemitteilung über den bevorstehenden Produktionsstopp in Teilen der Fertigung in wichtigen Werken berichtet.

Nach dem VW-Abgasskandal hatte die Bafin bereits Anzeige gegen heutige und frühere Manager von Volkswagen gestellt. Die Staatsanwaltschaft hatte daraufhin Ermittlungen gegen Ex-Konzernchef Martin Winterkorn und VW-Markenvorstand Herbert Diess eingeleitet. Der VW-Konzern ist auch in diesem Fall der Überzeugung, seine Mitteilungspflichten erfüllt zu haben.

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