Autobauer Wie Milliardenklagen Porsches Fusion mit VW bedrohen

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Porsche-Modell Panamera: Der Quelle: dpa

Die Schadensersatzklage in den USA ist aus Sicht von Porsche unbegründet und unzulässig. An „theoretischen Spekulationen über Schadenshöhen“ wolle sich Porsche deshalb nicht beteiligen. Porsche bestätigt indes, dass ein Zeitplan mit den Klägern vereinbart wurde.

Mit den Klagen und der Einwilligung von Porsche in ein inquisitorisches Verfahren nach US-Recht ist eingetreten, was VW-Aufsichtsratschef und Porsche-Miteigentümer Ferdinand Piëch bereits im vergangenen Jahres befürchtete: Die Rache der Banker. Wiedeking und Härter hatten 2008 beim Versuch Volkswagen zu übernehmen, Milliardengewinne mit Wetten auf VW-Aktien verbucht. Das mehrte ihre eigenen Gehälter, die teilweise an den Unternehmensgewinn gekoppelt waren. Und das schadete Banken, institutionellen Anlegern wie Pensions- oder Hedgefonds und Privatpersonen, die dadurch Milliarden verloren.

Der Rachefeldzug startete Anfang des Jahres in den USA. Investmentfonds, darunter Elliott, Glenhill und GCM Little Arbor, reichten am 25. Januar bei einem New Yorker Gericht eine Klage gegen Porsche, Wiedeking und Härter ein. Im April schlossen sich weitere Fonds an. Damit fordern nun allein in den USA 35 Fonds einen Schadensersatz von insgesamt mindestens zwei Milliarden Dollar.

Ominöses protokoll

Die Klage stützt sich in wesentlichen Teilen auch auf Enthüllungen der WirtschaftsWoche: An neun Stellen in der 68-seitigen Klageschrift beziehen sich die Anwälte auf Berichte der WirtschaftsWoche über ein Geheimtreffen von zwei hochrangigen Porsche-Managern, zwei Rechtsanwälten und einem Vertreter des VW-Großaktionärs Niedersachsen am 25. Februar 2008 in Berlin.

Wie ein vertrauliches Protokoll dieser Besprechung belegt, das der WirtschaftsWoche vorliegt, kreiste die Diskussion während dieses Treffens auch um das heikle Thema: Ermöglicht das Land Niedersachsen, dass Porsche die volle Macht über VW bekommt? Damit stellt sich aus heutiger Sicht für die Kläger die Frage: Hatte Porsche entgegen öffentlicher Äußerungen schon Ende Februar 2008 die Absicht, über 75 Prozent an Volkswagen zu erwerben und einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit dem Autoriesen zu schließen, um mit den Milliarden aus der Konzernkasse die Übernahme zu finanzieren?

Fest steht, dass damals die Sperrminorität Niedersachsens bei VW das einzige Hindernis war, das einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit VW im Wege stand. Und fest steht auch, dass sich die Vertreter von Porsche, so ist dem Protokoll zu entnehmen, offenbar schnell auf die Sonderstellung einschossen, die das vom Europäischen Gerichtshof in Teilen verworfene VW-Gesetz dem Land Niedersachsen bisher gewährte.

Umstrittene Erklärung

Die Sperrminorität, zitiert das vorliegende Protokoll einen der Porsche-Vertreter, müsse „ersatzlos aus der VW-Satzung entfernt werden“ und sei „ohne Verzug zu beseitigen“. Gegen alles andere werde man von Porsche-Seite „sofort vorgehen“. Als Porsche-Vertreter anboten, Niedersachsen anstelle der Sperrminorität zwei Sitze im 20-köpfigen VW-Aufsichtsrat zu garantieren, entgegnete der Vertreter des Landes Niedersachsen laut Protokoll: Dies würde Porsche „den Weg zum Abschluss eines Beherrschungsvertrags eröffnen“.

Rückblickend erklärte der Vertreter des Landes Niedersachsen gegenüber der WirtschaftsWoche: „Aus der Diskussion insgesamt und insbesondere aus dem intensiven Meinungsaustausch über den Bestand der Sperrminorität“ habe er „den Schluss gezogen, dass Porsche letztlich“ das Ziel des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages verfolge. Porsche bestreitet, bereits im Februar 2008 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag angestrebt zu haben.

Acht Monate später, im Oktober 2008, war es dann doch so weit: Die Stuttgarter gaben offiziell bekannt, dass sie einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit VW anstreben würden. Der Kurs der VW-Aktie schoss danach binnen Tagen auf über 1000 Euro. Getroffen waren all jene Investoren, die auf einen sinkenden Kurs gesetzt hatten. Hätten sie früher gewusst, dass Porsche einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag anstrebt, wären sie vorsichtiger gewesen und hatten die Milliardenschäden womöglich vermieden.

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