Autoindustrie Putin knebelt ausländische Unternehmen

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Vladimir Putin im Lada: Wegen Quelle: dpa

Risiken gibt es einige. In Russland tun sich Investoren schwer, Kosten und Risiken einzuschätzen. Personal ist unterm Strich teurer als in Deutschland, da die Produktivität geringer ist und Fachkräfte aufwendig qualifiziert werden müssen. Bürokraten werfen Investoren Knüppel in den Weg, wenn es um Bodenerwerb oder den Anschluss an die Strom- und Wasserversorgung geht. Und wenn die Leitungen liegen, bleibt die Frage, ob das Elektrizitätswerk genügend Energie liefern kann – oder ob es zu Spannungsschwankungen kommt, weil in der Nachbarschaft ein anderer Hersteller die Bänder anfährt.

Nirgendwo wissen sie das besser als bei Volkswagen in Kaluga. Die erste Generation der neuen Russland-Deutschen, die das Werk im November 2007 in Betrieb nahm, war jahrelang mit Krisenmanagement beschäftigt. Von Anfang an war russisches Personal knapp. Weil die Arbeiter in der Stadt mit einer halben Million Einwohnern zwar Raketen, aber keine Autos fertigen konnten, mussten sie umgeschult werden. Bis heute stehen bei VW in Kaluga Hunderte Mitarbeiter aus Deutschland, Tschechien und Spanien an den Bändern und lernen russische Kollegen an.

Auslastung ohne Klimmzüge

Den Umständen entsprechend hat VW das operative Geschäft jetzt im Griff. Das Werk Kaluga läuft im Drei-Schicht-Betrieb, die Soll-Stückzahl von 150 000 Fahrzeugen wird dieses Jahr ohne Klimmzüge erreicht. Die neue Management-Generation, die seit Anfang des Jahres das Ruder in Kaluga führt, hat von Konzernchef Martin Winterkorn einen neuen Auftrag bekommen: expandieren.

Grafik: Autozulieferer in Russland

Jetzt machen sich die Top-Manager daran, treue Zulieferer mit sanftem Druck in der Nachbarschaft anzusiedeln. Die Salzburger Benteler-Gruppe baut schon ein Achsenwerk, Großzulieferer Magna ist mit einer Plastikteilefabrik vor Ort. Continental liebäugelt seit geraumer Zeit mit einem Reifenwerk im VW-Dunstkreis. Es heißt, die Hannoveraner hätten in Kaluga schon ein Grundstück gekauft.

Auch anderswo im Land rücken die Zulieferer nach. Die Stuttgarter Bosch-Gruppe plant nach Informationen der WirtschaftsWoche den Ausbau des Werks in der zentralrussischen Stadt Engels. „Wir werden künftig nicht mehr nur einfache Komponenten wie Zündkerzen lokal produzieren, sondern zunehmend High-Tech-Bauteile“, sagt Walter Schöpf, der Bosch-Automotive-Mann in Moskau.

Mit solchen Ausbauplänen preschen vor allem große Zulieferer wie Bosch oder Conti vor, die Risiken dank ihrer Größe und Kapitalkraft beherrschen können. VW will aber Dutzende Lieferanten nach Kaluga holen, auch kleine spezialisierte Mittelständler. Die sollen Hochtechnologie wie Getriebe oder Elektronik vor Ort herstellen. Gebraucht werden auch Designteile, die oft gemeinsam mit dem Zulieferer entworfen werden. Je mehr Zulieferer kommen, so das Kalkül von VW, desto leichter lassen sich „local content“-Versprechen erfüllen, ohne unzuverlässige lokale Lieferanten anlernen zu müssen.

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