Banken Wie lukrativ die Postbank-Kunden wirklich sind

Seite 3/4

E-Mail aus der Postbank: Hoher Druck auf die Berater

Offiziell sind die Berater selbstständige Handelsvertreter. Sie erhalten Provisionen, aber kein festes Gehalt. Ihr Arbeitgeber muss für sie keine Sozialversicherungs- oder Krankenkassenbeiträge zahlen. Damit das möglich ist, muss der Mitarbeiter Freiheiten haben. Ein selbstständiger Handelsvertreter muss seinen Arbeitstag im Wesentlichen selbst gestalten können und frei sein in der Entscheidung, welche Produkte er verkauft. Theoretisch ist das bei der Postbank auch so. Im Vertrag mit einem Finanzmanager heißt es: „In der Ausgestaltung seiner Tätigkeit und Zeiteinteilung ist der Finanzmanager frei, insbesondere von persönlichen Weisungen.“ Ein Postbank-Sprecher sagt dazu: „Es gibt keine Weisungen hinsichtlich der Vermittlungsintensität.“ Die Handelsvertreter legten den Aufwand für ihre Bemühungen autonom fest.

Wie bei anderen Finanzvertrieben auch, ist aber fraglich, ob sich das stets mit der Realität deckt – bei der Postbank zumindest in der Region, in der Vertriebsdirektor Siegfried M.* herrscht. Schlechte Verkäufer, die er intern als „Schwachmaten“ tituliert, will er notfalls mit Zwang zur Leistung treiben. „Künftig treffen sich die Schwachmaten freitags von 16–18 Uhr und telefonieren. Und hier geht keiner, bevor er nicht die notwendigen 15 Kundentermine für die Folgewoche zusammenhat“, schimpft er bei einem Direktionstreffen.

„Schwachmaten“ duldet M. nicht. Schließlich hängt von der Verkaufsleistung der Leute auch seine Provision ab. Und die ist immerhin so hoch, dass er seinen Sportwagen der Oberklasse aus der „Portokasse“ bezahlt hat, wie er gern zum Besten gibt.

"Schwachmaten" müssen zur "Telefonparty"

Regelmäßig veranstaltet M. deshalb „Telefonpartys“, bei denen alle anwesend sein müssen, die ihr Umsatzziel verpasst oder noch nicht genug Termine vereinbart haben. Müssen Mitarbeiter daran teilnehmen, sind sie „hinsichtlich Zeit und Ort ihrer Tätigkeit weisungsgebunden“, sagt Arbeitsrechtsexpertin Regina Glaser von der Düsseldorfer Anwaltskanzlei Heuking. „Dies ist ein Indiz, das gegen eine Selbstständigkeit spricht.“

Kontrolle gibt es auch per Telefon: „Wo sind Ihre Umsatzeingaben, einige von Ihnen kann ich bereits seit mehr als einer Stunde nicht erreichen“, beschwert er sich abends um 19 Uhr. Täglich müssen die Mitarbeiter melden, wie viel sie verkauft haben. „Auch das spricht eher für einen Arbeitnehmerstatus“, sagt Glaser. Die Postbank gibt dazu an, dass regelmäßige Kontakte zwischen Vertriebsdirektor und Handelsvertreter stattfinden. Diese „dienen ausschließlich dem Ziel, den Handelsvertreter erfolgreich zu machen“, sagt ein Sprecher. Sofern der Bank nicht korrekte Vorgehensweisen bekannt würden, behielte sich das Unternehmen entsprechende Maßnahmen bis hin zur Beendigung des Vertragsverhältnisses vor.

Mails von M. an seine Mitarbeiter liegen der WirtschaftsWoche vor. „Das was bis jetzt geleistet wurde ist gelinde ausgedrückt eine Frechheit. Bei einer solchen Umsatzsituation gibt es keine Urlaubs- oder Brückentage“, schimpft er darin.

„Ein Selbstständiger kann seinen Urlaub frei wählen“, sagt Glaser. Dass der Urlaub abgesprochen werden müsse, sei ein Indiz dafür, dass der Mitarbeiter in das Unternehmen eingegliedert sei und es sich damit um einen Arbeitnehmer handele.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%