VW-Werk Chattanooga Der schwere Stand der US-Gewerkschaften

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Immer schwerer gute Qualität zu produzieren

„Wir haben sogar Anwälte zurate gezogen, um eine Lösung zu finden, wie wir unsere Mitarbeiter längerfristig an uns binden können. Etwa durch mehr Gehalt oder andere Vorteile, wenn er einen mehrjährigen Vertrag unterschreibt“, sagt Juerges. „Aber das ist in Tennessee per Gesetz nicht möglich.“

Dazu kommt, dass viele Amerikaner bereits für ein geringes Lohnplus den Arbeitgeber wechseln und sogar größere Umzüge auf sich nehmen. Ein Beispiel: Als General Motors die im Zuge der Krise 2009 stillgelegte Fabrik in Spring Hill reaktivierte, haben sie mit großflächigen Anzeigen im Umfeld eines nahegelegenen Nissan-Werks geworben. Da GM besser zahlte, konnten sie sich die besten Nissan-Angestellten sichern.

Wie bei Juerges‘ H&D Corporation geht so wichtiges Knowhow verloren – und wenn noch zur direkten Konkurrenz, ist das umso schmerzhafter. Auch VW ist davon nicht verschont: Aus dem Umfeld des Werks in Chattanooga ist zu hören, dass jedes Jahr rund ein Viertel des Personals das Unternehmen wechselt. Mit dieser Fluktuation ist es umso schwerer, gute Qualität zu produzieren.

von Stefan Grundhoff, Rebecca Eisert, Martin Seiwert

Das Werk in Chattanooga gerät in Deutschland immer wieder in die Schlagzeilen: 2014 hatte die gesamte Belegschaft mit 712 zu 626 Stimmen gegen den Beitritt zur UAW gestimmt – ob auf Druck des Managements oder der allgemeinen Gewerkschafts-Skepsis in den Südstaaten sei dahingestellt. Dabei war es schon mehr als unüblich, dass es überhaupt zu dieser Abstimmung gekommen war.

Die gewerkschaftliche Organisation ist für VW aber immer noch nicht ausgestanden: Inzwischen haben sich die Mitarbeiter der Instandhaltung mit 108 zu 44 Stimmen für die UAW ausgesprochen. Volkswagen weigert sich allerdings bis heute, mit den auf Wartungsarbeiten spezialisierten Angestellten einen eigenen Tarif auszuhandeln – man wolle die Belegschaft nicht spalten.

Die US-Behörde für Arbeitsbeziehungen (NLRB) hat im April Volkswagen zwar angewiesen, die Tarifverhandlungen aufzunehmen, doch gegen den Bescheid haben die Niedersachsen inzwischen Berufung eingelegt. Das Argument ist das gleiche: Man wolle keine Trennung der Belegschaft in Mitarbeiter der Produktion und der Instandhaltung.

Die Entscheidung über die Berufung steht noch aus. Egal ob sie für oder gegen die Gewerkschaft ausfällt, die Gesamtsituation wird nicht einfacher.

Für Hübner und das Transatlantic Labor Institute gibt es also noch viel zu tun.

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