
Nach den großen Krisen der vergangenen Jahre drehten sich Finanzkongresse meist um Regulierungs- und Aufsichtsfragen. Seit Mittwoch aber widmet sich die 20. Handelsblatt Jahrestagung „Banken im Umbruch“ 2015 vor allem dem wichtigen Thema der Digitalisierung. Großprojekt zur digitalen Aufrüstung der Banken ist Paydirekt, der neue Onlinebezahldienst der deutschen Kreditwirtschaft.





Wie wichtig ihnen das Projekt ist, betonen die teilnehmenden Geldhäuser immer wieder gern. Allerdings herrschen in der Branche unterschiedliche Vorstellungen über das Tempo, mit dem das Projekt vorangetrieben werden soll. Theodor Weimer, Chef der Münchner HypoVereinsbank, drängt seit Monaten zur Eile. Sein Unternehmen ist Vorreiter und hat kürzlich die Pilotphase des Zahldiensts eingeläutet. Einsatzbereit soll Paydirekt eigentlich bis zum Weihnachtsgeschäft dieses Jahres sein, also rechtzeitig zu den heißen Wochen im Einzelhandel, wenn massenhafte Geschenkeinkäufe die Umsätze auch der Internetshops in die Höhe schnellen lassen.
Paydirekt will mit den 50 Millionen Kontoverbindungen der privaten Banken, Volksbanken und Sparkassen dem Zahldienstmarktführer PayPal Händler und Nutzer abjagen. Ein später Gegenschlag, aber immerhin kommt er. Commerzbank-Chef Martin Blessing erläutert auf der Handelsblatt Tagung einen aus seiner Sicht wichtigen Vorteil von Paydirekt: Onlineshopper zahlen direkt über das Girokonto bei ihrer Bank, sodass sofort erkennbar sei, ob der Einkauf mit Guthaben gedeckt ist. Das sichere Händler gegen Zahlungsausfälle von Kunden mit schlechter Bonität ab.
Auch Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon lobt die Vorteile von Paydirekt. Er unterstreicht aber, dass die Sparkassen wegen ihres hohen Marktanteils die einzige Bankengruppe seien, die über eine eigene Lösung für das Onlinezahlen nachdenken konnte. Damit rechtfertigt er den späten Einstieg der Finanzgruppe in das Paydirekt-Projekt.
Auch was den Starttermin betrifft, bremst Fahrenschon jetzt die Erwartungen. Seine Sparkassen wollen sich etwas länger Zeit lassen, bis sie mit Paydirekt richtig loslegen. „Wir sollten nach dem Weihnachtsgeschäft mit dem neuen Zahlungsverfahren durchstarten“, sagt der Sparkassen-Präsident. Sicherheit und Qualität gehen ihm vor Schnelligkeit. Die Verzögerung ist eine schlechte Nachricht für Paydirekt. Denn ohne die 34 Millionen Konten der 416 Sparkassen wird eine breite Nutzung des Zahlsystems im Onlinehandel nicht möglich sein.