Zusammenschluss Ohne Steuerzahlung: VW kann Porsche übernehmen

Volkswagen und Porsche haben einen Weg für einen Zusammenschluss gefunden. Dem Fiskus entgehen dabei 1,5 Milliarden Euro an Steuereinnahmen.

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Matthias Müller und Martin Winterkorn Quelle: dpa

Volkswagen-Chef Martin Winterkorn könnte Porsche schon in diesem August unters Konzerndach bringen – ohne dass Steuern fällig werden und ohne Klagerisiken in Milliardenhöhe zu übernehmen. Eine wichtige Hürde nahm der Automobilbauer nun beim Finanzamt Stuttgart. Nach dessen rechtsverbindlicher Auskunft geht der Fiskus bei der Übergabe der Porsche AG an den VW-Konzern leer aus, obwohl die darüber liegende Porsche Automobil Holding SE dafür 4,5 Milliarden Euro erhalten soll. Im Falle einer Steuerpflicht hätte Porsche SE schätzungsweise 1,5 Milliarden Euro an Körperschaft-, Gewerbe- und Grunderwerbsteuer zahlen müssen. Ein Großteil davon wäre in Baden-Württemberg, dem Sitz von Porsche, verblieben, wo Finanzminister Nils Schmid (SPD) 2013 voraussichtlich einen Kredit von zwei Milliarden Euro aufnehmen muss.

Grafik Struktur des Porsche-VW-Konglomerats heute

Nach Angaben des baden-württembergischen Finanzministeriums muss im Fall Porsche Steuerfreiheit erteilt werden, was an der ausgeklügelten Konstruktion liege, die sich die Unternehmen für die Übernahme ausgedacht hätten. Für die Sportwagenschmiede, also die Porsche AG, erhält Porsche SE als Gegenleistung nämlich nicht nur 4,5 Milliarden Euro, sondern auch eine, aber wirklich nur eine einzige VW-Stammaktie. Damit ist laut Ministerium die in Paragraf 20 des Umwandlungssteuergesetzes formulierte Bedingung erfüllt, „dass die Buchwerteinbringung eines Betriebes in eine Kapitalgesellschaft ... auch möglich ist, wenn nur ein neuer Anteil gewährt wird“. Im Klartext: Steuerrechtlich handelt es sich bei dem Handel nicht um einen Verkauf, sondern um eine Umstrukturierung. Darum, so das Ministerium, gebe es keinen Steueranspruch.

Die Fusion von Porsche und Volkswagen scheiterte bisher an Schadensersatzforderungen in Milliardenhöhe, die mehrere Investoren gegen die Porsche-Holding geltend machen. Sie werfen ihr vor, in der Übernahmeschlacht mit VW den Aktienmarkt manipuliert zu haben. VW will deshalb nicht die belastete Holding übernehmen, sondern nur das operative Geschäft der Porsche AG. Die Klagerisiken verbleiben bei der Holding, die zu 90 Prozent im Besitz des Porsche-Piëch-Clans ist und die Beteiligung an Volkswagen (50,7 Prozent) und der Porsche AG (100 Prozent) verwaltet (siehe Grafik). Der Fusionsdruck ist groß.

Solange Porsche nicht bei VW eingegliedert ist, müssen sich die beiden Unternehmen wie fremde Firmen behandeln und sich jeden Warenstrom gegenseitig in Rechnung stellen. Porsche soll das 2011 rund 350 Millionen Euro gekostet haben. Auf 700 Millionen Euro beziffert VW den jährlichen Gesamtschaden beider Unternehmen durch die verzögerte Fusion.

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