Autoindustrie Russlands riskantes Opel-Experiment

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Ohnehin fragt sich, ob sich neue GAZ-Modelle auf dem russischen Markt überhaupt verkäuflich sind. Selbst wenn es die Russen schaffen, deutsche Opel-Technik einzubauen, werden GAZ-Autos aus Nischni Nowgorod bei Moskau stets „made in Russia“ bleiben. Auf PKWs aus heimischer Produktion lastet aber selbst in Russland ein negatives Image; die Auto-Kundschaft zwischen Kaliningrad und Wladiwostok zieht im Zweifel Importwagen vor, selbst wenn Lada und Co. dank niedriger Produktionskosten und hoher Zölle auf importierte Fahrzeuge nur halb so viel kosten wie ausländische Marken. Das zeigt auch das Beispiel des Wolga-Nachfolgemodells namens „Siber“, der trotz halbwegs moderner Chrysler-Technologie für den GAZ-Konzern zum Flopp wurde.

Es sind schwerwiegende und lange Zeit verschleppte Strukturprobleme, die das Opel-Experiment so riskant machen: In jedem russischen Autowerk schockiert die Tiefe der Fertigung Besucher aus dem Westen. In den Fabriken arbeiten viel zu viele Mitarbeiter, der Automatisierungsgrad ist gering. Das allein macht die russische Fahrzeugproduktion anfällig für Qualitätsmängel. Und wie niedrig die Produktivität in russischen Autofabriken ist, zeigt sich während der Mittagspause im Lada-Werk Togliatti, derentwegen die 100.000 Mitarbeiter die Bänder abschalten.

Katastrophale Bedingungen

Unter solch katastrophalen Bedingungen wird es schwierig, mal eben einen Opel in Russland zu bauen – selbst wenn eine Menge Milliarden aus dem deutschen Fiskus nach Osten fließen.

Mit all dem will Sberbank-Chef German Gref eigentlich gar nichts zu tun haben. Deswegen wies er auch gleich nach der Unterzeichnung des Memorandums auf sein Recht hin, die Aktien an GAZ oder die staatliche Wiederaufbaubank VEB zu verkaufen. Möglicherweise landet Opel bald auch beim krakenhaften Industriekonglomerat „Rostechnologii“, das Putins einstiger Geheimdienst-Kompagnon Sergej Tschemesow leitet. Erst vor drei Wochen sammelte der unter dem Dach seiner Holding die Anteile an Lada-Bauer Awtowas, an Daimlers LKW-Partner Kamaz und einem Zulieferer der GAZ-Gruppe. Als Sanierer maroder Unternehmen ist Tschemesow bis dato nicht aufgefallen – er schlachtet marode Firmen aus und verscherbelt Technologien an staatliche Industriekonzerne.

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