Bank der Untoten Monte dei Paschi, Italiens Sündenfall

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2. Akt: Rettung auf Raten

Fabrizio Viola ist der Mann, dem Stiftung und Regierung in Rom fortan zutrauen, die Bank zu retten. Ein Mann, der in Italien schon allerlei Fäden zog und die Bank in ruhigere Fahrwasser bringen soll. Doch: Viola tut sich schwer. Denn er trifft in Siena auf einmaliges System, das zwar erschüttern aber nicht zerstört ist. Die Sieneser selbst nennen es „groviglio armonioso“, das harmonische Geflecht. Eine Verknotung aus wirtschaftlicher, politischer und ökonomischer Elite, die sehr schön veranschaulicht, welche desaströsen praktischen Folgen der recht abstrakte Begriff der Systemrelevanz entfalten kann und wie unreformierbar eine Bank ist, die eine giftige Symbiose mit der sie tragenden Gesellschaft eingegangen ist.

Jedenfalls ist bis heute nicht überliefert, ob Viola die Bank nicht reformieren wollte oder ob er jenes Geflechts nicht reformieren konnte: Mitte 2016 stand sie jedenfalls erneut vor der Pleite und Viola, der mittlerweile auch eine venezische Volksbank in den Abgrund steuerte, vor der Ablösung. Ein Bericht der Europäischen Zentralbank stellte fest, dass die Bank zwar juristisch die Vergangenheit aufgearbeitet habe, aber bei weitem nicht ökonomisch – und deswegen frisches Kapital brauchte.

Und da kommt Pier Carlo Padoan, der heutige Wahlkämpfer ins Spiel. Nachdem eine Suche nach privaten Kapitalgebern recht erfolgslos blieb, entschloss sich der Finanzminister zum Sündenfall. Obwohl sich Europas Finanzminister einst schworen, nie wieder Banken mit Steuergeldern zu retten, ließ Padoan den Staat einsteigen. Mit einem acht Milliarden Euro schweren Rettungspaket wendete er den Kollaps der altehrwürdigen Institution ab. Nachrangige Anleihen wurden in Eigenkapital umgewandelt, die Inhaber damit unfreiwillig zu Aktionären.

Um keinen Volksaufstand zu riskieren, zahlte Padoan gleichzeitig 1,5 Milliarden Euro zur Entschädigung von Kleinanlegern, denen die Anleihen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen als sicheres Investment verkauft worden waren.

Der Staat will nun langfristig an seiner Beteiligung festhalten, in der Hoffnung letztendlich mit Gewinn aussteigen zu können. Für Padoan ist das bis heute der einzige gangbare Weg. Italiens Bankensektor insgesamt sei so stabilisiert worden. Wer das nicht sehe, leide unter einer „verzerrten Interpretation der Tatsachen oder Vorurteilen“.

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