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Autokrise Milliarden-Poker der GM-Bosse um Opel

General Motors schreibt schwarze Zahlen und will zurück an die Börse. Nur in Europa macht der Autobauer auf krank - um möglichst viele Fördermittel abzugreifen. Ein Kommentar von WirtschaftsWoche-Redakteur Martin Seiwert.

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Opel-Logo Quelle: dpa

Wenn General Motors eines kann, dann ist es Pokern. Mit dem vermeintlichen Verkauf der Europa-Tochter Opel narrte der Autobauer 2009 monatelange seine eigene Belegschaft, die Politiker in Europa, mögliche Kaufinteressenten wie Magna oder Fiat und nicht zuletzt die Öffentlichkeit. Denn als absehbar war, dass GM nach seiner Insolenz wieder auf die Beine kommen und Opel dann noch brauchen würde, wollte GM plötzlich nichts mehr von einem Verkauf wissen.

Und 2010? The show must go on – auch in diesem Jahr. GM ist aus dem Schlimmsten raus, will im laufenden Jahr schwarze Zahlen schreiben und womöglich schon im vierten Quartal wieder an die Börse gehen. Es wäre einer der größten Börsengänge der US-Geschichte.

Doch die Nachricht vom „Business as usual" soll – geht es nach GM – nur in den USA gehört werden. Für die Europäer setzt das Unternehmen dagegen sein traurigstes Pokerface auf: Opel sei defizitär, heißt es bei GM. Sollten die europäischen Regierungen keine milliardenschweren Bürgschaften geben, könne der Autobauer nicht dauerhaft saniert werden. Was das heißt, erklären bereitwillig die Opel-Betriebsräte: Werksschließungen, Massenentlassungen, insolvente Zulieferer.

Neue Kredite für Opel?

Ein Blick in die Karten von Opel zeigt: So übel ist das Blatt gar nicht. 3,3 Milliarden Euro braucht Opel nach eigenen Angaben für die Sanierung. 1,9 Milliarden gibt GM, 600 Millionen kommen von Großbritannien und Spanien. Bleibt eine Lücke von 800 Millionen Euro.

Inzwischen zeichnet sich ab, dass die deutschen Bundesländer mit Opel-Standorten womöglich für bis zu 400 Millionen Euro bürgen. Zudem wird Opel bei der Europäischen Investitionsbank EIB wohl um einen 800 Millionen-Euro-Kredit anfragen. Wenn die Bundesländer dafür bürgen, könnte auch dieses Geld schon bald fließen und die Rüsselsheimer hätten mehr liquide Mittel, als sie nach eigenen Angaben für die Sanierung brauchen. Dann brauchen sie sich um die Forschungsförderung, die Bundeskanzlerin Angela Merkel auch noch ins Spiel brauchte, gar nicht mehr bemühen.

„Es ist nicht so, dass hier morgen die Lichter ausgehen", sagte kürzlich ein Opel-Sprecher. Nein, das ist es wahrlich nicht. Es ist vielmehr so, dass Opel wahrscheinlich gar nicht so viel Geld für die Sanierung braucht, wie angegeben. Wer würde schon mit einer ehrlichen Rechung in eine solche Pokerrunde gehen? Es ist so, dass GM auch ohne Probleme ein paar hundert Millionen Euro mehr nach Europa überweisen könnte, wenn nötig. Es ist schlicht und ergreifend so, dass GM mit Pokerface, guten Nerven und viel Geduld den europäischen Politikern so viel Geld abluchst, wie möglich.

Daran sollten die Ministerpräsidenten der Bundesländer Hessen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Rheinland-Pfalz denken, wenn sie morgen über eine Aufstockung ihrer Opel-Hilfen beraten. Und daran, wie die Pokerrunde im vergangenen Jahr endete.

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