Zeitarbeit Opel? Ja, Opel stellt ein

Produktion im Opel-Werk Rüsselsheim - die Marke und das Werk gehören heute zum Konzern Stellantis. Quelle: dpa

Beim Autobauer Opel gibt es nach langer Zeit des Personalabbaus wieder einen Lichtblick: Derzeit sucht Opel für sein Werk in Rüsselsheim hunderte neue Mitarbeiter. Die müssen auch Coronaausfälle ausgleichen.

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Die Anzeigen klingen verlockend: Ein Autobauer aus Rüsselsheim biete 20,27 Euro pro Stunde, heißt es derzeit auf der Internetseite des Personalvermittlers Adecco. Für diesen „namenhaften Automobilhersteller“ suche man „ab sofort Unterstützung“: In der Montage, als Produktionshelfer, in der Lagerlogistik, in der Fertigung- und Endmontage oder beim Fahren von Gabelstaplern. Es gebe eine „sehr gute Bezahlung“, einen „unbefristeten Arbeitsvertrag“ – „ab sofort“. Auch Zuschläge zum normalen Stundenlohn locken: für Spät-, Nachtschicht, Überstunden oder Samstagsarbeit. 

Ein Autobauer aus Rüsselsheim? Das kann doch eigentlich nur Opel sein! Opel? Sucht hunderte Mitarbeiter? Ja, Opel! Nachdem Opel in Deutschland tausende Stellen abgebaut hat, sucht das Unternehmen für sein Werk in Rüsselsheim nun hunderte Leiharbeiter, wie die WirtschaftsWoche exklusiv berichtet. Auf Anfrage bestätigte Opel, dass man über einen Personaldienstleister temporär „eine mittlere dreistellige Zahl an Stellen“ besetzen wolle. Damit solle „der Hochlauf der Produktion“ des neuen Astra gestützt werden, so ein Sprecher. Quereinsteiger sind laut den Anzeigen willkommen.

Die Zeiten scheinen wieder rosiger zu werden: „Bei unserem Kunden wird aktuell nur in Frühschicht gearbeitet“, heißt es in den Stellenanzeigen von Adecco. „Langfristig sollte jedoch die Bereitschaft für 3 Schichten vorhanden sein.“ Bei einer Anzeige handelt es sich etwa um eine „Arbeitnehmerüberlassung mit Option zur Übernahme“.

2100 Aufhebungsvereinbarungen in den letzten zwei Jahren

Die Neueinstellungen verwundern: Hatte doch Opel seit der Übernahme durch den französischen Autobauer PSA zigtausende Stellen abgebaut. Allein seit Anfang 2020 wurden in Deutschland 2100 für die Mitarbeiter freiwillige Aufhebungsvereinbarungen über Altersteilzeit, Vorruhestand und Abfindungen unterzeichnet. Im Gegenzug gab es für die Verbliebenen den temporären Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen bis Mitte 2025. 

Und noch sind auch nicht alle Unterzeichner in der passiven Phase, einige arbeiten also noch bei Opel. Doch absehbar schrumpft die Stammbelegschaft, wobei Insider beteuern, dass in der Produktion nicht so stark abgebaut worden sei. 

Nun aber ändern sich die Zeiten, produzieren sie doch das Volumenauto Astra in Rüsselsheim, jetzt brauchen sie wieder Leute. 

Auf die Neuen wartet laut den Anzeigen auch ein Parkplatz auf dem Firmengelände oder eine Betriebskantine, in der man sich „jederzeit stärken“ könne. Zudem gebe es eine persönliche Schutzausrüstung und einen Betriebsarzt vor Ort, nicht zuletzt eine „Übernahmechance“. 

Leiharbeiter sollen auch Coronaausfälle kompensieren

Ein kleinerer Teil der Wahrheit, wieso Opel plötzlich so viele neue Mitarbeiter locken will, liegt auch an Corona. Denn auch Ausfälle durch die Omikron-Welle wolle man mit Leiharbeitern kompensieren, sagt Opel. Rüsselsheim ist mitten in einem Hochinzidenzgebiet. Die Inzidenz in der Stadt liegt weit über 2000. 

So wie Opel geht es derzeit einigen Firmen. Bei Volkswagen etwa gebe es derzeit „sehr vereinzelt erhöhte Fehlzeiten“, so eine Sprecherin. Lufthansa Cargo musste vor einigen Tagen einen Teilbereich herunterfahren und konnte nicht alle Waren wie gewohnt sortieren, weil zu viele Mitarbeiter wegen Corona fehlten.   



Folge: Man habe rund sechs Prozent mehr Aufträge als vor einem Jahr, heißt es in Kreisen eines Zeitarbeitsunternehmens. Laut dem Vermittler Adecco zögen die Anfragen „in sämtlichen Branchen und Berufen“ an. Es sei ungewöhnlich, dass die Nachfrage aus allen Branchen käme. Laut Randstad-Geschäftsführerin Susanne Wißfeld gibt es auch Unternehmen, die Personal anfragten, um Ausfälle auszugleichen. Der Bedarf an Arbeitskräften sei derzeit auf sehr hohem Niveau. Neben dem Fachkräftemangel sieht sie einen Grund in durch Corona bedingten Produktionsrückständen, für die zusätzliches Personal benötigt werde.

Mehr zum Thema: Im Autokonzern Stellantis verliert der Deutschlandableger Opel immer weiter an Bedeutung. Am Ende könnte von dem einst führenden Hersteller kaum mehr als die Marke übrigbleiben. Protokoll einer Tragödie.

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