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Banken Die Bankfiliale der Zukunft ist onlineaffin

Banken stecken in ihrer tiefsten Krise, dennoch ignorieren viele die neuen Herausforderungen. Vor allem die Zukunft der Filiale ist weiterhin ungeklärt.

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Diese Länder haben die meisten Bankfilialen
SchweizSpätestens seitdem das gefährliche Geschäftsmodell von Zypern, ein überdimensionierter Banksektor, der das Geld ausländischer Sparer anlockt, gescheitert ist, stehen vor allem kleine Staaten mit großen Banken in der Kritik. Auch die Anzahl der Bankfilialen kann ein Indikator dafür sein, welche Rolle die Finanzindustrie in einem Land spielt. Allerdings weisen einige Länder allein aufgrund niedriger Bevölkerungszahlen eine hohe Filialdichte auf. Der Internationale Währungsfonds (IWF) gibt jährlich Daten darüber heraus, wie viele Bankfilialen ein Land je 100.000 Einwohner vorweisen kann. Für das Jahr 2011 hat es die Schweiz dabei gerade so in die Top Ten geschafft, mit 51 Filialen je 100.000 Einwohner. Zum Vergleich: Deutschland kommt gerade einmal auf 15 Filialen je 100.000 Einwohner. Quelle: dpa
IslandDas was Zypern in den letzten Wochen durchmachte kennt Island gut. Dem dortigen Bankensystem wurde die Finanzkrise 2008 zum Verhängnis. Von der Pleite der größten isländischen Bank Kaupthing waren auch zahlreiche ausländische Sparer aus Großbritannien und den Niederlanden betroffen. Wie sich einer solche Krise auf das Bankensystem auswirken kann, zeigt ein Blick auf die Zahl der Bankfilialen. Während Island zu Spitzenzeiten 2004 auf 90 Filialen je 100.000 Einwohner kam, sind es mittlerweile nur noch 52. Quelle: dpa
BulgarienAuch Bulgarien liegt was die Bankfilialen angeht weit vorne, 58 Niederlassungen kommen auf 100.000 Einwohner. Allerdings gilt das Land dank niedrigem Defizit als stabil. Zuletzt wurde spekuliert, ob Russlands Sparer ihr Geld jetzt von Zypern nach Bulgarien verlegen. Quelle: dpa
PeruEtwas überraschend ist auch das südamerikanische Peru in der Liste der Länder mit den meisten Bankfilialen sehr prominent vertreten. Auf 58 Filialen je 100.000 Einwohner kommt das Andenland, welches vor allem für seine von den Inkas erbauten Ruinenstadt Machu Picchu bekannt ist. Quelle: dpa
PortugalMit Portugal taucht auf Platz Fünf des Rankings der erste Euro-Krisenstaat auf. 64 Bankfilialen entfallen auf 100.000 Einwohner. Die Krise hat das Land derweil noch längst nicht überstanden, erst in der vergangenen Woche gingen zahllose Portugiesen auf die Straßen, um gegen die dortige Sparpolitik zu demonstrieren. Quelle: dpa
MongoleiAuch wenn das Bild es nicht vermuten lässt, die Mongolei gehört zu den Ländern mit der höchsten Dichte an Bankfilialen je Einwohner. Auf 100.000 Einwohner kommen 66 Filialen. Das mag allerdings auch daran liegen, dass das asiatische Land zwar viermal so groß ist wie Deutschland, aber insgesamt nur rund 3,18 Millionen Einwohner hat. Damit gilt die Mongolei als einer der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt. Quelle: REUTERS
ItalienMit Italien ist ein weiterer südeuropäischer Wackelkandidat in den Top-Fünf vertreten. 66 Bankfilialen je 100.000 Einwohner kann der Staat vorweisen. Zuletzt sorgte vor allem die Bank Monte dei Paschi für Wirbel, die älteste Bank der Welt. Unter anderem sollen sich Manager bereichert haben und Kommissionen kassiert haben. Die Affäre um das Geldinstitut forderte sogar bereits ein Opfer, Kommunikationschef David Rossi beging Selbstmord und hinterließ eine Nachricht. "Ich habe Mist gebaut", war dort zu lesen. Quelle: dpa

Banken befinden sich nicht in einer Krise, sie durchleben einen Sturm. "Wir erleben keinesfalls eine normale Krise", sagte Rüdiger Filbry, Leiter des Bereichs Banking in Deutschland bei der Unternehmensberatung Boston Consulting (BCG), am Montag bei einer Veranstaltung zur Zukunft der Banken in Frankfurt.

Laut den BCG-Experten haben die Geldinstitute einen langwierigen Wandlungsprozess vor sich, den nicht alle erfolgreich meistern werden. Vor allem kleine, regionale Banken dürften es demnach schwer haben. Zwar könnten sie sich laut Filbry "über Wasser halten", müssten aber mit niedrigen Renditen rechnen. Andere wiederum könnten zu Ruderern werden, sie können immerhin mit moderaten Renditen rechnen. Die wenigsten sehen die Berater in der Rolle des Surfers mit hohen Wachstumsraten.

