Autobauer Wie Milliardenklagen Porsches Fusion mit VW bedrohen

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Kursverlauf der VW-Aktie

Porsche bestreitet, dass das Unternehmen oder Wiedeking und Härter den Markt durch falsche Informationen in die Irre geführt hätten. Nicht im Februar, sondern erst im Oktober 2008 sei beschlossen worden, den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag anzustreben. Die Gutachten zweier unabhängiger Juraprofessoren hätten ergeben, dass der von den Staatsanwälten erhobene Verdacht des Verstoßes gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften unbegründet sei.

Doch die Zweifel an dieser Darstellung wachsen. Dazu trägt eine bislang wenig beachtete Äußerung von VW-Aufsichtsratschef und Porsche-Großaktionär Piëch gegenüber der Tageszeitung „Die Welt“ bei. Die zitiert Piëch am 12. Mai 2008 mit den Worten, die Entscheidung bei Porsche, die „Anteile an Volkswagen auf 75 Prozent zu erhöhen, sei am Ende des ersten Halbjahres 2008“ gefallen. Damit hätte Piëch die Vermutung bestätigt, dass Porsche schon vor Oktober 2008 über 75 Prozent bei VW anstrebte.

Porsche räumt ein, dass seit 2005 „verschiedene Szenarien“ geprüft worden seien. Die Entscheidung für die Erhöhung der Anteile auf über 75 Prozent sei aber erst im Oktober getroffen worden. Allmählich dämmert auch den Verantwortlichen bei Porsche und Volkswagen, dass die Schadensersatzklagen sowie die Ermittlungen des Stuttgarter Oberstaatsanwalts Hans Richter eine Bedrohung darstellen.

Suche nach Kreditverträgen

Denn inzwischen überprüfen die Fahnder nicht nur die Vorfälle zwischen Februar 2009 bis Juni 2009, sondern auch seit Oktober 2008. Damit geraten auch die Ereignisse rund um die Kursausschläge im Oktober 2008 und verdächtige Ereignisse in ihrem Vorfeld ins Visier. Zudem weitete die Staatsanwaltschaft den Kreis der Personen, gegen die ermittelt wird, auf zehn aus. Drei von ihnen stammen aus dem Porsche-Umfeld, sieben aus einem anderen Unternehmen.

Zudem hat Oberstaatsanwalt Richter offenbar eine Spur aufgenommen, die der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff bereits im Juli 2009 im WirtschaftsWoche-Interview dezent legte: „Die Voraussetzung für viele Porsche-Kredite der Banken war“, so Wulff, „dass es zu einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag bei VW kommt.“

Also, folgern Insider, müsste sich dies in den Kreditverträgen finden, die Porsche mit den Banken schloss. Aus diesem Grunde suchten Ermittler unlängst bei den Hausbanken von Porsche, der BW Bank und der LBBW, nach belastendem Material. Nach Angaben von Porsche „gab und gibt es keine Vereinbarungen mit Banken, aus denen hervorgeht, dass ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag von VW bereits vor Oktober 2008 angestrebt wurde“.

Insolvenz nicht ausgeschlossen

„Jetzt hängt alles am Staatsanwalt“, heißt es in Porsche-Kreisen dazu. Wenn Anklage erhoben werde, könne es zu einer Klagewelle kommen, und die jetzt bekannten milliardenschweren Schadensersatzklagen aus den USA und Deutschland seien dann womöglich nur der Anfang. „Die Forderungen könnten dann schnell die Schadenssumme von zehn Milliarden erreichen“, fürchten sich Topmanager in Stuttgart-Zuffenhausen.

Die Ängste werden in Wolfsburg geteilt. In einem Wertpapierprospekt, den Volkswagen zur Kapitalerhöhung im März veröffentlichte, heißt es: „Potenzielle Schadensersatzverpflichtungen der Porsche Automobil Holding SE könnten deren Vermögens- und Liquiditätslage erheblich belasten und bei Erreichen einer erheblichen Größenordnung sogar zur Insolvenz der Porsche Automobil Holding SE führen.“

Die Schadensersatzansprüche könnten auch die Eigentümer der Porsche-Holding und damit die Familien Porsche und Piëch treffen. Das Emirat Katar, das mit zehn Prozent an der Porsche SE beteiligt ist, hat sich laut Finanzkreisen bei der Übernahme umfassend vertraglich abgesichert.

Im April sagte Volkswagen-Chef Martin Winterkorn: „Wir haben Porsche, ein Aushängeschild Deutschlands, vor dem Aus gerettet.“ Gut möglich, dass er Porsche ein zweites mal retten muss.

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