Werbesprech

Was Opel besser macht als andere Auto-Hersteller

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Ist das Werbung oder kann das weg?

Dass die Zielgruppe, die Käufer und Autofahrer, in den Mittelpunkt der Strategien gehören, hat sich scheinbar bei zu vielen Automobilherstellern noch nicht herumgesprochen. Umso mehr Aufsehen erregte Opel, als man vor zwei Jahren die Marketingspezialistin Tina Müller (auch noch eine Frau!) ins Management Board der Opel Group holte. Das Ergebnis war nicht nur die spektakuläre „Umparken im Kopf“-Kampagne, sondern damit auch eine ansehnliche Steigerung der Absatzzahlen.

Mit einem Neuwagen-Absatzplus von zuletzt 13 Prozent steigerte man bei Opel auch den Marktanteil erstmals seit vier Jahren.

Auto-Werbung, die die Deutschen nicht kapieren
Die Kölner Agentur Endmark hat das Verständnis englischsprachiger Werbesprüche in der Autobranche untersucht. Dafür wurden rund 1000 Personen im Alter zwischen 18 und 59 Jahren befragt. Fiat wirbt mit "Simply more" - "Einfach mehr" und erreicht damit satte 72 Prozent der Probanden. Ein skurriler Übersetzungsversuch lautete etwa: "Ein einfaches Morgen". Quelle: Screenshot
59 Prozent der Probanden konnten mit Hondas "Power of Dreams" - "Die Kraft der Träume" etwas anfangen. Doch es gab auch skurrile Übersetzungsversuche wie: "Das Puder der Träume". Quelle: Screenshot
In Sachen Verständlichkeit ebenfalls noch ganz gut dabei ist Peugeot. Immerhin 58 Prozent der Befragten verstanden den Slogan "Motion & Emotion" richtig. Gemeint ist "Bewegung und Gefühl". Einige Probanden übersetzten die Werbebotschaft aber auch als "Motoren mit Gefühlen" oder, besonders schön: "Umzug mit Gefühl". Quelle: Screenshot
"Drive the Change" heißt es bei Renault. Das verstehen schon wesentlich mehr Menschen nicht richtig. Nur jeder Dritte verstand die Botschaft "(Er)fahre die Veränderung" richtig. Skurrile Fehldeutungen waren etwa: "Fahre mit Wechselgeld" oder "Wechsel den Fahrer". Quelle: Screenshot
Jaguars Werbebotschaft "How alive are you?" - "Wie lebendig bist du?" verstehen 25 Prozent der Befragten. Einige schlugen stattdessen als Übersetzung "Wie überlebst du?" vor. Quelle: Screenshot
Auch bei dem Werbeslogan für das Jaguar Coupé XK hatten die Deutschen so ihre Probleme. "Life by Gorgeous" konnten jedenfalls nur acht Prozent der Befragten richtig übersetzen. Statt "Leben auf prächtige Art" übersetzten viele "Leben in Georgien" oder "Leben bei George". Laut der Jaguar-Pressestelle habe man mit der Botschaft allerdings auch gar nicht die breite Bevölkerung, sondern nur einen elitären Kreis erreichen wollen. Quelle: REUTERS
Hyundai hätte sein "New Thinking. New Possibilities" gerne als "Neues Denken. Neue Möglichkeiten" verstanden. Den Gefallen tun dem Autobauer aber nur 24 Prozent der Befragten. Andere versuchten es mit "Neu gedacht. Neue Besitztümer." Quelle: Screenshot

Angriff der Underdogs

Opel spielt geschickt mit Jürgen Klopp und dem Begriff „Status“, beginnt seine potentiellen Käufer wieder zu begeistern - und legt nach: In dieser Woche startet eine neue Kampagne namens „Quantensprung“ für das Modell Astra, die offenbar an die aufsehenerregenden Audi-Kampagnen der Achtzigerjahre anknüpfen will.

Ebenso auffällig bewegt sich Dacia auf seine Zielgruppe zu und spricht diejenigen an, für die ein Auto heute eben kein Statussymbol darstellt. Der Marktanteil des Pkw-Underdogs stieg 2014 immerhin um acht Prozent und damit deutlich über den Marktdurchschnitt. Beide, Opel und Dacia, beweisen, dass Marken mit Profil, die auf die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Zielgruppen eingehen, den Nerv ihres Publikums besser treffen und mehr Erfolg haben als die, die nach alter Manier nur auf vergangene Tugenden wie PS und Status setzen. Das erweist sich zunehmend als Fehler.

So verwundert es nicht, dass der „Deutsche Markenmonitor 2015“ des Rats für Formgebung und der GMK Markenberatung zum Ergebnis kommt, dass die Marke zwar allgemein für 90 Prozent der Marketingentscheider maßgeblich zum Unternehmenserfolg beiträgt, aber gleichzeitig drei viertel der Marken in Deutschland ein klares Profil fehlt. „Erschwerend komme hinzu, dass die meisten Mitarbeiter oft gar nicht wissen, wofür die eigene Firma überhaupt steht“, kommentiert Hans Meier-Kortwig, Inhaber der GMK Markenberatung, die Studie.

Wenn weiterhin die Markenführung in deutschen Unternehmen eine dermaßen untergeordnete Rolle behält und den Marken die nötige Differenzierung und Kundenorientierung fehlt, werden für viele Unternehmen die Marktanteile zwangsläufig weiter sinken.

Auch die Automobilhersteller müssen begreifen, dass sich die Welt dreht und geändert hat. Früher wurde erst produziert und dann eine Zielgruppe für das Produkt gesucht. Heute gilt „The consumer is king“: Am Anfang steht die gesuchte Zielgruppe und das daraus entstehende Markenprofil. Erst dann kann eine Werbekampagne zum erwünschten Marketingerfolg führen.

Dann wird Werbung wieder zum Aushängeschild der Marke, anstatt nur überflüssiger Firlefanz zu sein. Eigentlich ist es ganz einfach.

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