Bankenkrise Schweizer Parlamentskammer stimmt gegen Credit-Suisse-Rettung

Das Schweizer Parlament lehnt die Rettung der Credit Suisse durch die UBS ab. Quelle: REUTERS

Die kleine Kammer des Schweizer Parlamentes hatte der Rettung der Credit Suisse bereits zugestimmt, die große Kammer stimmte nun aber dagegen. Welche Auswirkung das Ergebnis jetzt hat.

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Bei einer außerordentlichen Sitzung hat das Schweizer Parlament die Finanzgarantien in Höhe von 109 Milliarden Schweizer Franken zur Rettung der Credit Suisse im ersten Durchgang abgelehnt. Die große Kammer missbilligte am Dienstag nachträglich mit 102 der 200 Stimmen die Rettungsaktion. Die kleine Kammer hatte die Gelder zuvor genehmigt. Nun werden beide Kammern voraussichtlich am Mittwoch erneut abstimmen.

Während der Sitzung gingen die Schweizer Abgeordneten mit der Spitze der Großbank hart ins Gericht. Die Bankverantwortlichen seien der Gier nach mehr Gewinn verfallen und hätten Risiken ausgeblendet, erklärte Peter Hegglin von der Partei „Die Mitte“ am Dienstag in einer Sonderdebatte des Parlaments in Bern. Die Bank habe nichts aus der Vergangenheit gelernt. „Eine stolze Credit Suisse haben sie über die Jahre in den Ruin getrieben und sich dabei regelmäßig sehr hohe Löhne und Boni auszahlen lassen.“

Auch die Sozialdemokratin Eva Herzog kritisierte die Bankmanager. „Die Finanzkrise von 2008 hat offenbar nicht gereicht, um den Typ Banker zum Verschwinden zu bringen, den wir mit Leonardo DiCaprio in „The Wolf of Wall Street“ genüsslich haben untergehen sehen.“ Sie und andere Abgeordnete forderten, den rechtlichen Spielraum für Verantwortlichkeitsklagen und Schadenersatzansprüche auszuschöpfen.

Konsequenzen hat das Ergebnis aber kaum, denn die Darlehen wurden als Teil des Rettungspakets bereits von einem Ausschuss unter Notrecht bewilligt. Eine Ablehnung hätte dann nur die Wirkung einer Rüge. Das Schweizer Parlament trat nach der Sitzung zum Kollaps der Fluggesellschaft Swissair und zu den Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie erst zum dritten Mal seit der Jahrhundertwende zu einer solchen außerordentlichen Sitzung zusammen.

Mitte März hatte die Schweizer Regierung eine Übernahme der Credit Suisse durch den Erzrivalen UBS orchestriert, um die kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehende Nummer zwei des Landes vor dem Untergang zu bewahren. Die Transaktion dürfte UBS-Angaben zufolge bis zur Jahresmitte vollzogen werden. „Das ist eine marktnahe Lösung mit staatlichen Krücken,“ erklärte Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Auch die UBS habe gemerkt was für sie auf dem Spiel gestanden habe. „Das war keine Zwangsheirat, es war eine Vernunftehe“.



Die meisten Abgeordneten räumten ein, dass die Regierung einschreiten musste, um katastrophale Folgen für die Schweizer Wirtschaft und möglicherweise auch eine erneute weltweite Finanzkrise zu verhindern. Dafür setzte die Regierung mehrere Gesetze außer Kraft. Vor allem dank Liquiditätshilfen hat sie zusammen mit der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zudem bis zu 259 Milliarden Franken im Feuer.

„Aufspaltung wäre das Beste“

Nur 15 Jahre nach der Rettung der UBS durch den Staat hat die Schieflage der Credit Suisse in dem der Bankbranche traditionell verbundenen Land Bestürzung ausgelöst. „Das ist ein Debakel, da gibt es nichts schönzureden“, erklärte der Mitte-Abgeordnete Beat Rieder. Die neu formierte UBS stelle ein Klumpenrisiko für die Schweiz dar. Ähnlich äußerte sich Hansjörg Knecht von der nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei. „Die Schweizer Wirtschaft und der Bund dürfen nicht Gefahr laufen, durch einen Bankenkonkurs mit in den Abgrund gerissen zu werden.“ Das Schicksal der Schweiz dürfe nicht an das Schicksal der UBS geknüpft werden. „Eine Aufspaltung dieser Riesenbank wäre meines Erachtens das Beste.“

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Zusammen kommen UBS und Credit Suisse auf eine Bilanzsumme, die rund doppelt so groß ist wie die jährliche Schweizer Wirtschaftsleistung. Diese Verantwortung könne die Schweiz nicht tragen, erklärte Thierry Burkart von der FDP. „Gerade unter diesem Gesichtspunkt tut die UBS gut daran, ihre Größe selber zu hinterfragen.“ Andernfalls könnte der Regulierungsdruck in der Politik zunehmen und ein Trennbanksystem mehrheitsfähig werden. Andere Politiker forderten strengere Eigenkapitalvorschriften. Experten rechnen aber nicht damit, dass einschneidende Forderungen während dieser Sondersitzung Mehrheiten finden werden.

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Mehrere Abgeordnete waren der Meinung, dass die Entwicklung erst gründlich analysiert werden müsse. Finanzministerin Keller-Sutter warnte allerdings, dass selbst bei strengeren regulatorischen Vorgaben Risiken blieben, denn die Schweiz stehe im Wettbewerb mit andern Finanzzentren wie New York, London, Singapur oder Dubai. „Wenn man in der Topliga bleiben will, wird man nicht umhinkommen, auch in Zukunft gewisse Risiken zu tragen.“

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