Denn die Banken müssen sich sich neuen Herausforderungen stellen. "Es ist Zeit für eine neue Strategie", sagt Filbry. Gerade im Kerngeschäft der Banken gebe es viele bedrohliche Veränderungen, die das Geschäftsmodell in Frage stellen. Das Problem: Den Instituten rennt die Zeit weg, denn aufgrund der vielen neuen Regulierungsvorschriften werden viele Herausforderungen von den Instituten noch gar nicht wahrgenommen.

Das gilt insbesondere für das Geschäft mit den Privatkunden. Einerseits gilt der Bereich im Gegensatz zum bei den Banken allseits beliebten Geschäft mit Firmenkunden als eher unattraktiv. Andererseits ist er einer der wichtigsten Anker, um das Vertrauen der Kunden wiederzugewinnen. Laut einer BCG-Analyse legen Bankkunden vor allem wert auf faire und transparente Preise. Direktbanken wie die comdirect oder die ING Diba können in diesem punkten. Gleichzeitig fordern Kunden einen guten Zugang zum Bankkanal, wie übersichtliches Onlinebanking, sowie gute Produkte und guten Service.

Das sind die beliebtesten Direktbanken
Audi Bank DirectAuf Platz 10 landet die Direktbank des Autoherstellers Audi mit 75,8 von 100 möglichen Punkten. Bei der Umfrage, die vom Deutschen Institut für Service-Qualität im Auftrag vom Nachrichtensender n-tv durchgeführt wurde, bewerteten insgesamt 37.923 Kunden ihre Direktbank. Quelle: dapd
Bank of ScotlandMit 76,2 von 100 Punkten landet die Bank of Scotland auf dem 9. Platz. Die Bank mit Hauptsitz im schottischen Edinburgh ist in Deutschland als Direktbank tätig und bekannt für attraktive Zinsen aufs Tagesgeld. Nicht zu verwechseln ist das Institut mit der Royal Bank of Scotland.
MoneYouDie Direktbanktochter der niederländischen ABN AMRO Bank ist seit 2011 auch in Deutschland aktiv und landete gleich auf dem achten Platz. Insgesamt überzeugten die untersuchten Direktbanken vor allem mit ihren Möglichkeiten beim Online-Banking.
NIBC DirectAuch auf dem siebten Platz landet mit NIBC Direct die Tochter einer niederländischen Bank. Seit Februar 2009 sind die Niederländer auch auf dem deutschen Markt aktiv.
Mercedes-Benz BankUnd noch eine Auto-Bank hat es unter die Top-Ten geschafft. 78,8 von 100 Punkten erreichte die Bank insgesamt. Die gesamte Befragung ergab eine hohe Zufriedenheit der Kunden mit ihrer Bank, dafür spricht, dass mindestens 80 Prozent der Befragten jeder Bank das gleiche Institut wieder wählen würden. Quelle: dpa
Wüstenrot DirectAuch die Bausparkasse bietet ihren Kunden Service rund ums Geld und erreichte damit 79,3 von 100 Punkten und den fünften Platz. Quelle: dpa/dpaweb
1822direktKurz hinter den Medaillenrängen auf Platz 4 landet 1822direkt. Die Direktbank der Frankfurter Sparkasse erhielt 79,7 von 100 Punkten. In der Kategorie Service erreichte die Bank sogar den zweiten Platz. Quelle: AP

Viele ungeklärte Fragen brodeln hier seit langer Zeit vor sich hin. Wie lässt sich Beratung für den Kunden transparenter gestalten? Braucht die Zukunft noch Bankfilialen? Welche Lösungen zum mobilen Bezahlen muss eine Bank ihren Kunden bieten? Angesichts der vielen offenen Fragen scheint eins relativ sicher - auch im Privatkundengeschäft werden die Renditen der Banken deutlich sinken. "Wir erwarten eine durchschnittliche Rendite vor Steuern von rund zehn Prozent", sagt Til Klein, Leiter des Bereichs Privatkundengeschäft bei BCG. Zum Vergleich: Vor der Krise fuhren die Banken deutlich höhere Renditen von etwa 13 Prozent ein.

Ein wichtiges Thema im Umgang mit privaten Kunden ist der Umgang mit technischen Innovationen. Bisher haben sich vor allem die großen Banken in Deutschland bei Möglichkeiten wie mobile Payment eher zurückgehalten. Andere Spieler, wie etwa der Internet-Bezahldienst PayPal, sind da deutlich weiter. Der amerikanische Konzern bietet mittlerweile das mobile Bezahlen per Smartphone über den QR-Code an. Gerade seitens der Banken wird in Deutschland bisher wenig in diesem Bereich getan. Zum einen gelten die Deutschen als eine Nation der Barzahler, die den Scheinen und Münzen im Portemonnaie am meisten vertrauen. Laut einer Studie der Bundesbank geht der Bedarf an Bargeld in Deutschland nur leicht zurück.

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