In Brüssel ist die Angst groß, dass ein Szenario wie 2013 eintritt, als Bundeskanzlerin Angela Merkel höchstpersönlich einen mit dem Europäischen Parlament bereits fertig ausverhandelten Deal zu CO2-Beschränkungen aushebelte. Sie intervenierte beim damaligen Ratsvorsitzeden, dem irischen Premier Enda Kenny, der die Abstimmung hinauszögerte. Besonders bei kleinen Ländern sorgte für Ärger, dass sich die Kanzlerin mit Änderungswünschen damals durchsetzte.
„Es gibt erstaunlich viele Ähnlichkeiten mit 2013“, sagt Julia Poliscanova von der Nichtregierungsorganisation Transport & Environment. „Wieder stehen Bundestagswahlen bevor, und wieder hat die CDU ein Interesse daran, sich als Verteidiger der deutschen Automobilindustrie zu profilieren.“
Auf den letzten Metern könnte die Bundesregierung dann versuchen, was ihr bisher nicht gelungen ist. Sie möchte beispielsweise die Zielmarke von 50.000 Pkw bei der Überwachung streichen. Anfang Mai hatte sie dies in einem Positionspapier in die Brüsseler Debatte eingebracht.
Die Bundesregierung könnte ebenfalls ein Interesse daran haben, die Strafzahlungen zu streichen, die bisher vorgesehen sind, falls Automobilhersteller sich nicht an die Regeln halten. Im aktuellen Text ist von 30.000 Euro pro Fahrzeug die Rede, eine Summe, die auch das Europäische Parlament fordert. Ein besonderer Dorn im Auge der deutschen Autobauer. Die empfindlichen Geldstrafen würden den bislang zahnlosen Tiger EU-Komission im Kampf gegen Abschaltsysteme und die unerlaubten Drecksschleudern auf Europas Straßen zumindest etwas bewaffnen.
Die deutschen Automobilbauer halten dies für viel zu hoch. „Das würde einen Hersteller wie Volkswagen ruinieren“, heißt es dazu aus der Branche.
Der deutsche Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig forderte in Brüssel noch einmal eine Reihe von Änderungen, darunter die Einrichtung einer Clearingstelle für Streitfälle zwischen Mitgliedsländern sowie eine genauere Definition einer illegalen Abschalteinrichtung.
"Die Bundesregierung rät eindringlich zu einer weiteren Präzisierung des Vorschlages, um das Verfahren der Typgenehmigung und der Marktüberwachung künftig klar, präzise und anwendbar zu gestalten", sagte Machnig im EU-Rat. Sollte dies in der Vertretung der Mitgliedsländer nicht berücksichtigt werden, so hoffe die Bundesregierung auf die weiteren Verhandlungen mit dem EU-Parlament. „Der Deal ist noch keinesfalls beschlossen“, befürchtet Expertin Poliscanova.
Mit Material von dpa und Reuters.