Banken Zinsen steigen nach langer Flaute wieder – Commerzbank sieht Verwahrentgelt für Notfälle als Option

Im Zuge der Zinswende der EZB können sich Sparende bald wieder auf Sparzinsen freuen. Ein Verwahrentgelt könnte jedoch auch in Zukunft wieder notwendig werden.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die Bank will das Instrument eines Verwahrentgeltes nicht komplett aus der Hand geben. Quelle: dpa

Commerzbank-Privatkundenvorstand Thomas Schaufler will das Instrument von Verwahrentgelten für Notfälle nicht ganz aus der Hand geben. Doch können sich Sparerinnen und Sparer wie bei anderen Geldhäusern auch bei der Commerzbank im Zuge der von der Europäischen Zentralbank (EZB) eingeleiteten Zinswende wieder auf höhere Sparzinsen freuen. „Wir beginnen Zinsen wieder an die Kunden weiterzugeben“, sagte Schaufler der Deutschen Presse-Agentur in Frankfurt.

Zum Verwahrentgelt sagte der seit gut einem Jahr amtierende Manager: „In einer Situation, wo Liquidität Geld kostet, tun wir uns als Banken schwer, wenn wir dieses Werkzeug nicht im Werkzeugkasten gehabt hätten.“ Schaufler betonte: „Aber es ist kein Werkzeug - und da sind wir uns alle einig -, das wir in normalen Zeiten wieder aus dem Werkzeugkasten rausholen wollen.“

Die sogenannten Verwahrentgelte, die etliche Banken zwischenzeitlich eingeführt hatten, waren eine Folge der EZB-Geldpolitik. Zeitweise mussten Geldhäuser 0,5 Prozent Zinsen auf Gelder zahlen, die sie bei der Notenbank parkten. Die Kosten dafür reichten viele Institute an ihre Kundinnen und Kunden weiter. Diese mussten daher ab bestimmten Summen auf dem Konto Zinsen zahlen.

Im Juli 2022 schaffte die EZB die Strafzinsen ab, in der Folge lockerten auch Geschäftsbanken die Gebührenschraube wieder. Die Commerzbank zum Beispiel erhebt seit Juli 2022 keine Verwahrentgelte mehr.

Auch bei anderen Banken hat sich die Situation für Kunden gewendet – Geldhäuser buhlen nun um die Gunst der Kunden: „Aktuell sehen wir vor allem unter den Top-Anbietern einen intensiven Konkurrenzkampf um die Spargelder der Anleger“, schildert Oliver Maier von der Vergleichsplattform Verivox. Sparzinsen steigen demnach auf breiter Front, ein rasches Ende ist nach Maiers Einschätzung angesichts des Wettbewerbs unter den Geldhäusern vorerst nicht in Sicht. „Um dabei nicht ins Hintertreffen zu geraten, sind die Institute gezwungen, ihre Konditionen kontinuierlich nachzubessern.“ Die Schattenseite höherer Zinsen: Für Kreditnehmer wird es teuer.

Einer Verivox-Auswertung zufolge bringen bundesweit verfügbare Festgeldangebote mit zwei Jahren Laufzeit im Schnitt inzwischen 2,09 Prozent Zinsen (Stand: 20.12.). Im August waren es gerade einmal 0,82 Prozent. Tagesgeld wirft nach Jahren der Null- und Negativzinsen durchschnittlich 0,45 Prozent ab. Die hohe Inflation mindert allerdings den Ertrag.

Gestiegene Dispozinsen

Regionalbanken hinken der Auswertung zufolge hinterher. So liegt der Durchschnittszins zweijähriger Festgeldanlagen bei Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie Sparda-Banken bei 1,14 Prozent. Sparkassen zahlen für Festgeld im Schnitt 1,21 Prozent. Die Tagesgeld-Zinsen liegen bei regionalen Instituten im Schnitt nur knapp über der Nulllinie.

„Die Regionalbanken müssen aufpassen, dass ihnen die Kunden nicht weglaufen“, meint Maier. „Aktuell werben mehrere Wettbewerber mit Kampfkonditionen und versuchen, den anderen Banken so die Kundschaft abspenstig zu machen“, sagt der Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. Verivox wertet nach eigenen Angaben alle gut 700 Banken mit Tages- und Festgeldangeboten aus, die ihre Zinsen online veröffentlichen. Auch das Verbraucherportal Biallo berichtet von steigenden Zinsen.

Nach Daten des Vergleichsportals Check24 kostete beispielsweise ein Ratenkredit über 10 000 Euro mit einer Laufzeit von 60 Monaten bei einem Abschluss im Januar 187 Euro im Monat. Für einen Kredit mit gleicher Summe und Laufzeit wurden Mitte Dezember 196 Euro monatlich fällig.

Stiftung Warentest konstatiert deutlich gestiegene Dispozinsen für die von Banken eingeräumte Kontoüberziehung. „Wenn Kreditinstitute derzeit die Dispozinsen erhöhen, dann gleich kräftig. Die Dynamik hat sich seit Mai verstärkt“, berichtete Heike Nicodemus von der Zeitschrift „Finanztest“ der Stiftung unlängst. Einer Auswertung (Stand: 21.12.) von gut 450 Kontomodellen bei 171 Kreditinstituten zufolge verlangen die Geldhäuser im Schnitt derzeit 9,94 Prozent Dispozinsen. Im Mai vor der Girokontenuntersuchung von „Finanztest“ waren es bei einer Stichprobe 9,25 Prozent.

Verbraucherschützer wollen Verwahrentgelte für Privatkunden für die Zukunft ausschließen. Aktuell sind sechs Klagen des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) zu dem Thema anhängig. „Wir sehen keinen Grund Klagen zurückzuziehen, solange Kreditinstitute unseren Anspruch nicht als berechtigt anerkennen oder Unterlassungserklärungen abgeben“, betont vzbv-Rechtsreferent David Bode. „Wir bezweifeln, dass die Verwahrentgelte tatsächlich auf den Einlagenzins bei der Notenbank zurückzuführen sind, zumal die EZB den Kreditinstituten seit 2019 hohe Freibeträge eingeräumt hat.“ Sollten Verwahrentgelte unrechtmäßig erhoben worden sein, stünden Bankkunden möglicherweise Erstattungen zu, meinen die Verbraucherschützer.

Mehr: ING kündigt Ende der Nullzinsen für Dezember an

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%