Werk in Xinjiang Der riskanteste Standort im VW-Imperium

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Mutig oder einfach nur blauäugig?

Diese Autos lieben die Chinesen
Platz 10: Hyundai VernaVor zwei Jahren in China vorgestellt, ist der Hyundai Verna mittlerweile das zehnbeliebteste Auto der Chinesen. Von Januar bis November 2012 erhielt das Modell 187.105 Neuzulassungen. Der Verna gehört zur vierten Generation des Hyundai Accent – er unterscheidet sich von fast baugleichem Fahrzeug außer im Namen auch in der dezenteren Gestaltung der Front. Vergangenes Jahr war der Verna laut dem China Internet Information Center noch gar nicht unter den zehn am meisten neu zugelassenen Autos vertreten. Quelle: REUTERS
Platz 9: Hyundai ElantraDer Hyundai Elantra, besser gesagt seine chinesische Version, der Elantra-Yuedong ist dieses Jahr noch erfolgreicher als 2011: 200.781Neuzualssungen verzeichnete Hyundai in China mit seinem Modell in den ersten elf Monaten. Vergangenes Jahr waren es noch 191.000. Vor eine höhere Platzierung reicht es laut China Internet Information Center trotzdem nicht. Wie im Vorjahr erreicht der Elantra Platz 9. Quelle: Hyundai
Platz 8: VW Bora208.333 Neuzulassungen verzeichnete der VW Bora in den ersten elf Monaten 2012. Damit landet die elegantere Jetta-Variante auf Platz 8. Damit fällt der Bora im Ranking zurück. Vergangenes Jahr landete er mit weniger Neuzulassungen (207.000) noch auf Platz 5. Quelle: Volkswagen AG
Platz 7: Chevrolet CruzeSeit März 2009 wird der Chevrolet Cruze in China gebaut. Dieses Jahr wurde er bis November bereits 216.573 neu zugelassen. Trotz unerheblich weniger Verkäufe muss der Cruze seit vergangenem Jahr einen Absturz verzeichnen. Laut China Internet Information Center belegte das Chevrolet-Modell 2011 mit 221.200 Verkäufen noch Platz 3. Quelle: dapd
Platz 6: VW JettaIn Deutschland erreichte der Jetta nie die erwarteten Verkaufszahlen. Bestes Absatzjahr war 1979 mit 90.000 Verkäufen. Anders in China: Hier wurden allein in den ersten elf Monaten 2012 rund 218.472 Modelle neu zugelassen - und erreicht damit Platz 7. Diesen Erfolg erreicht VW in China, obwohl der Konzern dort immer noch die zweite Jetta-Generation herstellt. Diese wurde in Deutschland erstmals 1984 vorgestellt, mittlerweile gibt es hier zu Lande schon die sechste Generation. Vergangenes Jahr landete der Jetta in China mit 217.900 noch auf Platz 4. Quelle: AP
Platz 5: VW Passat224.678 Neuzulasungen verzeichnete der VW Passat von Januar bis November 2012 in China. Damit belegt das Modell Platz 5 - und zieht dieses Jahr neu in die Top 10 ein. Quelle: dpa/dpaweb
Platz 4: VW LavidaEin echter Chinese: Der VW Lavida wurde komplett in China entwickelt und ist dem dortigen Markt vorbehalten. Partner war dabei der VW-Joint-Venture-Partner Shanghai Automotive. 226.651 Mal wurde der chinesische Volkswagen in den ersten elf Monaten 2012 neu zugelassen. Damit erreicht der Lavida Rang 4, vergangenes Jahr war es laut China Internet Information Center noch der zweite Platz mit 247.500 Modellen. Quelle: Volkswagen AG

„Pionierleistung“ nannte VW-China-Chef Heizmann die Volkswagen-Fabrik in Urumqi bei der Eröffnung im August. „Blauäugig“ sei dies, kontert Ümüt Halik. Der Professor für Ökosysteme unterrichtet abwechselnd in Deutschland an der Universität Eichstätt und in seiner Heimat Xinjiang. „Volkswagen hat gute Absichten, ist aber völlig naiv, wie verfahren die Situation ist.“ Xinjiang ist als notorische Unruheprovinz bekannt: 2009 kam es zu Aufständen, die weltweit für Aufmerksamkeit sorgten, damals starben 200 Menschen. Seitdem hat sich die Lage kaum entspannt.

Wie explosiv die Situation ist, zeigt ein Vorfall am 28. Oktober in Peking: Ein Jeep raste in Peking durch eine Absperrung am Platz des Himmlischen Friedens in eine Menschenmenge hinein. Fünf Menschen starben, bei dreien handelte es sich um die uigurischen Insassen, 38 wurden verletzt. Seitdem wurden die Sicherheitsbestimmungen in Xinjiang verschärft. Die Regierung spricht von Terroristen, die in Xinjiang ein islamisches „Ost-Turkestan“ proklamieren wollten. Den vermeintlichen Separatisten werden Verbindungen zur Terrororganisation al-Qaida nachgesagt.

Abdul, ein 28-jähriger Uigure, macht eher einen deprimierten denn fanatischen Eindruck. „Wir werden in unserem eigenen Land diskriminiert“, sagt er und bittet darum, seinen echten Namen nicht zu drucken. Abdul verdient sich sein Auskommen mit dem Übersetzen von englischen Computerfachtexten ins Uigurische. Einen festen Job hat er nicht. Die meisten seiner Altersgenossen seien ohne Arbeit, sagt er. „Wir waren 40 Leute in meiner Abschlussklasse. Sieben davon waren Chinesen. Alle von ihnen bekamen ein Jobangebot, von den Uiguren keiner.“ Abdul kann Dutzende solcher Beispiele aufzählen. Viele Stellenanzeigen seien mit der Überschrift „Keine Uiguren“ versehen, klagt er.

Um sich nicht dem Vorwurf der Diskriminierung auszusetzen, will Volkswagen in Urumqi gezielt Uiguren einstellen. „Erklärtes Ziel ist, dass die ethnische Zuordnung innerhalb der Belegschaft auf allen Personalebenen der ethnischen Verteilung im Großraum Urumqi entsprechen soll“, heißt es bei VW. „Dies wird entsprechend umgesetzt.“ Doch die Betroffenen berichten etwas anderes. „Uiguren arbeiten hier so gut wie keine“, sagt eine Mitarbeiterin am Telefon und bittet, auf keinen Fall ihren Namen zu nennen. Sie hat Angst, ihren Job zu verlieren. Ein uigurischer Werksmitarbeiter erzählt auf dem Nachhauseweg: „Von den 400 Mitarbeitern sind vielleicht zehn Uiguren.“ Der 22-Jährige hat eine dreimonatige Ausbildung in Shanghai absolviert, bevor er bei VW in Urumqi anfing. VW bestreitet die Zahlen und sagt, das Werk befinde sich noch in der Rekrutierungsphase.

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