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Wiedeking-Prozess Präzedenzfall Porsche

Der wahrscheinliche Prozess gegen Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking dürfte eine Grundsatzfrage klären: Wie heimlich dürfen Übernahmen geplant werden?

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Der frühere Porsche-Vorstandsvorsitzende Wendelin Wiedeking (l.) und der Ex-Finanzvorstand Holger Härter im Juli 2009. Quelle: dpa

Mehr als drei Jahre haben sie gebraucht, die fleißigen Stuttgarter Staatsanwälte, um die Anklageschrift gegen Wendelin Wiedeking, den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden von Porsche und seinen damaligen Finanzvorstand Holger Härter, fertig zu stellen. Allein der lange Anlauf zeigt schon, dass sie sich auf juristisch unsicherem Grund bewegen. Schließlich geht es nicht darum, die Hybris des lange erfolgsverwöhnten ehemaligen Porsche-Führungsduos zu verdammen. Übermut ist kein juristischer Strafbestand.

Es geht darum, ob die beiden Manager bei ihrem Versuch, mit der Porsche Automobil Holding SE die ungleich größere Volkswagen AG zu schlucken, der Öffentlichkeit über Monate hinweg unrichtige Angaben über ihre Absichten gemacht haben. Es geht um das heimliche Anschleichen an die Wolfsburger Bastion. Mit ihrer Strategie, so der Vorwurf der Ankläger, hätten Härter und Wiedeking die übrigen Anleger in die Irre geführt – und ihnen teilweise exorbitante Verluste beschert. Die Anwälte der Angeschuldigten weisen diesen Vorwurf zurück.

Die entscheidende Frage in diesem Fall wird sein, wann die Porsche-Führung beschlossen hatte, ihre Anteile an Volkswagen auf 75 Prozent zu erhöhen, um damit nicht nur endgültig die Macht zu übernehmen, sondern auch Zugriff auf die Kassen der Wolfsburger zu bekommen. Letzteres war die Voraussetzung dafür, dass die Stuttgarter die Milliardenkredite, die sie zum Ankauf der VW-Papiere über geschickt eingefädelte Optionsgeschäfte aufgenommen hatten, ohne Probleme zurückzahlen konnten.

Manager auf Karriere-Abwegen
Der damalige Porsche-Vorstandsvorsitzende Wendelin Wiedeking sitzt am 28.11.2007 in Stuttgart vor der Bilanz-Pressekonferenz auf der Motorhaube eines Porsche 911 Quelle: dpa
Stefan Roggenkamp war früher Managing Director der japanischen Investmentbank Mizuho - heute ist er Hersteller von Biolebensmitteln.
Alexander Hartmann war früher Abteilungsleiter einer Schweizer Privatbank, heute ist er Sozialpädagogen-Azubi in einem Schweizer Waisenhaus. Quelle: Christian Schnur für WirtschaftsWoche
Susan Dreyer Quelle: LAIF/Julia Baier
Thomas Brauße Quelle: dpa

Die Sache mit der rechtzeitigen Veröffentlichung ihrer Absichten ist allerdings nicht so simpel: Steht ein Plan schon fest, wenn er in den Köpfen der beiden Strategen entstanden ist? Mussten sie an die Öffentlichkeit treten, als sie diese Pläne noch intern bei ihren Aufsehern ventilierten? Hätten sie ihre Optionskäufe frühzeitig publik machen müssen? Oder war es erst dann notwendig, das 75-Prozent-Ziel zu verkünden, als sich der Vorstand vom Aufsichtsrat das offizielle Plazet für dieses Vorgehen einholte? Diese ebenso kniffligen wie grundsätzlichen Fragen muss das Verfahren in Stuttgart zu klären versuchen.

Damit wird der Prozess gegen Wiedeking und Härter zum Präzedenzfall. Es geht im Kern darum, in welcher Form es in Zukunft in Deutschland noch möglich sein wird, eine Übernahme im Verborgenen vorzubereiten. Zum Signal wird der Ausgang eines möglichen Strafprozesses auch für die noch anhängigen zivilen Schadenersatzforderungen. Die Chancen der sich geprellt fühlenden Anleger – man kann sie auch Spekulanten nennen – etliche Millionen oder sogar Milliarden von der Porsche SE zu bekommen, würden beträchtlich steigen, wenn das Duo für schuldig befunden würde.

Eines ist allerdings jetzt schon klar: So groß wie einst der scheinbar unaufhaltsame Aufstieg von Wendelin Wiedeking in den Medien gefeiert wurde, so groß wäre auch die Häme, die er bei einer Niederlage einzustecken hätte.

Dieser Artikel ist zuerst auf zeit.de erschienen.

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