
Als vergangene Woche bekannt wurde, dass der amerikanische Finanzinvestor Cerberus bei der Deutschen Bank einsteigt, brodelte es in der Gerüchteküche. Steht nun doch eine Fusion zwischen Deutschlands größtem Bankhaus und der Commerzbank bevor? Dort hatte sich Cerberus bereits im Sommer mit fünf Prozent der Aktien eingekauft.
Was nun die Anleger beschäftigt, könnte laut einer Studie der Strategieberatung PwC Strategy&, die der WirtschaftsWoche exklusiv vorliegt, in Zukunft häufiger vorkommen. „Wir erwarten mehrere Transaktionen, die auf Kostensynergien abzielen“, sagt Philipp Wackerbeck, Geschäftsfüher bei PwC Strategy&. Die Zahl der Fusionen werde in Zukunft rapide zunehmen, prognostiziert die Studie.
Grund dafür sei, dass viele Banken nicht mehr ausreichend profitabel an den Märkten agierten. „Europäische Banken sind notorisch ineffizient“, stellen die Autoren der Studie fest. Durch die Fusionen könnten die Geldhäuser Synergien schaffen und defizitäre Sparten abbauen. Außerdem ermögliche die Fusion den Banken in neuen Geschäftsfeldern und Regionen aktiv zu werden.





Die Lage sei für viele Banken ernst. Nach Berechnungen der Studienautoren hätten alleine die Banken, die im STOXX Europe 600 gelistet sind, im Jahr 2016 129 Milliarden Euro mehr verdienen müssen, um die Lücke zwischen Profit und Eigenkapitalkosten schließen zu können. Für viele Banken sei es aber aus eigener Kraft nicht machbar ihre Erträge ausreichend zu steigern. Gerade auf kleinere Geldhäuser treffe dies zu. Ein weiterer Grund für die Misere der Banken seien die gestiegenen Anforderungen an die Eigenkapitalquote und höhere Kosten wegen strengeren Regulierungsvorschriften.
Bankenzusammenschlüsse sind riskant
Eine Fusion könnte da die Lösung sein. Wenn zwei Banken zu einer verschmelzen braucht es nur noch eine kostspielige IT-Infrastruktur. Auch die Zahl der Bankfilialen könnte sinken. Die Banken müssten bei der Fusion darauf achten, dass das andere Institut ähnlich groß sei. Dann wären die positiven Effekte der Verschmelzung besonders groß. Außerdem braucht es eine ausführliche Analyse der Kosten und der möglichen Zugewinne. Nicht jede Fusion ist eine gute Lösung. Konsolidieren die falschen Partner, könnte das neue Bankhaus auch Kunden verlieren.
Auch in Deutschland sehen die Macher der Studie Handlungsbedarf. „Mit Beteiligung deutscher Institute könnten innerhalb der nächsten fünf Jahre Transaktionen im Gesamtwert von 35 bis 50 Milliarden Euro erfolgen“, sagt Wackerbeck. Die ersten Fusionen sind dabei bereits auf dem Weg. Bei Münster wollen beispielsweise die Vereinigte Volksbank Münster, die Volksbank Greven und die VR-Bank Kreis Steinfurt in Zukunft näher zusammenrücken. Bis 2020 soll aus den drei Banken dann endgültig eine werden. Auch bei den Sparkassen kommt es regelmäßig zu Fusionen selbstständiger Institute. Demnächst könnten dann die Großbanken folgen.
Bei der Commerzbank ist nicht nur eine mögliche Fusion mit der Deutschen Bank im Gespräch. Mit Crédit Agricole und der BNP Paribas zeigten sich gleich zwei französische Banken interessiert an einem Einstieg bei Deutschlands zweitgrößtem Geldhaus. Auch wenn Crédit Agricole mittlerweile wieder abgewinkt hat, zeigt es doch das Interesse der Großbanken an möglichen Konsolidierungen.
Die Ergebnisse der Studie dürften dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, John Cryan, gefallen. Er sagte erst kürzlich auf einer Tagung in Frankfurt, dass Europa und vor allem Deutschland zu viele Banken habe. „Europa wäre gut bedient, wenn es eine Handvoll Institutionen gäbe, die auf globaler Ebene konkurrieren könnten.“ Behalten die Autoren der Studie Recht, könnte dieses Szenario schneller als gedacht eintreten.




