
Wer den gestern unterzeichneten sogenannten "Struktursicherungstarifvertrag" genau liest, merkt schnell, dass die zehn Paragraphen in Wirklichkeit eine Art Eintrittskarte Hansens in die Konzernspitze der Bahn sind. Denn der Wortlaut des Vertragswerks verschafft sowohl künftigen Investoren, als auch dem jetzigen und künftigen Bahn-Konzernchef Hartmut Mehdorn die gewünschte freie Hand, um die erforderlichen personellen Maßnahmen zur Steigerung der Rendite in der zur Privatisierung anstehenden Verkehrs- und Logistiksparte zu treffen.
So ist die Bahn durch den von Hansen forcierten Tarifvertrag an den gegenwärtigen Beschäftigungssicherungpakt, der betriebliche Kündigungen ausschließt, nach 2010 nicht mehr gebunden. Stattdessen hat sich Mehdorn nur "grundsätzlich bereit" erklärt, die gegenwärtige Beschäftigungssicherung über das Jahrz 2010 hinaus zu vereinbaren. Die Verhandlungen dazu müssen erst noch aufgenommen werden.
Sollten der Bahn bis dahin Aufträge etwa im Regionalverkehr verloren gehen, müssen "mögliche Beschäftigungsrisiken" mit den Gewerkschaften lediglich "gemeinsam bewertet" und "zur Grundlange der dann anstehenden Verhandlungen" gemacht werden. Das lässt die Bahn und Investoren gelassen in die Zukunft blicken. Denn müsste sich das Unternehmen nach 2010 von Mitarbeitern trennen, wäre ihm das nach der neuen Vereinbarung nur dann untersagt, wenn die Entlassungen "durch die bevorstehende Privatisierung ursächlich bedingt" sind.
Damit erhält die Bahn insbesondere in der künftig teilprivatisierten Transport- und Logistiksparte die Möglichkeit, bei weniger Aufträgen, rückläufiger Konjunktur oder klassischen Rationalisierungen Mitarbeitern zu kündigen. Ebenso sind Herabstufungen bei der Bezahlung erlaubt, da ausdrücklich nur durch die Privatisierung ursächlich bedingte "Beendigungskündigungen" ausgeschlossen sind.

Zum Clou für Investoren aber wird das Paragraphenwerk durch die Zusage der Bahn, bei der zur Privatisierung anstehenden Verkehrs- und Logistiksparte künftig "die Mehrheit der Anteile und Stimmrechte" zu halten. Denn damit nickte SPD-Mitglied Hansen nicht nur eine Privatisierung von bis zu 49,9 Prozent ab, obwohl seine Parteifreunde ausdrücklich nur 24,9 Prozent wollen. Er eröffnete den Investoren zugleich auch die Möglichkeit, überzählige Mitarbeiter aus den teilprivatisierten Sparten in jene Bereiche zu schieben, die weiterhin zu 100 Prozent dem Staat gehören. Dazu zählen die Bahnhöfe und das Schienennetz. Die Kosten dieser Mitarbeiter gingen dann zu Lasten des Bahn-Dachkonzerns, der zu 100 Prozent im Staatsbesitz bleibt - letztlich also zu Lasten des Steuerzahlers. Die Investoren dagegen wären in diesem Fall - dank Hansens Tarifvertrag - fein heraus.