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Bahnen Alstoms Lorbeer welkt

Der Streit mit Siemens, welche Züge unter dem Ärmelkanal fahren dürfen, verdeckt die Schwächen der Franzosen.

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Alstom Quelle: rtr

Prozesshanselei ist Patrick Kons Waffe, wenn der französische Industrieriese Alstom mit seinen Hochgeschwindigkeitszügen TGV oder anderen Eisenbahnfahrzeugen nicht zum Zuge kommt. Als Italiens Staatsbahn FS im September beim kanadischen Konkurrenten Bombardier 50 Züge bestellte, zog der Alstom-Chef vor Gericht – und wurde abgewiesen. Auch Klagen gegen die Vergabe von Aufträgen für die Brüsseler S-Bahn oder einen S-Bahn-Rahmenvertrag in Wien an Siemens endeten so, wurden verloren oder zurückgezogen.

Klar, dass Kron auch einen Richter in London anrufen würde, wenn Siemens und nicht Alstom künftig Züge für die Fahrt durch den Tunnel zwischen Frankreich und England bauen sollte. Hier war ihm das von der französischen Staatsbahn SNCF kontrollierte Konsortium Eurostar in den Rücken gefallen und entschied, zehn dem ICE ähnliche Velaro-Züge von Siemens statt wie bisher von Alstom zu bestellen – obwohl Kron mit der Weltmarktführerschaft von Alstom wucherte.

Doch die Spitzenposition dank des einträglichen Monopols in Frankreich kaschiert die wahre Verfassung von Alstom. Der Konzern, den der heutige Präsident Nicolas Sarkozy 2003 mit Staatshilfen vor dem Konkurs gerettet hat, ist in Schwierigkeiten.

In der Energiesparte gingen die Aufträge zwischen März 2009 und März 2010 um 43 Prozent zurück. Das Unternehmen muss in diesem Sektor 4000 Stellen abbauen, vor allem in Deutschland. Das liegt nicht nur an der Konjunktur, wie Alstom behauptet. Ebenso schwer wiege, dass Konzernchef Kron einseitig auf Kohle- und Gaskraftwerke setzte und erst spät, nämlich 2007, in den attraktiven Markt für Windkraftwerke eingestiegen sei, kritisiert das Fachblatt „L’Usine Nouvelle“. Dadurch verlor Alstom deutlich an Boden gegenüber dem US-Konkurrenten General Electric und Siemens.

Ebenso darbt die Transportsparte, hier brachen die Aufträge um 32 Prozent ein. Für eine neue Güterzuglokomotive gibt es – außer von SNCF – kaum Aufträge. Bei Hochgeschwindigkeitszügen arbeitet Alstom weitgehend ältere Order ab. Der letzte große Auftrag stammt aus dem Jahr 2007, als das private italienische Eisenbahnkonsortium NTV 25 AGV bestellte, eine Weiterentwicklung des TGV. Hauptkunde SNCF verzichtete wegen klammer Kassen auf eine Erneuerung des TGV-Parks.

Gleichzeitig punktet die Konkurrenz. Trenitalia, die Personen- und Güterverkehrssparte der italienischen Staatsbahn FS, orderte jüngst 50 Züge, die von einem Konsortium des kanadischen Herstellers Bombardier und dem italienischen Wettbewerber AnsaldoBreda gebaut werden. Alstom blieb außen vor. Die Deutsche Bahn bestellte nicht bei den Franzosen, sondern bei Siemens 15 mehrstromfähige ICEs für den internationalen Einsatz, unter anderem für die geplante Fahrt durch den Ärmelkanal-Tunnel nach London.

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