
Der Schweizer Hugo Bänziger war 16 Jahre bei der Deutschen Bank, als Risikovorstand sorgte er seit 2006 dafür, dass das Institut leidlich durch alle Krisen kam. Er machte sich sogar Hoffnungen auf die Nachfolge des Ende Mai abgetretenen Vorstandschefs Josef Ackermann. Doch daraus wurde nichts, Bänziger musste die Bank verlassen.
Sein Wissen darüber, was ein Institut sicher macht, setzt er nun anderswo ein: als Mitglied einer elfköpfigen europäischen Kommission für mögliche Reformen des Bankensektors, die vom finnischen Notenbankpräsidenten Erkki Liikanen geleitet wird und vermutlich Anfang dieser Woche ihre Ergebnisse vorstellt.
Details sind kaum durchgesickert, doch einige dürften Bänzigers früherem Arbeitgeber wenig gefallen. So gilt als sicher, dass die Experten eine stärkere Trennung von traditionellem Bankgeschäft und Investmentbanking fordern.
Steinbrücks Vorschläge zur Bändigung der Finanzmärkte (2012)
Finanztermingeschäfte (Derivate), die völlig unkontrolliert an der Börse vorbei abgewickelt werden, sollen stark eingeschränkt werden. Solche Over-the-Counter-Geschäfte (OTC - „über den Tresen“) nehmen seit einiger Zeit massiv zu.
Begrenzung der absoluten Zahl von Warenterminverträgen zu Spekulationszwecken (sogenannte Positionslimits). Verbot von Geschäften mit Agrar- und Energierohstoffen sowie Nahrungsmitteln für Banken und Finanzgesellschaften.
Das seit 2010 geltende Verbot von ungedeckten Leerverkäufen auf Aktien und Staatsanleihen wird auf Kreditderivate von Banken und Firmen ausgeweitet.
Nur noch vorher überprüfte Unternehmen dürfen damit an der Börse tätig werden. Notwendig sei eine Mindestverweildauer, bis ein Auftrag ausgeführt wird.
Dazu sollen auch ausländische Töchter europäischer Banken herangezogen werden. Ebenso der außereuropäische Handel mit Wertpapieren von Emittenten aus Europa.
Zu Vermeidung von Blasen soll in Europa für die Beleihung eine Obergrenze von 80 Prozent zum Preis der Immobilie bzw. zum eingebrachten Eigenkapital vereinbart werden - in Boom-Phasen von 60 Prozent.
Der Staat soll sich aus der Haftung für die Banken weitgehend zurückziehen. Die Institute sollen europaweit aus eigenen Mitteln einen Rettungsschirm in Höhe von 150 bis 200 Milliarden aufbauen. Dieser „Banken-ESM“ soll auch Großbanken abwickeln oder restrukturieren können. Für kleine und mittelgroße Banken soll ein nationaler Fonds zuständig sein. Auch die Aktionäre und Gläubiger seien neben den Eigentümern an den Verlusten zu beteiligen.
Zunächst soll der Eigenhandel von Banken beschränkt werden. Darunter versteht man Geschäfte, die zur kurzfristigen Gewinnerzielung auf eigene Rechnung getätigt werden. In einem zweiten Schritt ist die Trennung des Einlage- und Kreditgeschäfts vom Investmentteil geplant. Fortführung der Bereiche unter dem Dach einer Holding als rechtlich eigenständige Töchter.
Ihre Zahl soll von bislang zehn auf zwei bis drei schlagkräftige Institute verringert werden.
Für Hedge-Fonds, Private Equity, Zweckgesellschaften oder Geldmarktfonds sollen die gleichen Eigenkapitalregeln gelten wie für Banken. Verbot der Kreditvergabe an solche Finanzgesellschaften und der Beteiligung von Banken an ihnen.
Plädiert wird für eine europäische Bankenaufsicht nur für systemrelevante Großbanken unter dem Dach der EZB. Deutsche Spar- und Genossenschaftsbanken sollen nicht davon betroffen sein.
Alle Top-Verdiener (nicht nur der Vorstand) einer Bank sollen ihr Einkommen veröffentlichen. Die erfolgsabhängigen Zuschläge dürfen das Festgehalt nicht übersteigen.
Sie sind nicht die Einzigen, die die Schrauben für die Banken nochmals enger anziehen wollen. Mehr als fünf Jahre nach dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise haben Pannen und Skandale wie ein Milliardenverlust bei der US-Bank JP Morgan und die Manipulation des Leitzinses Libor den Verfechtern einer schärferen Regulierung erneut Auftrieb gegeben. Immer lauter werden Stimmen, die die bisherigen Bemühungen für zu lasch, zögerlich und schwer umsetzbar halten.
An die Spitze der Enttäuschten hat sich vergangene Woche der Ex-SPD-Finanzminister Peer Steinbrück gesetzt. Mit einem 30-seitigen Papier macht er einen „neuen Anlauf zur Bändigung der Finanzmärkte“. Für Erkenntnisse wie „Die Finanzmärkte haben Maß und Mitte verloren“ und „Fragwürdige Geschäftspraktiken stellen keine Seltenheit dar“ ist ihm Zustimmung gewiss. Dass „weitere Schritte zur Regulierung der Finanzmärkte und Begründung einer neuen Bankenkultur nötig“ sind, dürfte auch kaum jemand bestreiten.
Allerdings sind Steinbrücks Vorschläge weniger neu und radikal, als er den Anschein erwecken will. Ein von Banken finanzierter europäischer Restrukturierungsfonds für in Schieflage geratene Kreditinstitute etwa ist in ähnlicher Form Teil der umstrittenen Pläne zur Bankenunion. Und zur stärkeren Beschränkung des Hochfrequenzhandels hat die deutsche Regierung gerade einen Gesetzentwurf verabschiedet.