
Es ist nicht leicht ein Foto von Elmar Degenhart zu finden, auf dem er strahlt. Meist blickt der Continental-Chef, der als wohlüberlegt und ausgeglichen gilt, konzentriert – manchmal huscht ein mildes Lächeln über sein Gesicht. Degenhart ist kein Mensch der großen emotionalen Ausbrüche. Dafür dürfte er umso mehr bei den Anlegern für Freudensprünge gesorgt haben. Denn in den vergangenen beiden Jahren war der Reifenhersteller und Autozulieferer Continental der absolute Top-Performer im deutschen Aktienindex. Allein seit Ende April 2013 hat sich das Conti-Papier mehr als verdoppelt. Gleichzeitig zählt Conti zu den margenstärksten Zulieferern weltweit (siehe Grafik). Und der Höhenflug muss noch lange nicht zu Ende sein. „Wir rechnen mit einem Umsatzplus von drei bis vier Prozent im ersten Quartal“, sagte Conti-Chef Elmar Degenhart am Donnerstag in Frankfurt am Main. „Europa kommt langsam aus dem Tal.“ Auch Nordamerika dürfte weiter zulegen und in Asien solle China das Zugpferd bleiben. Unter dem Strich verbuchte Conti 2013 rund 1,92 Milliarden Euro und damit etwa ein Prozent Plus gegenüber dem Vorjahr. Mit 2,50 Euro Dividende will der Dax-Konzern seinen Aktionären dieses Frühjahr 25 Cent mehr ausschütten als zuvor.

Continental gehört zu den größten Reifenherstellern der Welt - geschlagen werden die Hannoveraner nur vom US-Konzern Goodyear, Michelin aus Frankreich und dem Marktführer Bridgestone aus Japan. Eine starke Leistung. Und damit nicht genug: „Conti hat die Kostenführerschaft in der Branche übernommen“, lobt ein Bank-Analyst. Das ist umso erstaunlicher, bedenkt man, dass Degenhart den Konzern 2009 mit einer Milliarde schweren Schuldenlast übernommen hat. Die Hannoveraner hatten sich an der elf-Milliarden-teuren Übernahme der Siemens-Tochter VDO verhoben. Jetzt - dazu später mehr – zahlt sich der Deal allerdings aus.
Die Top Ten der größten Reifenhersteller
Platz 10
2012 noch nicht unter den Top Ten (Platz 11) war der singapurische Hersteller Giti. Im Jahr 2013 machte das Unternehmen einen Umsatz von 2,9 Milliarden Euro.
Quelle: Neue Reifenzeitung, Stand 04. Juni 2014
Platz 9
Maxxis hat es auch im Geschäftsjahr 2013 unter die Top 10 der größten Reifenhersteller geschafft und verteidigt Platz 9. Maxxis erwirtschaftet seinen Umsatz (3,2 Milliarden Euro) ausschließlich mit Reifen.
Platz 8
Der Umsatz von Yokohama Hochleistungsreifen lag 2013 bei 4,3 Milliarden Euro. 79,7 Prozent davon (3,4 Milliarden Euro) kamen aus dem Geschäft mit Reifen.
Platz 7
Sumimoto verliert im Geschäftsjahr 2013 eine Platzierung und landet auf Rang 7. Der Umsatz betrug 2013 5,5 Milliarden Euro. (4,8 Milliarden Euro, 87,2 Prozent) davon entstanden durch das Geschäft mit Reifen.
Platz 6
Hankook konnte für 2013 einen Umsatz von 5 Milliarden Euro vorweisen. 100 Prozent davon wurden mit Reifen gemacht.
Platz 5
Pirelli erwirtschaftete 99,5 Prozent seines Umsatzes von 6,1 Milliarden Euro durch Reifen.
Platz 4
Continental erwirtschaftet noch nicht einmal ein Drittel seines Umsatzes mit dem Verkauf von Reifen. Gerade einmal 28,8 Prozent des Umsatzes von 33,3 Milliarden Euro kommen aus dem Reifengeschäft (10 Milliarden Euro).
Platz 3
Der Umsatz von Goodyear betrug 2013 14,2 Milliarden Euro (100 Prozent Reifenanteil).
Platz 2
Michelin macht auch fast seinen ganzen Umsatz mit Reifen. 14,2 Milliarden Euro von 20,2 Milliarden Euro stammen aus dem Reifengeschäft (98,0 Prozent)
Platz 1
Bridgestone erwirtschaftete 2013 25,3 Milliarden Euro Umsatz. 85,1 Prozent davon kamen aus dem Reifengeschäft. Das sind 22 Milliarden Euro.
Denn die Deutschen stützen sich als einziger international tätiger Reifenhersteller nicht allein auf das Geschäft mit dem rollenden Gummi. 70 Prozent des Umsatzes macht Continental mit elektronischen Komponenten. Größere Unabhängigkeit von der Automobilindustrie zu erlangen, war das erklärte Ziel von Degenhart, als er 2009 das Ruder des finanziell angeschlagenen Konzerns übernahm. Wie konsequent er diesen Weg geht, beweist die Übernahme des amerikanischen Kautschuk- und Kunststoffspezialisten Veyance im Februar. Er produziert Fördergurte, Schläuche, Antriebsriemen und Luftfedersysteme. Dahinter verbirgt sich die ehemalige Industriesparte des größeren Conti-Konkurrenten Goodyear. Für 1,5 Milliarden Euro schluckte Degenhart die Gummi-Bude mit 9000 Beschäftigten. Ein geschickter Schachzug.
Denn im Industriesektor kann Continental - wegen des harten Wettbewerbs in der Automobilbranche auf Produktivität und Effizienz getrimmt und somit reinen Industrie-Playern weit voraus - besonders üppige Margen einstreichen. Gebündelt sind die Geschäfte mit Schläuchen, Transportband- und Luftfedersystemen in der Sparte ContiTech. "Das ist die reinste Cashcow", sagt ein Berater, der die Branche seit Jahren beobachtet. Doch die Übernahme von Veyance soll nicht nur das Geschäft abseits des konjunkturell anfälligen Autosektors stärken, die Amerikaner sollen Degenhart die Tür zu neuen Märkten öffnen.