Auswirkungen SVB-Pleite Zins-Effekt haut Silicon Valley Bank um – aber nicht deutsche Banken

„Kleinere, einlagenfinanzierte Banken können sich auf die Stabilität ihrer treuen Einlegerbasis verlassen“, erklärte die Ratingagentur Moody's. Quelle: imago images

Warum der Zins-Effekt Banken, Sparkassen und genossenschaftliche Institute auch in Deutschland trifft, aber nicht ausknockt.

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Die Folgen der globalen Zinswende haben letztlich zur Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) geführt. Wie das US-Institut haben auch Banken in Deutschland ein ähnliches Problem mit der abrupten Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB). Aber dank ihres Geschäftsmodells sind sie nicht ins Wanken geraten. Zudem findet kein klassischer „Bank Run“ statt, wenn also viele Anleger wie bei der SVB ihr Geld aus der Bank abziehen.

Überschüssiges Geld – wohin damit?

Viele Sparkassen und Genossenschaftsbanken können ihre teilweise hohen Kunden-Einlagen nicht in gleichem Maße als Darlehen wieder ausgeben. Sie sitzen damit quasi auf überschüssigem Geld und legen es – als sogenanntes Kreditersatzgeschäft – meist in festverzinslichen Wertpapieren im Eigenbestand an. Mit der raschen geldpolitischen Wende der EZB und steigenden Zinsen sanken die Kurse dieser Papiere in den Depots. Dadurch entstand bei den Instituten Wertberichtigungsbedarf. Zudem konnten sie die Anlagen nicht so schnell in andere Assetklassen sinnvoll umschichten. So mussten die Institute die Anleihen in ihren Büchern zum Bilanzstichtag Ende 2022 zum Marktwert bewerten und die Differenz zum Buchwert abschreiben. Halten Sparkassen & Co die Papiere bis zur Endfälligkeit, holen sie die Verluste auf. Denn sie erhalten vom Anleihen-Emittenten den sogenannten Nennwert zurück.

Mit Geduld gegen Verlust

An dieser Stelle unterscheidet sich die Lage der Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken von der Silicon Valley Bank. Das inzwischen unter Zwangsverwaltung gestellte US-Institut war ein Finanzierer der Start-Up-Branche und ebenfalls stark in Staatsanleihen investiert. Als große Einleger ihr Geld abzogen, musste die Bank Anleihen mit Verlust verkaufen, um liquide zu sein und das erwünschte Geld auszahlen zu können. Die Sparkassen hingegen können wohl das Problem aussitzen und müssen die Papiere nicht überhastet verkaufen.

Bayerns Sparkassenpräsident Ulrich Reuter sprach jüngst von einem „unerfreulichen Phänomenen der Übergangszeit“ und betonte, dass sich der Buchverlust der bayerischen Sparkassen von rund 1,6 Milliarden Euro bis Ende der Anleihen-Laufzeit wieder ausgleiche. „Wir gehen davon aus, dass mehr als 90 Prozent dieser vorübergehenden Wertberichtigungen bei Endfälligkeit der Papiere wieder zurückfließen – davon allein 500 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren“, sagte auch Geschäftsführer Wolfgang Zender vom ostdeutschen Sparkassenverband (OSV). Die OSV-Institute mussten 1,4 Milliarden Abschreibungen verkraften. Der Effekt trifft Sparkassen bundesweit, umso mehr je geringer der Kreditbestand im Vergleich zu den Einlagen ist.

Der Kollaps der Silicon Valley Bank

Die 737 Genossenschaftsbanken meldeten für 2022 Abschreibungen von 5,8 Milliarden Euro. „Für uns ist ein abrupter Zinsanstieg herausfordernd“, erklärte kürzlich die Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Marija Kolak. Sie betonte aber: „Wir werden diese Effekte aufgrund unserer seit Jahren hohen Ertragskraft und kontinuierlich gebildeten Kapitalrücklagen gut verkraften können.“ In den kommenden Jahren dürften die Institute von Wertaufholungen bei Wertpapieren profitieren. Die meisten Privatbanken in Deutschland dürften Finanzkreisen zufolge nicht so hohe Abschreibungen haben, da sie größtenteils wegen anderer Geschäftsmodelle keinen so hohen Einlagenüberhang haben. Deshalb seien sie meist auch nicht so stark in Anleihen investiert.

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Die Ratingagentur Moody's betonte, der starke Zinsanstieg seit Anfang 2022 habe den Marktwert der von europäischen Banken gehaltenen Anleihenportfolios gesenkt. Für die meisten großen europäischen Banken seien diese Wertverluste als vorübergehend und moderat einzustufen. „Kleinere, einlagenfinanzierte Banken können sich auf die Stabilität ihrer treuen Einlegerbasis verlassen“, erklärte die Ratingagentur. Dies gewährleiste, „dass sie eine Erholung der Anleihewerte abwarten können“.

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